27 August 2013

Friedensgespräche und Proteste gehen weiter


Die FARC-EP kehren an den Verhandlungstisch, sagten am Montag aber, dass sie den einseitigen Vorschlag eines Referendums von Präsident Juan Manuel Santos nicht akzeptieren werden. Nun wollen sie im Sinne des kolumbianischen Volkes und des Friedens aber in Havanna weiter verhandeln. Währenddessen will die Regierung auch mit den Bauern einiger Regionen sprechen, die seit einer Woche im ganzen Land streiken und protestieren.

Die Delegierten der FARC-EP und der Regierung haben am Montag wieder die Gespräche nach einer kurzen Pause aufgenommen, die die aufständische Bewegung am vergangenen Freitag beschlossen hatten, um den Vorschlag zur Durchführung eines Referendum seitens der Regierung Santos zu diskutieren. Der Chef der Friedensdelegation der FARC-EP Iván Márquez verlas in Havanna eine Erklärung an die Medien, um zu bestätigen, dass sie „dem Verhandlungstisch getreu der Verpflichtung, den Frieden zu suchen“  erhalten bleiben. Dabei kritisierte er den einseitigen Vorschlag der Regierung.

Santos teilte am Donnerstag mit, dass seine Regierung dem Kongress einen Gesetzentwurf über ein  Referendum vorschlagen würde, um über ein mögliches Friedensabkommen abstimmen zu können. Das Referendum hätte demnach zusammen mit den Parlamentswahlen am 9. März oder mit der Präsidentschaftswahl am 25. Mai des kommenden Jahres durchgeführt werden können. Die FARC-EP sind jedoch der Auffassung, dass ein Referendum nicht politisch und technisch nicht ausreichend wäre. Ein Referendum bzw. Volksentscheid dient nur zur Gegenzeichnung eines bestimmten Themas bzw. einer bestimmten Frage, doch die Agenda der Friedensgespräche ist weitaus komplexer.

Die umfangreiche Agenda kann nicht auf einzelne Aussage oder Fragestellung reduziert werden. Und würde man die Aussage bzw. Fragestellung zu weit ausdehnen, dann würde sie eventuell nicht gelesen oder verstanden werden. Für die Veränderung einer Gesellschaft und zur Umsetzung eines dauerhaften Friedens sind weitreichende Transformationen notwendig. So bekräftigte die aufständische Bewegung ihren Vorschlag, dass eine verfassunggebende Nationalversammlung die am besten geeignete Möglichkeit wäre, um ein eventuelles Friedensabkommen und die sechs Punkte der umfassenden Agenda zu billigen und zu ratifizieren.

Währenddessen verkündete die Regierung Gesprächsbereitschaft bezüglich der Agrarproteste, die fast das ganze Land erfasst haben. Mit der Landbevölkerung solidarisieren Gewerkschaften, Studierende und Berufsbereiche, die nicht unmittelbar mit den Arbeits- und Lebensbedingungen der Landbevölkerung zu tun haben. Es geht hier vielmehr um Protest gegen eine verstaubte Politik der Regierung, die die Interessen der großen Konzerne vertritt, aber ein Großteil der Bevölkerung vernachlässigt. Gegen das neoliberale Politik- und Wirtschaftssystem gibt es derzeit die größten Massenmobilisierungen seit Jahren.

Besonders aus den Provinzen Boyacá und Cundinamarca, den Regionen nahe der Hauptstadt Bogotá, werden zum Teil schwere Zusammenstöße und Menschenrechtsverletzungen von staatlichen Sicherheitskräften an Protestierenden gemeldet. Einhergehend mit den Massenprotesten findet eine Kriminalisierung der Proteste und Repression gegen die protestierende Bevölkerung statt. Neben Toten und Verletzen werden immer wieder Streikführer und Personen aus den politischen und sozialen Bewegungen verhaftet. Doch die Einschüchterung bleibt ohne Erfolg. Selbst die Medien widmen sich mittlerweile den Ursachen des Aufstandes der Bevölkerung.

In allen großen Städten des Landes kam es am Sonntag zu Solidaritätsdemonstrationen mit den Protestierenden. Ging man zuerst davon aus, dass die Proteste nach geraumer Zeit im Sande verlaufen würden, so zeigt sich nun, dass mehr als gedacht das neoliberale kapitalistische Modell der letzten Regierungen in Frage stellen. Mit der Unterzeichnung des Freihandelsabkommens wird sich die Situation nicht zum Positiven verändern. Während wenige Viehzüchter und internationale Großkonzerne riesige Flächen an Land besitzen, fehlt vielen Bauern das nötige Land, um sich und ihren Familien die Existenz zu sichern. Hinzu kommen die immer schlechter gewordenen Arbeits- und Lebensbedingungen im Agrarsektor.

In und um Tunja, der Provinzhauptstadt von Boyacá, halten die Straßenblockaden und Proteste weiter an. Mehr als 200.000 gingen am Sonntag, davon viele mit lautstarken Utensilien wie Kochtöpfen und Kochlöffeln, auf die Straße. Boyacá gilt als die wichtigste Agrarregion zur Versorgung der Hauptstadt Bogotá. Doch auch in den abgelegenen Provinzen wie unter anderem in Caquetá demonstrierten Zehntausende, so zum Beispiel allein rund 12.000 in der Provinzhauptstadt Florencia. Die Antwort der Regierung war jedes Mal gleich: Polizeiknüppel und Tränengas. Vor den Vereinten Nationen wurden die kolumbianische Regierung und die Sicherheitskräfte aufgefordert, die Rechtsstaatlichkeit einzuhalten.

Auch das in den scheinbar konservativen Regionen wie in der Kaffeezone, Nariño oder Boyacá die Proteste einen bisher nicht bekannten Grad erreicht haben, zeigt, wie groß der Unmut gegenüber der Regierung ist und wie unzufrieden die Bevölkerung mit der Privatisierung der Wirtschaft und den fehlenden Investitionen in öffentliche Dienstleitungen wie Bildung, Gesundheit, Infrastruktur und Wohnungswesen ist. Hierzu fallen die Friedensgespräche der Regierung mit der FARC-EP in eine Zeit, in der die Regierung die Mobilisierungsfähigkeit und Akzeptanz der Guerilla in Teilen der Bevölkerung erkannt hat. Auch wenn die Regierung dies öffentlich immer wieder negiert, der Einfluss und die Sympathien der Bevölkerung mit der aufständischen Bewegung scheinen in den letzten Jahren rapide zuzunehmen.

So sind die FARC-EP in bestimmten Regionen ein wesentlicher Teil der Proteste, auch wenn jede Person nach Außen als Individuum auftritt. Aber aus den politischen und sozialen Bewegungen ist die Auseinandersetzung mit dem politischen Programm und Forderungen der Guerilla nicht mehr wegzudenken. Und was für die Medien und die Regierung Terroristen oder Milizionäre sind, sind einfache Bauern, Arbeiter oder Studenten, die für ein neues und gerechtes Kolumbien kämpfen und die Notwendigkeit erkannt haben, ihr Land zu verändern. Und so lange politische Teilhabe nicht garantiert wird und Andersdenkende verfolgt und ermordet werden, so lange wird für jene Bauern, Arbeiter und Studenten die Waffe ein Stück Sicherheit für ihre Forderungen sein.


24 August 2013

Pause, kein Abbruch


Nach der Mitteilung der Regierung, ein Referendum und keine verfassungsgebende Nationalversammlung zur Abstimmung über den Friedensvertrag durchführen zu wollen, haben die FARC-EP den Verhandlungstisch verlassen, um den neuerlichen Vorschlag der Regierung zu prüfen. Anbei das Kommuniqué der Friedensdelegation der FARC-EP.


Havanna, Kuba, Sitz der Friedensgespräche, 23. August 2013

Seit dem Beginn des Prozesses der Gespräche mit der kolumbianischen Regierung in Havanna war es unser primäres Anliegen, den Menschen die Beteiligung am Aufbau einer demokratischen Friedensregelung und der sozialen Gerechtigkeit die Türen zu öffnen.

Ausgehend davon und wegen der Bedeutung für das ganze Land sowie für die Zukunft unseres Landes ist die Frage der Beendigung des sozialen und bewaffneten Konfliktes mit der Herstellung von sozialer Gerechtigkeit, Demokratie und Souveränität, schlugen die FARC-EP verantwortungsvoll und nach reiflicher Überlegung die Einberufung einer verfassunggebenden Nationalversammlung vor, die souverän die entscheidenden Fragen der politischen, wirtschaftlichen und sozialen Entwicklung aller Kolumbianer beschließt.

Wir haben auch gesagt, dass die konstituierende Versammlung, einzuberufen im Rahmen einer großen nationalen politischen Einigung, der Weg zu einem echten Friedensvertrag wäre, um gerecht und verbindlich die Besiegelung unserer Versöhnung zu erreichen, die das Schicksal der Nation regelt und in Richtung bis zu einer echten Demokratie lenkt.

Im Gegensatz dazu hat die Regierung gestern dem Land seine Entscheidung mitgeteilt, sich auf ein Referendum als Mechanismus zur Gegenzeichnung zu berufen, ohne vergeblich die demokratische Vorgehensweise zu erwähnen, die unterstützt werden solle.

Unter diesen neuen Umständen, zu einem Zeitpunkt, wo man aus allen Ecken Kolumbiens die Schreie des nicht mehr hinnehmbaren Volkes hört, diejenigen die protestieren gegen die Folgen einer katastrophalen Wirtschaftspolitik auf dem Rücken der Interessen der großen Mehrheit des Volkes und die die Teilhabe an großen nationalen Entscheidungenfindungen fordert,  hat sich die Friedensdelegation der FARC-EP entschlossen, eine Pause vom Verhandlungstisch einzulegen, um sich voll und ganz auf die Analyse der Tragweite des Vorschlags der Regierung zu konzentrieren, ohne den Blick auf die interne Befragung zu verlieren, die wir als Organisation machen müssen.

Wir werden diese Zeit auch nutzen, um die Meinungen zu hören, die sich mit Sicherheit aus dem Volk erheben inmitten der Glut des politischen und sozialen Kampf, den heute Kolumbien erschüttert.

Der Frieden Kolumbiens geht uns alle an.

Friedensdelegation der FARC-EP

22 August 2013

Agrarproteste in Kolumbien


Vor wenigen Tagen begannen in Kolumbien Massenproteste der Bevölkerung auf dem Land. Es sind die Proteste der Landbevölkerung, die in Vergessenheit geraten sind, keine Rechte haben und in der Misere leben müssen, während Kolumbien ein reiches Land ist mit Naturschätzen und natürlichen Ressourcen.

In 30 kolumbianischen Provinzen begannen am 19. August Streiks, Blockaden und Proteste der Landbevölkerung gegen ihre Arbeits- und Lebensbedingungen und der Kampf für mehr Gerechtigkeit. Verschiedene soziale und politische Organisationen des Landes, darunter auch die aufständische Bewegung FARC-EP, riefen zu den Protesten auf, an denen sich ein Großteil der Bauern und Landbevölkerung beteiligt. Mit den Protesten soll auch der Druck auf die Regierung verstärkt werden, den Krieg zu beenden und die Möglichkeit eines Friedens zu erhöhen.

Wie üblich in Kolumbien haben die Massenmedien die Proteste am Anfang verschwiegen oder stellen sie in ein kriminelles Licht. Kein Wunder, stehen die Massenmedien im Dienst der Regierung und Großgrundbesitzer. Die Medien riefen dazu auf, sich nicht an den Protesten zu beteiligen und versuchten die Öffentlichkeit davon zu überzeugen, dass die Proteste eine Teilschuld an der Misere in der Landwirtschaft haben. Schon im Vorfeld wurden die Protestierenden nicht als die Vertretung der  Landbevölkerung, sondern sind nur als Teil einer Minderheit angesehen. Doch damit gelang es ihnen nicht den Streik zu brechen.

In vielen Kleinstädten und Ortschaften gab es schon Wochen zuvor Versammlungen und Komitees, um sich mit den Arbeits- und Lebensbedingungen der Landbevölkerung auseinanderzusetzen. Schon hier war absehbar, dass ein Großteil der Bevölkerung auf dem Land sich mit den Protesten zumindest solidarisch zeigen würde. Angefangen vom Transportwesen, bis hin zu den Erzeugern und Bauern von Milch, Kartoffeln, Reis, Zuckerrohr,  Zwiebeln, Baumwolle, Kaffee, Kakao, aber auch Berufe im Kontext des Bergbaus sind in den Protesten eingebunden.

Die Liste, die der kolumbianischen Regierung vorgelegt wurde, spiegelt die Wünsche und Bedürfnisse der Landbevölkerung und Bauern wieder:
  • 1. Die Umsetzung von Maßnahmen und Aktionen bezüglich der Krise der landwirtschaftlichen Produktion.
  • 2. Der Zugang zu Landbesitz.
  • 3. Anerkennung der ländlichen und bäuerlichen Territorien (ZRC - Agrarschutzgebiete, sowie die Erweiterung der indigenen und afroamerikanischen Gemeinderäte).
  • 4. Wirksame Beteiligung der Gemeinden und traditionellen kleinen Bergarbeiter an der Ausarbeitung und Entwicklung der Bergbaupolitik.
  • 5. Ergreifen von Maßnahmen und Sicherheiten bei der Ausübung der politischen Rechte der ländlichen Bevölkerung.
  • 6. Soziale Investitionen bei der ländlichen und städtischen Bevölkerung wie Bildung, Gesundheit, Wohnen, öffentliche Dienstleistungen und Verkehr.

Besonders Punkt 3 der Liste wird öffentlich diskutiert. Die „Zona de Reserva Campesina (ZRC)” ist eine bäuerliche Agrarschutzzone die versucht, eine Region der lokalen Entwicklung nach den Bedürfnissen der Landbevölkerung und Bauern zu konstruieren. Innerhalb des kolumbianischen Gesetzes ist es eines der wichtigsten Instrumente, um den Zugang zu Land für die Bauern zu garantieren sowie die Produktionsformen und Landwirtschaft der Bauern zu schützen. Mit diesen Schutzzonen soll eine Selbstbestimmung der Gemeinschaft und der bäuerlichen Wirtschaft erreicht werden und sie gewissermaßen als eine Form einer Agrarreform dienen. Sie ist Gegenstand und Forderung der FARC-EP bei den Friedensverhandlungen mit der Regierung.

Die Vorschläge der FARC-EP rühren aus der traditionellen Verbundenheit mit der Landbevölkerung, den historischen Erfahrungen der letzten Jahrzehnte und sind in Zusammenarbeit mit bäuerlichen Organisationen und den Interessensvertretungen der Indígenas und Afroamerikaner entstanden. Sie beinhalten unter anderem die Dezentralisierung der nationalen Landwirtschaftspolitik, den Zugang zu Land, Autonomie, verschiedene Punkte zur Landnutzung, Umweltschutz, die Produktion von einheimischen landwirtschaftlichen Erzeugnissen sowie die politische Teilhabe der Menschen auf dem Land.
 
Es gab ein allgemeiner Aufruf der politischen und sozialen Bewegungen an die Regierung, die Proteste nicht zu kriminalisieren und auch die Friedensdelegation der FARC-EP in Havanna ermahnte die Regierung die Proteste nicht allein als ein Schreckgespenst der FARC-EP zu stigmatisieren. Trotzdem gab es bereits in den ersten Stunden der landesweiten Proteste zahlreiche Verhaftungen, und Versuche, die Proteste zu unterdrücken. In vielen Gebieten kam es zu einer weiteren Militarisierung und Repressionen gegen die Bevölkerung.

21 August 2013

Die EU soll die Waffenlieferungen beenden!

Die EU soll die Waffenlieferungen beenden!
FARC-Sprecher zum Stand der Gespräche in Havanna

In einem Exklusivinterview für Europa hat der Pressechef der Friedensdelegation der FARC-EP in Havanna, Kommandant Andrés París, knapp erklärt, wie es um die Dialoge mit der Regierung steht und einige Aspekte angerissen, die für eine spätere Mitwirkung der Europäischen Union von Bedeutung sind.

Die Fragen stellten für „Tercera Información“ (Spanien) Eliécer Jiménez und José Antonio Gutiérrez. Übers.: G.P.

F: Können Sie für einen mittelmäßig am Konflikt, dem Dialog und dem Frieden in unserem Land interessierten Europäer zusammenfassen, wie dieser Prozess bislang verlief und wie weit man zu einem Friedensabkommen für Kolumbien gekommen ist?
Andrés París: Wenn wir mit anderen Erfahrungen vergleichen, dann ist Havanna gut vorangekommen. Beim ersten Punkt, der Landfrage, haben wir einige strategische Aspekte auf später verschoben und sind nun beim zweiten Punkt der politischen Teilhabe, die wir von unserer „strukturellen politischen Reform“ her angehen, bei der es um mehr Demokratie und Garantien geht, angefangen beim Recht auf Leben. Es gibt einen medialen Druck von Regierungsstrategen um die Guerilla sozusagen mit der „Zeitpeitsche“ zu bestrafen. Aber was da verheimlicht wird, sind die Wahlinteressen der politischen Kräfte des Staates, der Regierung selbst. Die größte Schwierigkeit für eine Vereinbarung liegt nicht in der Geschwindigkeit des Friedensprozesses, sondern in der Konzeption zu glauben, dass man zum Frieden kommen kann ohne etwas im Land zu verändern und anzunehmen, dass eine revolutionäre Guerilla vor einem Verfassungsfetisch aufgebe. Es muss tiefgehende Reformen in Wirtschaft, Politik und Gesellschaft geben.

F: Sind Sie zufrieden mit der Unterstützung der Europäischen Union für die Dialoge und worin sie besteht – oder sehen Sie sie eher als halbherzig an?
Andrés París: Nun, Europa und einige seiner Länder haben den Friedensprozess unterstützt, und das ist positiv. Nun muss es darum gehen die FARC von der Liste der Terrororganisationen zu nehmen und aufzuhören der kolumbianischen Regierung Waffen zu verkaufen.

F: Wenn es um eine Verstärkung der Vermittlung geht und um Unterstützung anderer europäischer Regierungen um die Dialoge zu stabilisieren – haben Sie dabei an die Teilnahme von Staaten wie der Schweiz, Irland oder auch Schweden gedacht?
Andrés París: Die Vereinbarung ist offen dafür, dass später andere Länder teilnehmen können, und wir haben vorgeschlagen eine Art „Freundesgruppe des Prozesses“ zu schaffen.

F: Die irische Regierung hat mehrfach gesagt, dass sie mitmachen und ihre Erfahrung bei der Schaffung eines Friedensabkommens beitragen will, das dort den Krieg beendete. Wie sehr interessiert dieser Vorschlag und wie tauglich ist die irische Erfahrung, auf dass Sie ihr positive Aspekte abgewinnen könnten?
Andrés París: Wir haben mit irischen Delegationen gesprochen, die aus beiden Seiten bestanden. Und wir haben darum gebeten, dass sie mit der kolumbianischen Regierung sprechen, damit diese versteht, dass der Frieden Änderungen und Reformen beinhaltet. Das ist normal in allen Friedensprozessen. Die Regierung aber will einen Express- und Gratisfrieden.
Kolumbien und seine Regierenden sind im neunzehnten Jahrhundert, was die Agrarfrage angeht, wobei eine Agrarreform in Irland vor zweihundert Jahren gemacht wurde. Das ist der Unterschied zwischen beiden Prozessen: einer endete erfolgreich in Irland, und der andere in Kolumbien öffnet für unser Land hoffentlich die Türen des zwanzigsten Jahrhunderts. Um es an das einundzwanzigste Jahrhundert anzupassen, gehören wir Revolutionäre in eine neue Regierung, die in der nächsten Wahldebatte aus einem Linksbündnis entsteht.

Originalinterview

15 August 2013

Die Worte von General Mantilla

"Heute erinnern wir an den Kommandanten Jacobo Arenas in seiner 23-jährigen Abwesenheit." Mit diesen Worten begann der FARC-EP Kommandierende und Leiter der Friedensdelegation Iván Márquez am 10. August 2013 eine Gesprächsrunde und zugleich eine Antwort auf die Äußerungen des Generals der kolumbianischen Armee, der die Guerilla als geschlagen und demoralisiert bezeichnet.

„Eine Guerilla, die in der Relation in Zahlen und Technologie der größten bekannten Offensive gegen Aufständische in der amerikanischen Geschichte widerstanden hat, kann keine demoralisierte  Guerilla sein, Herr General ...“, so die Aufständischen in einer offiziellen Erklärung mit dem Namen „Die Worte von General Mantilla“, die in auf verschiedenen Webportalen der Guerilla veröffentlicht wurde. General Sergio Mantilla ließ in verschiedenen Medien verlautbaren, dass die FARC-EP am Ende sei und der Krieg bald vorüber. Immer wieder in den letzten Jahren ließen Präsidenten oder Offizielle der Armee verkünden, dass die Guerilla geschlagen sei. Die Realität sieht anders aus.

Auch wenn die FARC-EP in den letzten Jahren aufgrund der Aufrüstung der Streitkräfte in einigen Gebieten zurückgedrängt wurde und wichtige Führungspersonen ihr Leben verloren, so hat sie sich in anderen Gebieten und in der politischen Arbeit konsolidiert und verstärkt. Mit der Strategie des Ausbaus der politischen Arbeit in den verschiedenen sozialen und politischen Bewegungen hat die Guerilla ihren Einfluss in der Bevölkerung ausgebaut. Die Milizen, die Bolivarianische Bewegung (MB) oder die Kommunistische Untergrundpartei (PCCC) als politische Arme der FARC-EP reichen in die verschiedenen Instanzen und politischen Organisationen. Auch wenn es die Regierung oder die Armee nicht anerkennen will, die Guerilla ist weit in der Bevölkerung verankert und das wissen sie auch. Nicht umsonst gibt es einen Friedensprozess zwischen Regierung und Guerilla.

Eher kann man an der Schlagkraft der Aufstandsbekämpfung der Armee zweifeln, die hochgerüstet und unterstützt durch die USA seit Jahrzehnten versucht, die Guerilla zu besiegen. Doch soziale und politische Probleme kann man nicht militärisch lösen. Und solange es soziale und politische Missstände im Land gibt, solange wird auch die Guerilla ihre Existenzberechtigung haben.
Viele Offiziere mit langjährigen Erfahrungen der kolumbianischen Armee gehen ins Ausland, bevorzugt in den Nahen Osten, um dort ihr Geld unter besseren Bedingungen zu verdienen, weil sie in Kolumbien keinen Krümel dafür bekommen, dass sie hier ihr Lebens aufs Spiel setzen.

Wie viele Soldaten und Angehörige protestieren zurzeit gegen die Zustände bei der Armee und die schlechte Bezahlung. Wehrdienstpflichtige und einfache Bauern und Arbeiter, zu Soldaten gemacht, werden für die Interessen der Oligarchie und der transnationalen Konzerne missbraucht. Sie kämpfen nicht für die Befreiung Kolumbiens, sondern sie opfern ihr Leben für einige wenige reiche Menschen. Ihnen gegenüber stehen auf Seiten der Aufständischen auch Bauern und Arbeiter, einfache Menschen, die für ein besseres und gerechtes Kolumbien kämpfen. Es ist für viele Soldaten ein sinnloser Krieg gegen Landsleute. Die Stimmung ist schlecht, wenn man die einfachen Soldaten in den abgelegenen Provinzen fragt. Und seit 50 Jahren hört die Bevölkerung dieselben Lügengeschichten von Präsidenten und Generälen.

Die Presse, als Teil der Oligarchie und Führungsschicht, ist der andere Part dieser unsäglichen Propaganda, denn sie bieten den Raum, um Hetzkampagnen und Diffamierungen in die Bevölkerung zu tragen. Unüberlegt und oftmals aus purem Eigeninteresse werden Falschmeldungen über die Guerilla inszeniert und in die Welt gesetzt. Auf der anderen Seite gibt es für kritische Medienarbeit und Journalismus sowie für die Erklärungen und Darstellungen der Guerilla keinen oder nur eingeschränkten Platz in der Medienlandschaft. Es gibt kein Interesse an einer kritischen Aufarbeitung des Konflikt und der sozialen und politischen Probleme im Land. Doch die Menschen sind nicht dumm und wissen genau, was um sie herum passiert. Und sie wissen auch, ein Volk in Waffen ist nicht besiegbar.

Timoleón Jiménez über die Worte von General Mantilla und Präsident Santos 
Friedensdelegation der FARC-EP an General Mantilla 

11 August 2013

Jacobo Arenas - Unvergessen


Am Morgen des 10. August 1990 starb unser Genosse Jacobo Arenas im Guerillalager von El Pueblito, dass für die nationale und internationale Presse unter dem Namen „Casa Verde“ bekannt war. Dieses auch als Hauptquartier der FARC-EP bezeichnete Camp lag in der ländlichen Gegend der Gemeinde La Uribe, in der Provinz Meta. 26 Jahre kämpfte Jacobo Arenas an der Seite von Manuel Marulanda für die bolivarische Revolution. In seiner Zeit in der FARC-EP war er mit Tausenden von Frauen und Männern in der Guerilla verbunden und seine Ausstrahlung und sein Kampfgeist beeinflusste Menschen weit über die Guerilla hinaus.

Zwanzig Jahre später hat die überwiegende Mehrheit der Mitglieder der ältesten und stärksten bewaffneten revolutionären Organisation im Land und auf dem Kontinent nicht die Gelegenheit seine Person kennenzulernen. Heute sind es Persönlichkeiten wie Manuel Marulanda, Raúl Reyes, Alfonso Cano und Mono Jojoy, die bei der neuen Generation von Kämpfern aufgrund ihres späteren Todes in einem engeren Kontext zur FARC-EP stehen. Aber jeder weiß, dass das Denken und Handeln dieser Revolutionäre durch die  inspirierende politisch-militärische Führung von Jacobo Arenas geprägt wurde. Jacobo Arenas war der Denker und der kommunistischen Kader in der FARC-EP. Er hat die politische Linie der Guerilla maßgeblich getragen.

Jacobo Arenas – Unvergessen!