Nachdem es in Cauca/Kolumbien in den
letzten Jahren zu Konfrontationen zwischen Indígenas und der Guerilla kam, gibt
es nun einen Dialog zwischen beiden Partnern. Zur schriftlichen Kommunikation
sollen Gesprächsrunden gehören, um grundlegende Probleme zu erörtern und
gemeinsam den Friedensprozess zwischen Guerilla und Regierung zu begleiten.
"(...) Kommandant Timoleón: Setzen
wir uns hin und reden wir direkt miteinander. Es ist dringend.“ Dieser Satz ist
aus einer der vier Briefe, die zwischen den Anführern der indigenen
Gemeinschaften in Cauca und dem Oberkommandierenden der Guerilla FARC-EP Timoleón
Jiménez (Timochenko) in den letzten beiden Monaten ausgetauscht wurden. An sich
sind Konversationen und ein politischer Austausch zwischen den indigenen
Gemeinschaften und der Guerilla nichts Ungewöhnliches. Doch diesmal handelt es
sich um grundlegende Punkte, wie die gegenseitigen Schuldzuweisungen und
Handlungen für Verbrechen, Vertreibungen und Angriffe untereinander aufzuklären
und zu beenden. In den Medien wird sogar von parallelen Friedensgesprächen
neben den in Havanna zwischen der FARC-EP und der kolumbianischen Regierung
gesprochen.
Die Bewohner Caucas beklagen die
zunehmende Militarisierung der Region schon seit dem Jahr 2011. Im November
2011 wurde der Oberkommandierende der FARC-EP Alfonso Cano nach einer
großangelegten Operation des kolumbianischen Militärs aus der Luft und am Boden
getötet. Seitdem ist Cauca vom Militär besetzt, um die soziale Basis der
Guerilla auszulöschen und die Kontrolle über Cauca wiederherzustellen. Zwischen
den Kämpfen und Auseinandersetzungen von Militär und aufständischer Bewegung
geraten auch immer wieder Indígenas, obwohl jene in dieser Region eine
beachtliche Anzahl in den Reihen der Guerilla ausmachen. Doch statt auf
Gespräche wurde auf Konfrontation gesetzt.
Schon im Juli 2011, als in Toribío eine
Bombe der FARC-EP Polizisten tötete und dabei Häuser im Ort zerstört wurden,
hatte die Guardia indígena (indigene Wache) den Auftrag des indigenen
Regionalrats von Cauca, CRIC, und dem Verband der indigenen Räte von
Nord-Cauca, Acín, militärische Einrichtungen zu zerstören und Guerilleros und
Milizionäre der Guerilla festzunehmen oder auszuliefern. Die FARC-EP wiederum
betrachtet die Region Cauca ebenfalls als soziale Basis und wirft den Indígenas
vor mit den staatlichen Sicherheitskräften zu kooperieren. Letztendlich sind es
Interessens- und Machtfragen von zwei Akteuren in ein und demselben
Hoheitsgebiet. In den Gebieten mit einer hohen Zahl an Indigenen operieren
unter anderem die Sechste Kriegsfront und die mobile Kolonne „Jacobo Arenas“.
Obwohl in beiden Einheiten ebenfalls viele Indígenas zu finden sind, kommt es
aufgrund der territorialen Lage und den verschiedenen politischen und
kulturellen Auffassungen zu Interessenskonflikten.
Durchaus kann man sagen, dass die
Kommunikation zwischen beiden Akteuren sehr erfolgversprechend verläuft. In
Rekordzeit sind viele verschiedene Punkte angesprochen und Vereinbarungen für
weitere Treffen getroffen worden. Seitens der FARC-EP wurde Bereitschaft und
Willen signalisiert, Gespräche zu führen und sich zu treffen. Die Einzelheiten
für ein Treffen sollen jedoch nicht öffentlich gemacht werden, weil „der
Todfeind von euch und uns nur auf die geringste Möglichkeit wartet, um uns
heimzusuchen“, so der Oberkommandierende Timochenko. Tatsächlich bekämpfen
Armee und Polizei sowohl die nach Autonomie strebenden indigenen Gemeinschaften
als auch die Guerilla. Oftmals werden soziale Kämpfe kriminalisiert und durch
Schikanen, Massenverhaftungen und Militäroperationen beantwortet.
Begonnen haben die Korrespondenzen mit
der Festnahme von sechs Milizionären der FARC-EP durch Indígenas, denen
vorgeworfen wurde, am Tod eines Medizinmannes schuldig zu sein. Unter dem
traditionellen Gesetz der Indígenas wurden zwei von ihnen zu 40 Jahren Haft
verurteilt. Dies wurde daraufhin vom westlichen Militärblock der FARC-EP
kritisiert. Sie beschuldigten daraufhin den Anführern der Indígenas, nicht für
ein gerechtes Strafverfahren gesorgt zu haben, in denen die Beschuldigten keine
Möglichkeit hatten, um sich zu verteidigen. Die Milizionäre und Guerilleros der
FARC-EP wies man an, sich nicht von den indigenen Schutztruppen festnehmen oder
entwaffnen zu lassen. Diese Anweisung wurde wiederum als eine Kriegsdrohung
aufgefasst, weshalb die Anführer Kontakt zu Timochenko bezüglich neuer
Gespräche aufnahmen.
Im Juni antwortete die FARC-EP auf einen
Brief der ONIC (Nationale Indigenenorganisation Kolumbiens) vom 31. Mai, als
sich indigene Vertreter in der Region Cundinamarca trafen. In der Antwort von
Anfang Juni betont die FARC-EP die Fortschritte zwischen Indígenas und
Guerilla, die Schwierigkeiten zu lösen und äußern Respekt und Toleranz
gegenüber den indigenen Gemeinschaften. Dabei beruft sich die Guerilla durchaus
auf gemeinsam verlaufende Aspekte in der Geschichte. „Wir haben immer die Rolle
der indigenen Völker im sozialen Konflikten in der Geschichte Kolumbiens
betont: Im Widerstand gegen Spanien, für die Befreier, in den Kämpfen um ihr
Territorium, ihre Kultur und Eigenständigkeit und im aktuellen sozialen und
bewaffneten Konflikt. Wir wissen auch, dass der Kampf der indigenen Völker und
der bewaffnete Widerstand der Bevölkerung, der durch die FARC-EP geführt wird
konvergierend sind.“ Deutlich wird dies durch die Anzahl der indigenen Kämpfer
in den militärischen Einheiten, bei den Milizen und in der klandestinen
kommunistischen Partei (PCCC) sowie in der Bolivarischen Bewegung für ein Neues
Kolumbien (MB), so das Sekretariat des Zentralen Generalstabs der FARC-EP vom
10. Juni 2013. Für die Guerilla ist klar, dass der Weg des Friedens und der
sozialen Gerechtigkeit nur durch gemeinschaftliches Handeln zu erreichen ist.