Während die Regierung Kolumbiens mit der FARC-EP Friedensverhandlungen führt und wichtige Themen wie Agrarpolitik und politische Teilhabe abgeschlossen sowie Entwaffnung, Lösung des Problems der illegalen Drogen und Entschädigung der Opfer noch diskutiert werden, findet in den Gefängnissen weiterhin eine menschliche Katastrophe statt.
Groß ist jedes Mal der Aufschrei, wenn die FARC-EP bei
Gefechten Polizisten und Soldaten gefangen nimmt. Zivilisten werden nach einer
Ankündigung der Guerilla nicht mehr gemäß dem revolutionären Gesetz Nummer Zwei
entführt, in welchem sich Personen mit einem Vermögen von mehr als 1 Million
Dollar zu einer Steuer verpflichteten. Da sich Kolumbien in einem Bürgerkrieg
befindet, ist es für beide Seiten obligatorisch, wenn Gegner gefangengenommen
werden. Während die FARC-EP Gefangene in humanitären Aktionen freilässt, werden
Gefangene Guerilleros in den staatlichen Gefängnissen inhaftiert, wo sie ein
unmenschliches Dasein fristen. Die Öffentlichkeit erstaunt jedes Mal, wenn
freigelassene Polizisten, Soldaten oder auch Journalisten, wie der in
Armeekleidung an einer Militäroperation teilnehmende Romeo Langlois, in den
Medien erklären, dass sie während ihrer Gefangenschaft eine respektvolle
Behandlung erfahren haben und sie mit Lebensmitteln, Medikamenten und anderen
Bedürfnissen grundversorgt worden sind.
Was für ein Kontrast zeigt dagegen die Situation der
politischen Gefangenen und Kriegsgefangenen, bzw. der 118.000 Gefangenen im
Allgemeinen in den staatlichen Gefängnissen. Im Gegensatz zu
Bevölkerungsmehrheit, die in Armut oder armutsähnlichen Lebensbedingungen lebt,
steht der Justizapparat im Dienste der Oligarchie. Korruption, widerrechtliche
Aneignung von Land und anderen Besitztümern sowie staatlich organisierter
Drogenhandel werden mit lächerlich geringen Urteilen konfrontiert, aber
politische Gefangene und Kriegsgefangene werden des Terrorismus bezichtigt oder
unter fadenscheinigen Gründen zu hohen Haftstrafen verurteilt. Während die
erste Sorte Gefangener Privilegien in speziellen Gefängnissen genießt, werden
die politischen Gefangenen und Kriegsgefangenen in überfüllten Gefängnissen
eingesperrt, dicht gedrängt in unhygienischen Zuständen, Misshandlungen
ausgesetzt, ohne medizinische Versorgung und kaum Zugang zu Lebensmitteln oder
Trinkwasser.
Humanitäre Kommissionen, die im Auftrag von
Menschenrechtsorganisationen die Zustände in den Gefängnissen beobachten,
sprechen von einer menschlichen Katastrophe. Die Regierung Santos hat zwar in
den letzten beiden Jahren Reformen und eine Verbesserung der Maßnahmen für den
Strafvollzug angekündigt, doch das Drama hält weiterhin an. Doch auch nach der
langen Gefängniszeit, oft warten die Gefangenen mitunter jahrelang auf einen
Gerichtsprozess, sind die Bedingungen kaum besser. Gewöhnlichen Gefangenen
fehlt in der Haftzeit die Unterstützung von außen und nach der Haft gibt es
keine Maßnahmen zur Resozialisierung. Politische Gefangene und Kriegsgefangene
der FARC-EP haben immerhin ihre Organisationen zur Unterstützung, auch wenn
diese häufig an ihre Grenzen des Machbaren stoßen.
Ein aktuelles Beispiel des Dramas hinter den Gittern
ereignete sich am 13. November im Gefängnis PICOTA/ERON in Bogotá. In den
Morgenstunden wurde der Guerillero Israel Ibáñez Gallo der FARC-EP beim Waschen
mit einem spitzen Gegenstand in den Kopf gestochen. Wenig später kam heraus,
dass der Täter Kontakte zu den Paramilitärs der AUC hatte. Hierbei wurde die
Forderung erneuert, Kriegsgefangene der FARC-EP zusammen zu legen. Während
Paramilitärs und andere korrupte Gefangene Vorrang in der Behandlung und auch
Zusammenlegung genießen, gelten für politische Gefangene und Kriegsgefangene
nur Schikanen und Misshandlungen. Übergriffe von Paramilitärs auf politische
Gefangene und Kriegsgefangene der Guerilla sind leider keine Seltenheit. Bleibt
nur zu hoffen, dass sich die Situation der Gefangenen in den staatlichen
Gefängnissen zum Positiven wendet und sie im Friedensprozess und den aktuellen
politischen und sozialen Kämpfen nicht vergessen werden.