Buenaventura ist weiterhin eine Stadt, in der die soziale
Krisis bestand hat. Nach außen betrachtet, scheint es die Politik nicht
sonderlich zu interessieren. Hin und wieder verliert man ein Wort in den Medien
über die Armut und die Unsicherheit. Dabei machen soziale Bewegungen und auch
die aufständische Bewegung FARC-EP seit Jahren darauf aufmerksam, dass die
Stadt ein sozialer Schmelztiegel ist und wenig von ihrer strategischen Lage als
größte Hafenstadt profitiert.
Gegründet wurde die Stadt am 14. Juli 1540 durch Juan de Ladrilleros. Er
verlieh dem Ort den Namen in Gedenken an die Fiesta des heiligen San
Buenaventura. Die Stadt liegt an der Pazifikküste Kolumbiens und hat eine
geschätzte Einwohnerzahl von 360.000. Rund 60% der Wirtschaftsgüter im Land
werden hier umgeschlagen. Über eine Straße und eine Eisenbahn kommen und gehen
die Güter nach Cali und von dort in alle Regionen Kolumbiens.
Neben dem Wirtschaftsstandort ist Buenaventura heute vor
allem für seine soziale Lage und Gewalt bekannt. Die Stadt konnte nie von dem
Wirtschaftsstandort profitieren. Auch wenn die Vereinten Nationen mehrmals
soziale Programme zur Entwicklung angestoßen haben, die Ungleichheit und der
soziale Ausschluss ganzer Bevölkerungsschichten, mit der die Stadt konfrontiert
ist, hat sich noch verstärkt. Über 85% der Bevölkerung sind Afrokolumbianer,
ein Großteil von ihnen lebt in Armut und hat keinen bzw. nur einen geringen
Zugang zur lebensnotwendigen Infrastruktur.
Über 90% der Bevölkerung wohnt im städtischen Gebiet,
dass in 12 Gemeinden und 177 Vierteln aufgeteilt ist. Besonders die jüngere
Bevölkerung ist betroffen von sozialen Indikatoren wie Unterernährung,
Schulverweigerung, schlechten Gesundheitszustand und Kriminalität. Obwohl der
Hafen für die kolumbianische Wirtschaft enorm wichtig ist, rund 80% des Kaffees
exportiert wird und täglich rund 2000 Fahrzeuge den Hafen erreichen, so gilt
Buenaventura als eine vergessene Stadt.
Vergessen ist die Stadt allerdings nicht bei kriminellen
Gruppen wie paramilitärischen Verbänden oder Mafiagruppen. Durch die Lage im
zentralen Küstenbereich Kolumbiens, umrandet von Mangroven- und Urwäldern,
bietet die Stadt eine hervorragende geostrategische Lage für Schmuggel,
Drogenhandel und andere kriminelle Aktivitäten. So erreichten in den 1980er
Jahren paramilitärische Gruppen und Drogenkartelle die Stadt, die für ein Klima
der Angst sorgten, welches bis heute unter dem Einfluss von den „Águilas
Negras“ oder den „Los Rastrojos“ anhält.
Betroffen sind vor allem die einfachen Menschen, Personen,
die ihr Glück in der Stadt suchen, Personen, die von ihrem Land vertrieben
wurden und hier wieder Armut, Gewalt und Vertreibung gegenüber stehen. In
militärischen Operationen versuchten Polizei und Militär die Kontrolle
zurückzugewinnen, aber damit verschärfte sich teilweise die Situation und die
Stadt wurde zu einem Schlachtfeld.
Doch was sind die Lösungen? In Veranstaltungen und
Kommuniqués hat unter anderem dieFARC-EP mehrmals auf die Zustände in der
Stadt hingewiesen. Nötig sind Investitionen in die Kleinwirtschaft und Arbeitsmarkt,
Bildung sowie in soziale Projekte, vor allem in den marginalen Vierteln. Als
primäres Einfallstor für den vor kurzer Zeit abgeschlossenen Freihandel hat die
Stadt eine besondere Verantwortung. Bisher zeichneten sich die Politik und
Regierung jedoch nur durch Untätigkeit und Unfähigkeit aus. Soziale Programme
und reale Alternativen sind das Gebot und keine weitere Militarisierung.
Als aufständische Bewegung arbeitet die FARC-EP seit drei
Jahrzehnten in der Stadt und der umliegenden Region. Organisiert sind ihre
Mitstreiter in der Bolivarischen Bewegung, den Milizen sowie in den
politisch-militärischen Einheiten der 30. Kampffront und der urbanen Kampffront
„Manuel Cepeda“, die dem westlichen Militärblock „Comandante Alfonso Cano“
angehören.
Wie versucht wird, die Guerilla in der Öffentlichkeit zu
deslegitimieren, bewiesen in den letzten Tagen Aussagen von Polizeikommandant
Rodolfo Palomino, Armeekommandant Juan Pablo Rodríguez und des
Verteidigungsminister Juan Carlos Pinzón, die die FARC-EP des Drogenhandels im
Westen Kolumbiens bezichtigen, darunter unter anderem in und um Buenaventura.
In einem Kommuniqué des Westblocks „Comandante Alfonso Cano“ der FARC-EP von Mitte November verurteilen sie die „schädliche und bösartige Verleumdungskampagne gegen die Fronten der FARC-EP im Westen“. Demzufolge sei Anfang November ein Drogenlabor in Bahía Málaga, ganz in der Nähe von Buenaventura ausgehoben worden. Ausgerechnet in einem Gebiet, in der sich eine US-Basis und eine starke Konzentration der kolumbianischen Armee befindet.
Kommuniqué des Militärblocks "Comandante Alfonso Cano"