Am 18. Oktober gab es das erste gemeinsame öffentliche
Treffen von Vertretern der FARC-EP und der Regierung Kolumbiens. Hauptsächlich
diente dieses Treffen zur Vorstellung der Personen, die an den Verhandlungen
teilnehmen werden und zur Sicherstellung der Garantien aus den begleitenden
Ländern wie zum Beispiel Norwegen. Jede Partei hatte die Möglichkeit in einer
Rede die Standpunkte darzulegen. Die kolumbianische Regierung brachte den
zukünftigen Gesprächen viel Skepsis entgegen und sprach davon, sich nicht zu
viele Illusionen über die Ergebnisse zu machen. Auch wenn viele Medien,
darunter auch linksalternative Medien aus Europa, Erfolgsmeldungen verbreiten,
der Weg zu einem Frieden ist noch weit.
Iván Márquez in der Mitte
Auf der einen Seite gibt es eine bewaffnete Linke, die ein
großes Verständnis für die Demokratisierung des Landes haben, den Dialog mit
der Regierung gesucht haben und die in Bezug auf die Friedensverhandlungen eine
stattliche Anzahl an politischen und sozialen Bewegungen hinter sich wissen.
Erinnert sei an die öffentliche Mobilisierung der letzten Zeit gegen politische
und soziale Missstände der Studierenden, Indígenas, Bauern, der Opfer des
Staatsterrorismus, Gewerkschafter und viele andere mehr.
Auf der anderen Seite gibt es eine Regierung, die in ihren
ersten Veröffentlichungen erkennen lässt, dass eben jener angestrebte Wandel zu
Frieden, sozialer Gerechtigkeit und wirklicher Veränderung im Land schwierig
sein wird. Doch dabei kämpfen die FARC-EP genau für jene Partizipation der
Bevölkerung. Stattdessen sagte der Verhandlungsführer der Regierung, Humberto
de la Calle Umberto, die FARC-EP müssen sich an ihre selbstauferlegten Regeln,
wie die Beendigung der Entführungen halten. Kein Wort jedoch von den
Abertausenden Opfern einer repressiven
und neoliberalen Politik, die Millionen vertreibt und in Armut sterben
lässt.
Die Guerilla hingegen machten noch einmal vor den Augen der
Weltöffentlichkeit auf die Punkte aufmerksam, die während des Dialoges
besprochen werden sollen. Es sind im Übrigen jene Gründe, für die die FARC-EP
schon seit Jahrzehnten kämpfen und die auch Ursache des bewaffneten Konflikts
in Kolumbien sind. So bezieht sich Iván Márquez von den FARC-EP auf Probleme
wie das wirtschaftliche neoliberale System, den Abbau der natürlichen
Ressourcen oder die Landfrage. Und es sind auch jene Gründe, die die
Aufständischen seit Jahrzehnten mit der Regierung an einem Tisch verhandelt haben möchten. Und
auch, wenn immer wieder der Schatten von Caguán erwähnt wird, es waren nicht
die FARC-EP die damals vom Verhandlungstisch aufgestanden sind.
Jeder Beobachter, der sich auch nur wenig mit der Geschichte
der Demokratie auseinandersetzt, weiß, dass Humberto de la Calle kein Freund
der demokratischen Theorie und Praxis ist. Seine Idee und die der Regierung
basiert darauf, dass eine Politik ohne Gewalt nur dann bestehen wird, wenn die
Aufständischen ihre Waffen niederlegen und in die Politik eintreten. Damit meinen sie, dass die FARC-EP an den
Wahlen teilnehmen sollen. Aber wer sich
mit der kolumbianischen Politik und Geschichte befasst, der weiß, dass die
Militarisierung des Landes vor allem dazu dient, die Menschen und mit ihr den
sozialen Protest zu unterdrücken.
Wenn die Regierung wirklich eine Entmilitarisierung des
Landes will, dann müssen wirkliche Veränderung für das Land her. Aktuell wird
das Militär dafür benutzt, um die Interessen der transnationalen Konzerne zu
verteidigen. Warum redet man dann nicht lieber von Veränderungen im aktuellen
Wirtschaftssystem? Nein, stattdessen wird von Anfang an gesagt, dass die
Ausbeutung der Rohstoffe und die Aneignung von Land nicht die zentralen Themen
für einen Dialog wären. Und noch was zur Politik ohne Waffen: Kein eine
friedliche Innen- und Außenpolitik durchgeführt werden, wenn US-amerikanische
Militärbasen im Land existieren?
Die heutige Politik Kolumbiens schließt weite Teile der
Bevölkerung an der politischen, sozialen und wirtschaftlichen Teilhabe aus. Im
Vordergrund stehen die ausländischen Investitionen und die Verteidigung des
Wohlstandes einer kleinen gesellschaftlichen Schicht. Die Rechte der Arbeiter,
Bauern, Studierenden und marginalisierten Gruppen werden nicht angehört. Ist es
denn so schwer zu verstehen, dass dauerhafter Frieden und Demokratie nur über
den Willen zu Veränderungen erreicht werden können?
Auf ZAS-Correos de las Américas ist ein Teil der Rede von Iván Márquez ins Deutsche übersetzt