Groß war das Thema in den Medien, als Joaquín Gómez,
Kommandierender des militärischen Südblocks der FARC-EP, die kubanische
Hauptstadt erreichte, um Teil der technischen Unterkommission der
Friedensverhandlungen zu werden. Gómez kommandiert politisch-militärische
Strukturen von Einheiten in den Provinzen Caquetá und Putumayo. Ein Blick auf
die Geschichte der FARC-EP in Caquetá, dem Herzen der Guerilla.
Die politische Gewalt von Regierung und Paramilitärs sorgte dafür, dass das Sekretariat als höchstes Organ ihren Leuten befahl, sich wieder in die Berge und Wälder zurückzuziehen und die Waffe in die Hand zu nehmen. Nicht nur dem Namen nach war die FARC-EP eine Volksarmee. Tausende füllten ihre Reihen, es wurden neue politisch-militärische Strukturen geschaffen und eine eigene Kommunistische Partei gegründet, die bis heute, nicht nur in Caquetá, bestand hat und deren Kommando unter Joaquín Gómez, dem Befehlshaber des Südblocks der FARC-EP, liegt. Mit besonderer Hoffnung schauen alle Menschen aus Caquetá auf die Beendigung des bewaffneten Konfliktes und auf eine Zukunft, in der die FARC-EP aufgrund ihrer historischen Verbundenheit ein Wörtchen mitzureden hat.
In Caquetá, bzw. im Westen der Region, liegt der Ursprung
der FARC-EP. Bauern, die sich der großen Gewaltwelle in den 1950´er Jahren
widersetzen, suchten im Süden des Landes, so auch in Caquetá, ihren
Rückzugsraum. In der Gewaltwelle, der sogenannten Violencia, bekämpften sich
vorrangig die beiden großen traditionellen Parteien. Doch es war auch der Beginn,
des Ausschaltens von kommunistischen und alternativen Ideen, Lebensformen und
Politikansätzen. Konservative, und später auch liberale Einheiten, machten Jagd
auf linke Personen und Gruppen. Ziel war es ihre Macht auszubauen und die
Interessen des Kapitals und der Oligarchie zu festigen.
Aus Schutz vor den terrorisierenden Einheiten entstanden
besonders im Süden von Kolumbien von Bauern und von der Kommunistischen Partei
organisierte Selbstverteidigungsverbände in den entlegenen Regionen, wo sie
ihre Zuflucht gefunden hatten. Während die ehemals linksliberalen Guerillas
unter der Militärdiktatur von Rojas Pinilla eine Amnestie annahmen,
verweigerten die selbstorganisierten und kommunistisch beeinflussten Verbände
eine Waffenabgabe. Sie sollten Recht behalten, denn es folgten
Militäroperationen und politische Verfolgung unter der mittlerweile
entstandenen Zweiparteienherrschaft von liberaler und konservativer Partei, die
nach dem Bürgerkrieg in den 1950´er Jahren ihre Herrschaft in einer sogenannten
nationalen Front absicherten.
Die Bauernverbände unter der Führung von Isauro Yosa,
Jacobo Prías Alape und Manuel Marulanda siedelten sich in den Gegenden der
Serranía von Macarena und Guayabero in der Provinz Meta, im Nordosten des
heutigen Nationalparks Serranía von Los Picachos und in El Pato in der Provinz
Caquetá, im Westen in der Region von Riochiquito in der Provinz Cauca sowie in
Sumpaz im Südosten der Hauptstadt Bogotá. Vom konservativen Präsidenten Álvaro
Gómez Hurtado wurden diese Gegenden als „unabhängige Republiken” bezeichnet und
gehörten vernichtet. Im Sinne der antikommunistischen Militärdoktrin und des
Kalten Krieges galten diese als Gefahr für Kolumbien und Lateinamerika.
Eine der letzten großen Militäroffensiven fand im Mai
1964 gegen die Region Marquetalia statt. Im Süden der Provinz Tolima
bombardierte das Militär Dörfer und landete Tausende Soldaten, um die
Bauernkämpfer zu töten. Unter der Führung von Manual Marulanda zogen sich die
Bauern zurück nach Cauca oder verteilten sich auf andere Gegenden. Im Zuge
dieser Militäroperation vereinigten sich andere Bauernverbände aus Caquetá,
Meta und Cundinamarca zum Südblock der Guerilleros, nachdem im Juli ein erstes
einheitliches Programm der Guerillaverbände, das Agrarprogramm, verabschiedet
wurde.
Schritt für Schritt begannen die nur spärlich bewaffneten
und untereinander vernetzten Bauern sich zu organisieren. In der Zweiten
Guerillakonferenz der verschiedenen Verbände gaben sie sich den Namen der
Revolutionären Streitkräfte Kolumbiens (FARC). Es waren rund 350 Kämpfer, unter
ihnen auch Mitglieder der Kommunistischen Partei, die aus Bogotá entsandt
worden, um die kommunistische Guerilla aufzubauen. Zu ihnen gehörte Jacobo
Arenas, der über Jahre die politische Ausrichtung der FARC-EP bestimmen sollte.
Eine der ersten Fronten der FARC-EP entstand in der
Grenzregion der Provinzen von Huila, Caquetá und Meta in einem Korridor
zwischen den autonom verwalteten Bauernregionen von El Pato (Caquetá) und
Guayabero (Meta). Die zweite Front (2. Front) breitete sich rasch bis in die
Grassavannen und undurchdringlichen Wälder des Yarí aus. Heute befindet sich
hier der Gemeindebezirk von San Vicente del Caguán. Schon im Jahr 1972 entstand
im Zuge der rebellischen Bauernkolonisation die dritten Front (3. Front) der
FARC in den Bergen zwischen Caquetá und Huila unter dem Kommando von Luis
Ángel, der unter dem Namen „El Paisa“ bekannt war. Zur politischen
Unterstützung schickte man Braulio Herrera.
Mit diesem Moment begann eine politische, militärische
und soziale Ausrichtung der Region, in welcher der Staat quasi inexistent war,
unter der Führung der Guerilla. Zu diesem Zeitpunkt war die Guerilla
militärisch defensiv ausgerichtet und übernahm einzig und allein
Verteidigungsoperationen. Politisch und sozial organisierte sie das Leben
vieler Bauern in San Vicente del Caguán. Es wurde Justiz ausgeübt, Straßen
gebaut, Ländereien bewirtschaftet, öffentliche Dienstleistungen organisiert und
Veranstaltungen durchgeführt. Die aus allen Teilen Kolumbiens ankommenden Bauern
und Familien richteten sich auf einen Neuanfang in Caquetá, auch mit Hilfe der
Guerilla, ein. Die Kolonisation der noch unbewirtschafteten Regionen erfolgte
oftmals im Einklang mit der Organisation der FARC. Viele sahen sich jedoch noch
nicht als Guerilla-Kämpfer, sondern als organisierte Bauern.
Die Ankunft der Leute, die Organisation der Bauern und
die Vergrößerung der Guerillaeinheiten sorgten für das Entstehen der 14. Front
im Jahr 1974. Es gab einen ersten großen Angriff, die Einnahme des Ortes Puerto
Rico, sowie die Ausdehnung der Strukturen nach Guacamayas, Puerto Rico und
Cartagena del Chairá. Seit jeher waren diese Zonen unter dem Einfluss der
linksliberalen Kräfte. Auch hier ist die Kolonisation der riesigen Landesteile
in Richtung des Amazonas im Kontext mit der Organisierung jener Prozesse durch
die Guerilla zu sehen. Die Provinz Caquetá muss also immer im Zusammenhang mit
der politischen, sozialen und militärischen Mobilisierung und Kolonisierung der
FARC gesehen werden, die besonders Ende der 1970er Jahre einsetzte.
Die Zusammenarbeit zwischen Guerilla und Kommunistischer
Partei war anfangs fließend. Während der Kolonisation entstanden mit den
Fronten der FARC auch Unterstützungsbasen- und Zellen. Diese waren nicht
bewaffnet und sorgten für politische Arbeit unter der Bevölkerung und Logistik
sowie Informationsbeschaffung für die Guerilla. Für den Eintritt in die Reihen
der Guerilla war eine Beurteilung der politischen Arbeit von der
Kommunistischen Partei von starker Gewichtung. So ist es kein Wunder, dass
viele Gewerkschafter und linke Aktivisten in die FARC eintraten. So war Raúl
Reyes Gewerkschafter bei Nestle, die groß in der Milchwirtschaft Caquetás
vertreten waren, und Iván Márquez Abgeordneter einer linken Partei in
Florencia, der Provinzhauptstadt von Caquetá.
Im Jahr 1982, kurz nach der Siebten Konferenz der
Guerilla, breiteten sich die Aktivitäten der nun in Volksarmee umbenannten
FARC-EP aus. Sogenannte „Rote Zonen“ gab es vor allem im Norden von Caquetá, in
der Hauptstadt Florencia, in Doncello, La Montañita, Puerto Rico, San Vicente
del Caguán und Cartagena del Chairá. Caquetá wurde in politischer und
militärischer Hinsicht zur sozialen Basis der Guerilla. Im Zuge des
Friedensprozesses mit der Regierung Betancur kam es zum politischen Ausbau der
Strukturen, zum Beispiel mit Hilfe der Kommunistischen Partei in sogenannten
„patriotischen Räten“, an denen führende Personen der Guerilla wie Iván
Márquez, Joaquín Gómez oder Braulio Herrera beteiligt waren.
Doch auch die militärischen Strukturen wurden im Rahmen
des Friedensprozesses und des Waffenstillstandes ausgebaut, denn viele in der
Guerilla hatten ihre Bedenken, dass die politische Lösung von Erfolg gekrönt
sein würde. Sie sollten Recht behalten. Das politische Projekt der Unión
Patriótica war zum Scheitern verurteilt, nach dem ein systematischer Mord an
Mitgliedern und Sympathisanten einsetzte. Die Politik und die Wirtschaft bauten
paramilitärische Einheiten auf, um inoffiziell die FARC-EP und alle anderen
linken Bewegungen zu bekämpfen. Der einzige Weg zur Machterlangung sah die
Guerilla auf militärischem Wege. Dieser Fakt und die Wesensveränderung der
Kommunistischen Partei im Zuge des Zusammenbruchs des real existierenden
Sozialismus führten zum Bruch mit ihr.