Die
Friedensdelegation der FARC-EP eröffnete in Havanna die Debatte über
den ersten Punkt des Allgemeinen Abkommens, in welcher es um die
Landfrage geht.
„Unser Verständnis von Land und Territorium stellt sich entschieden gegen den Übergriff des Kapitalismus, der die Natur beherrschen und manipulieren will, ohne sich um die Folgen zu kümmern. Es gibt bereits eine irreparable Beschädigung der Natur, die Zerstörung der Arten, die Zerstörung des sozialen Gefüges, ein Auflösen der ländlichen Wirtschaft, ein ökologisches und soziales Ungleichgewicht, all jene Punkte stürzen den Planeten ins Verderben“, besagt ein Kommuniqué mit dem Namen „Reflexionen über die Agenda von Havanna II“.
„Unser Verständnis von Land und Territorium stellt sich entschieden gegen den Übergriff des Kapitalismus, der die Natur beherrschen und manipulieren will, ohne sich um die Folgen zu kümmern. Es gibt bereits eine irreparable Beschädigung der Natur, die Zerstörung der Arten, die Zerstörung des sozialen Gefüges, ein Auflösen der ländlichen Wirtschaft, ein ökologisches und soziales Ungleichgewicht, all jene Punkte stürzen den Planeten ins Verderben“, besagt ein Kommuniqué mit dem Namen „Reflexionen über die Agenda von Havanna II“.
Die Regierung in
Bogotá, schürt die Konflikte in der Landfrage im gesamten Land. Sie
verteilt Bergbaukonzessionen an transnationale Konzerne, was eine
katastrophale Politik für die Ernährungssouveränität Kolumbiens
ist. Die Delegation der FARC-EP will in Havanna die Diskussion um die
Landfrage für alle Kolumbianer öffnen. Es ist der erste Punkt auf
der Agenda, die am 15. November in der kubanischen Hauptstadt
beginnen soll. Bisher ist das Thema der Landfrage nie gelöst worden,
ehemalige Präsidenten Kolumbiens waren eng mit dem Großgrundbesitz
verbunden. Dabei ist die Landfrage ursächlich für den bewaffneten
Konflikt in Kolumbien. Seit jeher fördert die Regierung die
Konzentration von Land in den Händen weniger. Besonders auf
exportorientierte Agrarprodukte wurde ein Augenmerk gelegt.
Kleinbauern hingegen, die für die Ernährungssouveränität wichtig
sind, mussten um ihr Überleben bangen. Über 80% der Landbesitzer,
also hauptsächlich Kleinbauern, vereinen gerade mal 9% des
Landbesitzes in ihren Händen, während eine Minderheit von rund
einem Prozent mehr als zwei Drittel des Landes besitzen.
Landvertreibungen
gehören zu den beliebten Mitteln des Aneignen von Landflächen.
Bauern werden durch Paramilitärs bedroht und fliehen oder gezwungen,
ihr Land für einen sehr geringen Preis zu verkaufen. Durch
Strohmänner werden verlassene Flächen aufgekauft oder die Grenzen
von Ländereien einfach verschoben. Die Kleinbauern erhalten keine
Entschädigungen. Auffallend ist der Zusammenhang zwischen
Vertreibung und wirtschaftlichen Interessen. Zum einen sind es
agrarindustrielle Großprojekte wie der Anbau von Zuckerrohr oder der
Ölpalme, zum anderen der Abbau von Bodenschätzen wie Kohle oder
Gold. Selbst wenn Kleinbauern eine halbwegs sichere Fläche zum
bewirtschaften haben, so gibt es kaum Unterstützungsmöglichkeiten
seitens der Regierung. Kredite werden häufig nur an
Großgrundbesitzer mit dem Verweis der Liquidität und
Sicherheitsgarantien vergeben.
Das Opfer- und
Landgesetz, ein von Santos auf den Weg gebrachtes Gesetz zur
Entschädigung von vertriebenen Bauern, kann als Propagandalüge
betrachtet werden. Nicht nur, dass viele Opfer aus den 70er und 80er
Jahren darin keine Berücksichtigung finden, auch aktuell werden nur
sehr wenige Bauern tatsächlich entschädigt. Häufig ist es sogar
so, dass Stroh- und Hintermänner der Paramilitärs auf diesem Weg
das Land mit einem gesetzlichen Titel sichern können. Wenn
Kleinbauern mit Land entschädigt werden, dann, so besagt es eine
Klausel, müssen sie die dort angebauten Pflanzen auch weiterhin
anbauen. Was soll ein Kleinbauer jedoch mit Monokulturen wie etwa der
Ölpalme?
Ein Bericht von Héctor Mondragón, Berater von ILSA und Paula Álvarez Roa, Politikwissenschaftlerin und Wissenschaftlerin, der am 18. Oktober veröffentlicht wurde, bietet interessante Elemente, die Debatte in Havanna bereichern können. Sie zeigen und verteidigen mit Zahlen die Bedeutung von Kleinbauern in Bezug auf Produktivität und Umweltschutz. In dem Bericht werden auch andere Wissenschaftler zitiert, so zum Beispiel Kenner wie Albert Berry, die darauf hingewiesen haben, dass Kleinbauern produktiver als die Großen sind. Es sind die wirtschaftlichen Vorteile, die von Vorteil sind. So werden bei Betrieben von Kleinbauern mehr Leute beschäftigt, die Qualität ist besser und es wird pro Hektar ergebnisreicher produziert. Kleinbauern haben ein besseres Verständnis zum Schutz der Umwelt und bilden einen wichtigen Teil zur Förderung der Ernährungssouveränität.
Die beiden
Wissenschaftler auf dem Gebiet der kolumbianischen Landwirtschaft
lehnen die Politik der Regierung ab, die Land an transnationale
Konzerne vergibt, Monokulturen fördert und damit die Einfuhr von
Nahrungsmitteln beschleunigt. Sie legen dar, in welchem Ausmaß die
Einfuhren von Agrarprodukten in den letzten Jahren gestiegen sind.
Von 2005 zu 2006 stiegen die Einfuhren um 21, 6% von 6,3 Mio. Tonnen
auf 7,7 Mio. Tonnen. Im Jahr 2008 beliefen sich die Importe auf 8,2
Mio Tonnen und im Jahr 2010 schon auf 10,5 Mio. Tonnen. In ihrer
wissenschaftlichen Arbeit weisen sie darauf hin, dass es eine hohe
Konzentration von spekulativen Landbesitz gibt. Mehr als 16 Millionen
Hektar sind für die Landwirtschaft verschwunden, weil sie sich im
Großgrundbesitz befinden. Zudem sind die Preise für Land immens
hoch, sie zählen zu den höchsten in der Region.
In Havanna kann es
also spannend werden. Die Landfrage, als zentrales Thema der Guerilla
und der sozialen Ungleichheit im Land, wird den weiteren Weg des
Dialogs zwischen FARC-EP und kolumbianischer Regierung weisen.