24 Juli 2012

Kommuniqué über die aktuelle Situation

Was die Menschen in Cauca und ganz Kolumbien fordern ist, dass der Krieg gegen sie aufhört. Der Krieg bestehend aus Operationen des Militärs und der Paramilitärs, der Bombardierungen und Maschinengewehrfeuer, der militärischen Besetzungen und massiven Festnahmen, der Krieg der Plünderungen und leichten Intensität. Was Santos und die ganze Oligarchie vor dem Kapital mittels ihrer Medien beschwören ist, dass die FARC für die Probleme verantwortlich seien und sie nach Cauca gekommen seien, um das Leben der Bewohner zu zerstören. Deshalb proklamieren sie, dass uns alle Welt angreifen solle und verteufeln jene, die dem ablehnend gegenüberstehen. Aber die Wahrheit ist ganz anders, sie, Militär und Oligarchie sind die Aggressoren, sie sind die Diebe und sie sind gewalttätig.

So ähnlich beschreibt ein Kommuniqué der FARC-EP vom 22. Juli die Situation in Kolumbien und aktuell in der Region Cauca. Nach geraumer Zeit Funkstille hat das Sekretariat des Zentralen Generalstabs der FARC-EP ein Kommuniqué in den Medien gestreut, welches einen Überblick über die Ereignisse der letzten Monate gibt. Von der geplanten Justizreform, der Auslieferung des kolumbianischen Generals Santoyo wegen Drogenhandels an die Vereinigten Staaten, die Veröffentlichung eines Videos von Romeo Langlois mit Bezug auf den bewaffneten Konflikt, die Streits zwischen Uribe und Santos und die aktuelle Situation in Cauca, der Aufstand der Indígenas und Bauern, sowie der Abschuss eines Flugzeuges vom Typ „Supertucano“, während Santos seine Sicherheitspolitik in Toribío feiert, sind nur einige der aufgegriffenen politische Tatsachen, die in den Medien verzerrt oder falsch dargestellt werden.
Für eine politische Lösung sind tiefgreifende institutionelle Reformen nötig, die Verteilung von Land und Reichtum müsse Priorität haben, die Wirtschaft müsse verändert und die Rolle des Militärs hinterfragt werden, zudem sollen soziale Aspekte für die Kolumbianer im Vordergrund stehen. Mit der jetzigen Regierung sei dies aber nicht möglich. Nur ein Wechsel, eine breite und pluralistische Regierung, könne die Hoffnung auf Dialog und Frieden bringen. Vorgeschlagen wird zudem, eine neue verfassungsgebende Versammlung durchzuführen, denn sie hätte die Mittel das Land wieder neu zu gestalten.
Mit dem Kommuniqué verabschieden sich die FARC-EP zwar nicht vom Frieden, aber die korrupte politische Klasse, die kolumbianische Oligarchie, habe letztendlich kein Interesse daran. Während in den früheren Kommuniqués die Hoffnung auf Dialog und Frieden klar erkennbar war, wird nun deutlich, wie sehr die Aufständischen von der Regierungspolitik und ihren Lügen enttäuscht sind. Nur mit tiefgreifenden Veränderungen in den Verhältnissen des Landes sei es möglich, den Frieden zu erreichen, so das Sekretariat des Zentralen Generalstabs. Und deshalb sei es notwendig, sich an den Aufständen und Protesten zu beteiligen und diese zu vereinen. 

20 Juli 2012

Julián Conrado - Alzado en Canto

CD-Cover "Alzado en Canto Vol. 1" von Julián Conrado

16 Juli 2012

Zur Situation in Cauca

Derzeit ist die Region Cauca, und hier insbesondere die Gemeinden im Norden der Region wie Toribio, Miranda, Jambaló, Corinto, Suarez und andere, aufgrund des bewaffneten Konflikts in den Blickpunkt der Medien geraten. Dabei haben die Indígenas eine neue Machtposition gegenüber der kolumbianischen Politik gefunden...

 Indígenas besetzen Militärbasis

Im Norden von Cauca leben mehr als 200.000 indígene Personen, darunter die der Vöker Nasa, Paez und Guambiano, die alle der Chibcha-Zivilisation angehören. Diese haben vor mehr als 500 Jahren ind er Region von Bogotá gelebt, sind aber aufgrund der ankommenden spanischen Konquistadoren in jene heutige und weniger frei zugängliche Region verdrängt worden. Der pazifistische Aufstand der Indígenas richtet sich insbesondere gegen die Zuspitzung des bewaffneten Konflikts, denn seit mit der Verstärkung des Militärs und deren Operationen kam es in der letzten Zeit zu kämpfen, die vor allem in den letzten drei Wochen die Zivilbevölkerung in ihrem friedlichen Zusammenleben stark einschränkte. Es geht um die Würde des friedlichen Lebens und des Territoriums der indigenen Völker, um die Anerkennung ihrer Kultur und Autonomie sowie um Gerechtigkeit, die im Widerspruch zu der Politik der kolumbianischen Oligarchie steht.

Solche Aufstände gegenüber fremden Mächten oder der Regierung sind keine Ausnahme. Die leidvolle Geschichte von 500 Jahren der Unterdrückung und Vernichtung, angefangen von der spanischen Krone bis zur heutigen Kriegspolitik von Präsident Santos, haben seit jeher die Indígenas gezwungen, Widerstand zu leisten. Neben Santos sind es heute die korrupten lokalen Eliten, die Zwänge für das indigene Leben einführen. Es sind die Großgrundbesitzer und Viehzüchter, die noch heute Indígenas vertreiben, da sie ihren Intressen im Wege stehen. Und aktuell ist es die Kriegspolitik, die diese Region in eine Militärbasis verwandelt haben, es zu Operationen gegen die FARC-EP kommt und in der das soziale Leben für die Einheimischen stark eingeschränkt wird.

Das dieser Aufstand gerade jetzt zur vollen Entfaltung kommt, liegt neben der militärischen Situation auch an der wachsenden Unzufriedenheit in Kolumbien. Viele sehen die Politik des Staates als gescheitert an, gerade in den ländlichen Regionen und bei stigmatisierten Bevölkerungsgruppen wie den Indígenas, sind die sozio-politischen Errungenschaften relativ gering. Mitbestimmung, auch auf lokaler Ebene, ist sehr schwierig, und der Zugang zu öffentlichen Dienstleistungen wie Trinkwasser und Elektrizität, zum Gesundheits- und Bildungssystem und zur finanziellen Förderung von speziellen und lokalen Wirtschaftsprojekten kaum der Rede wehrt. Stattdessen werden die natürlichen Ressourcen ausgebeutet, ohne das die finanziellen Gewinne der Unternehmen in die Region investiert werden. Die über die letzten Jahre forcierte Militarisierung der Region hat aktuell ihren Höhepunkt erreicht. Neben Schikanen gegen die Bevölkerung, denn die Armee sieht in den Indígenas potentielle UnterstützerInnen für die Guerilla, sind es vor allem die Landinbesitznahme durch Militärs für neue Kontrollstellen und Stützpunkte. Teilweise ist die Vertreibung zielgerichtet, um Landstriche zu entvölkern und somit der Guerilla die Überlebensgrundlage zu entziehen.

Indígena in den Reihen der FARC-EP

Die Region Cauca ist eine Region, in der die soziale, politische und wirtschaftliche Krise zugenommen hat. Durch jahrzehntelange systematische Vernachlässigung in der Regierungspolitik, als Hort der Unbequemlichkeit und des Widerstandes bekannt, ist die Armut und sie soziale Ungleichheit hier besonders groß. Mangelnde Möglichkeiten in der Bildung, fehlende Gesundheitseinrichtungen und Probleme in der Wohnungsbaupolitik verdeutlichen die Misere. Gerade hier in Cauca zeigt sich deutlich, wie wichtig eine Agrarreform zugunsten der ärmeren Bevölkerungsschichten wäre. Doch Großgrundbesitzer, Viehzüchter und Politiker wehren sich dagegen mit den Waffen des Paramilitarismus und der Korruption. Während der Reichtum in den Händen weniger konzentriert ist, lebt die große Mehrheit in Armut. In 33von insgesamt 43 Gemeinden der Region Cauca haben mehr als 50 Prozent der Bevölkerung fehlende Grundbedürfnisse, also kaum oder keinen Zugang zu den öffentlichen Dienstleistungen. Statistiken besagen, dass Cauca und die Hauptstadt Popayan die Region ist, mit dem höchsten Prozentsatz der Bevölkerung , die in extremer Armut lebt. Und bei dem Aspekt der sozialen Ungleichheit folgt es den Regionen Chocó, La Guajira und Huila.

Im Norden und Osten von Cauca finden wir, wie in den Gebieten Catatumbo, La Macarena, San Vicente del Caguán, aber auch in Montes de María, Tumaco, in den Zentral-Kordilleren oder in Putumayo Gebiete, die sich der kolumbianischen neokolonialen Politik nicht unterordnen wollen und die seit Jahrzehnten die Basis für die Aufständischen der FARC-EP bilden. Seit Februar können wir in Cauca eine neue militärische Offensive des Militärs beobachten, mit dem Ziel, die Guerilla zu besiegen. Cauca ist eine von zehn Schwerpunktregionen, in der die Operation „Sword of Honour“ mit dem Ziel die Guerilla-Basen zu vernichten, durchgeführt wird. Von Bogotá aus gesteuert, von den USA unterstützt und durch paramilitärische Einheiten vervollständigt, muss die Bevölkerung den Bürgerkrieg ertragen. Auf der anderen Seite gibt es die Guerilla, die ihre Gebiete verteidigen will.

Gepaart wird die Militäroffensive mit einem scheinbar sozialen Plan, dem „Plan Cauca“. Laut Präsident Santos sollen mehr als 500 Milliarden kolumbianische Pesos bereitgestellt werden, um soziale Projekte, Agrar- und Infrastrukturprojekte zu finanzieren. Diese Politik ist auch schon vom „Plan Colombia“ und seinen Nachfolgeplänen bekannt. Zum einen findet eine Militarisierung statt, zum anderen soll der Bevölkerung vorgegaukelt werden, man investiere zeitgleich in die Region. Das hierfür meist nur der Weg für weitere Militäreinheiten und transnationale Konzerne geebnet wird, ist hinlänglich bekannt.

Abgeschossenes Flugzeug vom Typ "Super Tucano"

Während die kolumbianischen Medien im Konflikt in der Region Cauca der FARC-EP die Hauptlast der Zusammenstöße andichten, geht lokal eine andere Meinung einher. Als Santos letzte Woche in Toribio eintraf, war der Ort besetzt durch Militär und Polizei. Die Indígenas, die eine Beendigung des Konfliktes fordern, fanden sich in einer durch und durch militarisierten Stadt wieder. Während Santos die Guerilleros aufforderte, die Waffen nieder zu legen und er betonte, dass die Region Cauca in der Hand der Regierung sei, gaben die Einwohner Toribios Interviews in denen sie sagten, dass die FARC-EP schon zwei Kilometer außerhalb der Stadt die Straßen und Wege kontrolliere. Am selben Tag des Propaganda-Besuchs von Santos, wurde zudem ein Militärflugzeug der Luftwaffe abgeschossen. Doch wie ist es möglich, dass die Guerilla nur wenige Kilometer außerhalb einer vollends militarisierten Region Kontrollpunkte hat? Weil die FARC-EP in der Region natürlich mehrheitlich aus Indígenas besteht. Die FARC-EP ist eine Guerilla, die sich aus der jeweiligen lokalen Bevölkerung zusammensetzt. Die Beziehungen zwischen Guerilla und Bevölkerung sind eng miteinander verknüpft. Natürlich ist die Bevölkerung die Kämpfe leid, und an den Kämpfen, die die FARC-EP als ein Akteur ebenso durchführt, gibt es ebenso zu kritisieren und deshalb wenden sich nun auch die lokalen Führer der Indígenas an die KämpferInnen der Guerilla. Doch sollte man aufgrund der eben im Artikel beschriebenen Dinge nicht Ursache und Wirkung vertauschen...

09 Juli 2012

Langlois über die FARC-EP

Der französische Journalist Roméo Langlois, der nach 33 Tagen in Gefangenschaft von den FARC-EP freigelassen wurde, berichtet nun in einem Interview von den Umständen der Gefangennahme und das Frieden mit der Guerilla durchaus möglich sei. Des Weiteren sind die FARC-EP ein Parallelstaat in Kolumbien, besonders in den ländlichen Gebieten, in denen der Staat faktisch nicht existent ist. 
 
In dem Interview, welches einem Monat nach der Freilassung gemacht wurde, schildert der Journalist, wie er mit der Armee in ein mehrstündiges Gefecht verwickelt worden ist. Eine Waffe, die ihm während des Kampfes von einem Soldaten angeboten wurde um sich zu verteidigen, lehnte er ab. Er schildert, dass er Angst gehabt habe, an seine getöteten Kollegen in Syrien denken musste und an seine Familie. Die Schussverletzung habe er in diesem Moment aufgrund des Adrenalins nicht gespürt. Während die ersten drei Stunden die Armee das Feuergefecht unter Kontrolle hatte habe sich die Situation dann zugespitzt. Die Armeeeinheit wurde in verschiedene kleine Gruppen getrennt und später aufgerieben. So konnten sich die Guerilleros dem Journalisten nähern. Er gab zu erkennen, dass er Zivilist sei und keine Waffe habe, deshalb wurde nicht auf ihn geschossen, sondern er von der Guerilla mitgenommen. 

Weiter beantwortete er Fragen zu den Bildern und Fernsehaufnahmen des Aktes der Freilassung. Viele Bauern in der Region standen mit den Guerilleros beieinander und feierten die Freilassung mit Essen und der Überbringung von politischen Botschaften. Darauf sagte er, dass es in diesen Zonen normal sei, dass sich Bauern und Guerilla kennen. Sie vertrauen einander, mehr als der Armee, denn die Bauern haben Kinder, Geschwister und andere Verwandte in der Guerilla. Solche Zonen gebe es viele in Kolumbien, weil der Staat nicht bis in jene Gebiete kommt. In diesen Zonen sind die FARC-EP praktisch ein Parallelstaat und manchmal wesentlich effektiver als die Regierung. Die FARC-EP sind seit Jahrzehnten in den Regionen aktiv, sie unterstützen die Landbevölkerung, die wiederum die Guerilla unterstützen. Deshalb hat die Armee kein Vertrauen in die Landbevölkerung und die Bauern kein Vertrauen in die Armee. 

Roméo Langlois äußert sich auch zu den Vorwürfen, dass er Sympathie mit der Guerilla gezeigt hätte. Besonders Hardliner wie Ex-Präsident Uribe taten sich dabei hervor. Für Langlois sei es jedoch normal, auch die Politik von Armee und Regierung kritisieren zu dürfen, auch wenn dies viele nicht hören wollen. Auf die Frage nach einem Friedenprozess antwortet er, dass dieser möglich sei, die Schlüssel aber bei der Regierung und der Guerilla liegen würden. Aber der Hass erleichtere diesen Prozess nicht, zudem die Regierung der Guerilla die alleinige Schuld für die Gewalt im Land gebe.