10 Mai 2012

Presse und Freiheit

Mit der Gefangennahme eines französischen Journalisten und der Veröffentlichung eines Kommuniqué der FARC-EP soll die Freiheit der Presse bzw. die Rolle der Presse im aktuellen bewaffneten Konflikt in Kolumbien auf die Agenda gesetzt werden.Die Debatte wurde sogar von den mainstream- und regierungsnahen Medien aufgenommen.


Die Revolutionären Streitkräfte Kolumbiens (FARC-EP) haben am Montag eine Erklärung veröffentlicht, in denen sie zum einen die Gefangennahme eines französischen Journalisten erklären und zum anderen eine Debatte über die Freiheit der Information losgetreten haben. Der Journalist wurde während Kämpfen zwischen der 15. Kampffront der FARC-EP und Armeeeinheiten Ende April in Caquetá festgenommen. Dabei trug der 35jährige Journalist Roméo Langlois die Uniform der regulären Armee und war Teil der Militäroperation. Wenige Zeit später gaben sie die baldige Freilassung des Journalisten bekannt, der aufgrund von Uniformierung und Teilnehmer des Angriffs vorläufig als Kriegsgefangener gilt. Die FARC-EP geben der kolumbianischen Regierung eine Mitschuld an der derzeitigen Situation, da sie Zivilisten in Uniform an Militäreinsätzen teilhaben lässt. Zum anderen soll eine Diskussion über freie Meinungsäußerungen und die Freiheit der Presse initiiert werden. Um mediale Aufmerksamkeit zu bekommen, spielt die Gefangennahme des französischen Journalisten den Aufständischen zum derzeitigen Zeitpunkt in die Hände. Nicht nur, dass kritische Presse oder oppositionelle Meinungen zur Regierung generell aufs Schärfste verfolgt werden, seit einigen Tagen sind einige Internetseiten der FARC-EP und linke Nachrichtenportale gesperrt worden. 

Der Text der FARC-EP zeigt auf, dass eine Kamera die Rolle einer Waffe spielen kann. In Kolumbien werden alltäglich die Medien manipuliert, um der Bevölkerung einen terroristischen Kontext der Aufständischen zu suggerieren, andererseits werden Meldungen zum Positiven für die Regierung verfälscht. Die Aufständischen meinen, dass die Meinungsfreiheit nicht nur zum Wohle der Oligarchie, der Eigentümer von Kapital und Land und der Regierung gilt, sondern sie im Interesse aller eingesetzt werden sollte. In diesem Zusammenhang erwähnen sie die täglichen Angriffe auf die Medien und Webseiten der FARC-EP oder auf ihren Radiosender. Wenn ein französischer Journalist an Kampfhandlungen teilnimmt, dann wird er dies nicht im Sinne wirklicher Meinungsfreiheit tun, sondern gezielt manipulierte Informationen von Regierung und Militär in Umlauf bringen. Des Weiteren betonen sie, dass kritische Journalisten, ob aus Kolumbien oder aus anderen Ländern, erwähnt sei hier der Fall vom schwedischen Staatsbürger Joaquín Becerra, eingeschüchtert, verfolgt und im schlimmsten Fall ermordet werden. Auf schwarzen Listen werden die Namen jener Journalisten veröffentlicht.

Während es für die FARC-EP mehr als schwer ist, mit der Außenwelt zu kommunizieren und diverse Medien zu nutzen, wenden die Regierung und die ihr zugehörigen Nachrichtenagenturen und Medien die gesamte verfügbare psychologische Kriegsführung an. Auch in Deutschland wird häufig ein unreflektiertes Bild von Kolumbien und vom sozialen und politischen Konflikt übernommen. Klar, Journalisten können und müssen sich häufig auf bestimmt Quellen verlassen. Dies kann jedoch nicht bedeuten, dass Regierungs- oder Armeequellen einfach übernommen werden und der Blick der anderen Seite außer Acht gelassen wird. Wenn in Deutschland Informationen und Nachrichten über Kolumbien vorherrschen, dann beziehen sich diese zum größten Teil auf den bewaffneten Konflikt oder den Drogenhandel. Hierbei sind zumindest die Nachrichten und Meldungen der Mainstream-Medien stark auf die Guerilla fokussiert, die FARC-EP werden als Schuldige für die Misere im Land ausgemacht, die für Terror und Drogen verantwortlich sind. Mit Begriffen wie Entführungen, Erpressungen und Drogenhandel im Kontext der Aufständischen soll polarisiert und eine bewusst eingeschränkte Perspektive hervorgebracht werden. Der politisch-soziale Charakter der Guerilla soll somit negiert werden. Diese immer gleichen Bilder und Klischees sorgen dafür, dass viele Personen denken, dass die meisten Toten in Kolumbien eine Folge des Krieges der Guerilla sind und nicht Opfer von Armut, krimineller Gewalt oder Opfer von Paramilitärs und Regierung. Der Tod von armen und hungernden Menschen in einem Land, was eigentlich reich an natürlichen Ressourcen ist und beste Bedingungen für den Wohlstand aller hat, ist eine der schlimmsten Formen des Todes.