Seit zwei Monaten hat die Regierung Kolumbiens in Person des Verteidigungsministers die Schaffung einer neuen militärischen Kommandostruktur mit 50.000 Truppen angeordnet, um militärische Operationen im Süden Kolumbiens durchführen zu können. Damit öffnete er die Tür zu neuen Misshandlungen und Menschenrechtsverletzungen durch die Militär-und Polizeieinheiten in Caquetá, Huila und Putumayo.
Besonders Caquetá ist eine Provinz, die
seit Jahrzehnten vom bewaffneten Konflikt betroffen ist. In den 1950er und 60er
Jahren flüchteten viele Kolumbianer aus den von der „Violencia“ (Bürgerkrieg
zwischen den beiden traditionellen Parteien) betroffenen Gebieten in diese
Region. Die Guerilla hatte hier früh eine soziale Basis und die ersten
Kampffeinheiten entstanden hier. Auch heute noch ist Caquetá in vielen Regionen
Gebiet der FARC-EP. Mit der Einrichtung einer neuen Kommandostruktur versuchen
nun Militär und Polizei, die Gebiete zurück zu erobern oder wie es der
Verteidigungsminister Juan Carlos Pinzón sagt: „Die Neutralisierung der sechs
wichtigsten Anführer des südlichen Blocks der FARC zu erreichen.“
Die enorme Militarisierung der Region führt
nicht nur unweigerlich zu Kämpfen zwischen den Gegnern, sondern vor allem zu
Beeinträchtigungen, Misshandlungen und Menschenrechtsverletzungen bei der
lokalen Bevölkerung. Permanente Kontrollen der Bürger, der Fahrzeuge und der
Häuser, gehören dazu, wie Bedrohungen, Ausgangssperren und Einschränkungen in
der Bewegungsfreiheit, Beschlagnahmungen von Medikamenten und Nahrungsmitteln,
aber auch Schläge, Vergewaltigungen und Tod. Nur zu gut erinnern sich die
Bewohner an Angriffe durch das Militär wie in Unión Peneya, als 40 Bauern auf
ihren Landwirtschaftsplantagen durch Mörsergranaten aus der nahen Militärbasis
beschossen wurden.
Die Streitkräfte begründeten ihre Aktion
damit, dass die Bauern „Terroristen der FARC“ seien, die versuchten, die
Militärbasis anzugreifen. Doch dies ist kein Einzelfall. In diesem Monat wurden
Ärzte aus Unión Peneya diffamiert, sie seien Unterstützer der Guerilla. Sie
hatten einen Bauern verarztet, der sich bei einem Motorradunfall verletzt
hatte. Generell werden Händler und einfache Bauern verdächtigt die Guerilla zu
unterstützen, nur weil sie Lebensmittel, Medikamente, Taschenlampen, Batterien
oder andere Dinge transportieren. Hierfür wurden schon Personen willkürlich
verhaftet und verurteilt. Dass dadurch das alltägliche Leben stark
eingeschränkt wird und die Bewohner der Zone ständige Angst vor Verurteilungen
und Misshandlungen haben, ist nur allzu klar.
Die Bewohner Caquetás erinnern sich auch
noch an die vergangenen Proteste im Zusammenhang mit dem nationalen
Agrarstreik. Caquetá war eine jener Regionen, in der sich sehr viele Menschen
den Protesten anschlossen. Sie versammelten sich in der Provinzhauptstadt
Florencia, um für ihre Rechte und gegen die Militarisierung zu demonstrieren.
Hier wurden sie massiv von den staatlichen Sicherheitskräften angegriffen, es
gab willkürliche Verhaftungen, viele Verletzte und Hunderte wurden über Stunden
in Kasernen eingesperrt. Den Widerstand konnten sie nicht brechen, statt dessen
verstärkte sich die Organisierung der Bevölkerung.
Am 16. November ereignete sich eine der
ersten Aktionen dieses neuen Kommandos. In dem kleinen Dorf Alto Arenosa in der
Gemeinde Montañita kämpften 450 Soldaten mit Unterstützung von 13 Hubschraubern
und 4 Flugzeugen gegen Guerilleros der 15. Kampffront der FARC-EP, die hier
politische und militärische Präsenz zeigen. Bei den Schusswechseln und Kämpfen,
die nicht länger als 15 Minuten dauerten, nutzten die Soldaten die Häuser und
Behausungen der Bauern als Schutzschilde. Der örtliche Gemeindepfarrer
beklagte, dass sich die Soldaten nicht mit Namen identifizierten, sie sich
offensiv verbal gegen die Bevölkerung äußerten, alle kontrolliert und ihre
Daten aufgenommen wurden. Diese Begegnung zwischen Militäreinheiten und lokaler
Bevölkerung sind leider keine Einzelfälle.
Als der Gemeindepfarrer Antonio Chilatra in einem Auto der Kirche in den nächstgelegenen Ort fahren wollte, um auf die Vorfälle aufmerksam zu machen, wurde er während der Fahrt von einem Hubschrauber der Armee beschossen. Er wurde genötigt anzuhalten und musste sich mehr als fünf Stunden einem Verhör unterziehen und durfte sich nicht fortbewegen. Ob seine Beschwerde bei der Diözese in Florencia und bei den Vereinten Nationen Erfolg haben wird, bleibt abzuwarten. Jedenfalls ist es ein Vorgeschmack auf das, was seit Jahren passiert und mit der Errichtung der neuen Kommandostruktur wohl noch häufiger passieren wird, die Kriminalisierung und Terrorisierung der Bevölkerung durch die staatlichen Sicherheitskräfte.