Tanja Nijmeijer, die Guerillera aus den Niederlanden, die
unter dem Namen Alexandra in der FARC-EP
kämpft, gehört bei ihrer Teilnahme zu den Friedensverhandlungen in Kuba zu den
meistgefragten Interviewpartnern der kolumbianischen und internationalen Medien.
Obwohl sie wiederholt die Verleumdungskampagnen und Fehlinformationen der
Medien, nicht nur über sich selbst, sondern auch über die FARC-EP als
politisch-militärische Organisation, anprangert, so ist sie sich dem Interesse
über ihre Persönlichkeit und ihr Leben in der Guerilla natürlich bewusst und
nutzt die ihr gegebenen Möglichkeiten,
um Vorurteile auszuräumen und über die aufständische Bewegung
aufzuklären.
Vor drei Monaten hatte Alexandra die Möglichkeit, aus
ihrer Illegalität des kolumbianischen Kampfes ein Teil der
Verhandlungsdelegation der FARC-EP in Kuba zu sein. Es sei für sie eine große
Umstellung gewesen, zwischen dem Leben in Kolumbien und dem Leben in Kuba. In
Kuba ist sie mit Autos, Lärm und den täglichen Umgang mit der Presse
konfrontiert. Aber in gewisser Weise sieht sie es als das Gleiche an, dort ein
Krieg mit militärischen Mitteln und in Kuba ein Krieg auf der politischer
Ebene. An beiden Fronten gibt es Scharfschützen und man muss reagieren, um
nicht getötet zu werden. Dies bezieht sich sowohl auf die militärischen
Auseinandersetzungen, als auch auf die politischen, denn seitens der Presse
wird viel Druck aufgebaut. Den Medien fehlt der Kompromiss für den
Friedensprozess, sagt sie. Die kolumbianische Presse könnte eine wichtige Rolle
bei der Unterstützung in den Verhandlungen spielen und die Menschen davon
überzeugen, dass der Frieden in Kolumbien erforderlich ist. Doch oft ist das
Gegenteil der Fall. Als Beispiel nimmt sie die Gerüchte vom Zerfall der FARC-EP
und dass die Guerilla keine Einheit mehr sei. Immer wieder wurde berichtet,
dass der militärische Südblock nicht mit den Verhandlungen einverstanden sei.
Doch in der Guerilla gibt es eine einheitliche Führung und alle verpflichten
sich, den Prozess zu unterstützen.
Über Alexandra als Frau weiß man sehr wenig, stellt die
Journalistin fest. Auf die Frage, ob sie das als das hübsche Gesicht der
FARC-EP missbraucht wird, stellt sie fest, dass das Schönheitsideal in der
Guerilla nicht zählt. Das schönste was sie hat, ist ihr Gehirn. Das vom
Kapitalismus aufgezwungene Schönheitsideal von 90-60-90 spielt in der FARC-EP
keine Rolle. Die meisten Kämpferinnen kommen vom Land, dort gelten wohlgenährte
Frauen oftmals als hübscher. Alexandra kommt aus den Niederlanden, ein Land,
das sich in den letzten Jahrzehnten dafür engagierte, durch Dialoge die
Konflikte zu lösen. Wieso dachte sie nun sei es besser, mit Waffen für ein
besseres Land zu kämpfen? Als sie nach Kolumbien kam, interessierte sie sich
für die Politik. Sie verstand schnell, dass es für die Kolumbianer keine andere
Möglichkeit gab, als zu den Waffen zu greifen und damit wollte sie sich
solidarisieren. Da änderte es nichts, dass sie aus Europa kam. Mit Waffen zu
kämpfen ist nicht der beste Weg, aber der kolumbianische Staat ließ keine
andere Option.
Die Journalistin spricht weiter die Rolle der Frauen an.
In der Delegation der Regierung gibt es nur wenige Frauen und sie fragt
Alexandra, ob es ein Spiegelbild des Landes und der Guerilla ist. Darauf
antwortet sie, dass 51 Prozent der kolumbianischen Bevölkerung Frauen sind. Sie betrachtet sich
als ein Teil des Landes und der Guerilla, die Frauen zu repräsentieren. Die
Delegation der FARC-EP versucht die Stimmen der Frauen zu hören. Sie hat den
Eindruck, dass sie ihre Rechte in den Foren und den Vorschlägen mit einbringen.
In der Guerilla muss man nicht um Erlaubnis fragen, wenn man sich verliebt und
man kann als zusammenleben. Allerding hat man immer die Verpflichtung für das
Land und ihre Leute. Wenn also eine Mission ansteht, dann muss diese auch
gemacht werden. So ist sie aktuell von ihrem Partner getrennt, um in Kuba mit
der Regierung zu verhandeln, diese Kompromisse muss man eingehen, wenn man der
Guerilla beitritt. Sie kommt aber auch darauf zu sprechen, wie groß die
Unterschiede zu den Niederlanden sind. Der Machismo in der kolumbianischen
Gesellschaft ist schrecklich und in der Guerilla, die ein Teil der Gesellschaft
ist, ist er auch vorhanden. Auch, dass man in der Guerilla keine Kinder haben
darf, versteht sie. Dies wird auch mit dem Eintritt in die FARC-EP deutlich
gemacht. Ein Kind in einem Krieg ist unverantwortlich. Wenn eine Guerillera ein
Kind bekommt, dann muss sie die Guerilla verlassen. Aber dort können sie
verhaftet werden und die Kinder werden später stigmatisiert. Natürlich denkt
Alexandra daran, mal ein Kind zu haben. Aber das Kind soll in einem Umfeld des
Friedens groß werden und dafür kämpft sie.
Am Ende wird sie gefragt, wie sie die Zusammenhänge
zwischen Entführungen und Drogenhandel mit der Guerilla sieht, die für große
Teile der radikalen Linken nicht vereinbar sind. Es sind jene Fragen, auf die
die Vertreter der Guerilla genervt reagieren. Sind es doch regelmäßig Versuche,
die Guerilla zu delegitimieren. Sie betont, dass im Februar letztes Jahr die
Entführungen auf ökonomischer Basis eingestellt wurden. Die FARC-EP war auch
immer bemüht, Alternativen zum Drogenanbau vorzuschlagen, aber man darf auch
nicht die Augen vor der Realität auf dem Land verschließen. Hier erwähnt sie
die Besteuerung von Koka. Worüber man jedoch fast nie spricht, ist die
Beteiligung von Akteuren aus der kolumbianischen Regierung im Drogenhandel.
Schlussendlich sagt sie, würde
sie den Kampf mit Waffen auch in anderen Ländern führen. Kolumbien und
Lateinamerika sind aufgrund des Reichtums und der natürlichen Ressourcen ein
Zentrum im Kampf gegen den Kapitalismus. Um die Welt zu verändern muss man das
System verändern, und sie fängt in Kolumbien an.