Im Folgenden wollen wir kurz zehn Lügen der
Desinformation in Kolumbien dar- und widerlegen, die von den Medien ständig
wiederholt werden.
Obwohl die Medien in einer Demokratie den Auftrag haben
sollen, die Menschen zu informieren, ist in Kolumbien bei den Massenmedien klar
erkennbar, dass sie eine ideologische Voreingenommenheit besitzen und ganz im
Stil ihrer Auftraggeber handeln, der kolumbianischen politischen und
wirtschaftlichen Oligarchie. Dabei ist es gerade während des Friedensprozesses
zwischen der aufständischen Bewegung FARC-EP und der kolumbianischen Regierung
notwendig, dass für eine Deeskalation, Wahrheit und Aufarbeitung gesorgt wird
und die Falschinformationen beendet werden.
Dabei ist nicht nur die kolumbianische Linke von der
Desinformation betroffen, die regelmäßig als Terroristen gebrandmarkt werden,
sondern auch Länder wie Venezuela, Ecuador oder Nicaragua, bzw. politische und
soziale Prozesse die sich gegen die herrschende neoliberale und kapitalistische
Ordnung richten, werden dämonisiert. Auch wenn alternative Medien, so auch
Kolumbieninfo, auf dem Vormarsch sind, gegen die Massenmedien und gegen die vom
Staat und Paramilitärs ausgeübte Gewalt ist ein Durchsetzen oftmals nicht
einfach.
Nun zu den zehn Lügen:
1. „Die FARC sind eine Drogen-Terrororganisation“
Ungenau. Die FARC sind eine politisch-militärische
Organisation. Terrorismus ist eine Methode, die von den Akteuren in einem Krieg
oder auch in einem Zustand des Friedens verwendet wird, um allgemeine Angst zu
schüren. In ähnlicher Methode wird sie von der kolumbianischen Regierung
verwendet und hier durch ihre staatlichen Sicherheitskräfte oder durch
paramilitärische Kräfte, finanziert und unterstützt von Politikern und Wirtschaftsbossen,
um Bevölkerungsschichten einzuschüchtern oder zu vertreiben. Die FARC-EP jedoch
will keinen Krieg gegen die Bevölkerung, auch wenn bei Kampfhandlungen die
Zivilbevölkerung oftmals die Leidtragenden sind. Es ist auch wahr, dass während
des Krieges die aufständische Bewegung über Steuern zum Anbau und Weiterverkauf
von Drogen finanziert wurde. Eine illegalisierte Organisation besitzt nun mal
keine legalen Finanzierungsmöglichkeiten. Der kolumbianische Staat hat jedoch
auch selbst vom Drogenhandel profitiert, wie die Verstrickungen von Politikern
und Militärs in diese Geschäfte zeigen. Zudem profitierte der von der Regierung
demobilisierte Drogenparamilitarismus stark von einer hohen Straflosigkeit,
obwohl die Gruppen bis heute aktiv sind.
2. „Die FARC greifen die Zivilbevölkerung an“
Eine unvollständige Wahrheit. In einem Krieg oder in
bewaffneten Konflikten wirken die verschiedenen Akteure gegeneinander und dabei
sind leider auch Personen oder Güter, die nicht zu einem der Akteure gehören,
betroffen. Wenn die FARC schwerwiegende „Fehler im Kampf“ eingestehen, sind es
die Medien die verschweigen, dass die kolumbianische Regierung stetig das
Gleiche ihrerseits tut und häufig vor dem Interamerikanischen Gerichtshof für
Menschenrechte zitiert wird. Während die FARC auf die Zivilbevölkerung
angewiesen sind und auch aus ihr heraus auftritt, ist für die Regierung in
vielen Regionen die Zivilbevölkerung wie ein Feind.
3. „Die FARC haben keine Ideologie“
Eine klare Lüge. Wenn die FARC keine politisch-militärische
Organisation wäre, mit klarer Struktur und einer politischen Ideologie, dann
würden sie nicht mit der Regierung an einem Verhandlungstisch sitzen. Während
bei der vermeintlichen Demobilisierung der Paramilitärs nur über die
gesetzlichen Grundlagen der Transition und Wiedereingliederung verhandelt
wurde, finden nun mit der aufständischen Bewegung neben der Übergangsjustiz
Gespräche und Verhandlungen zu Landpolitik, Rechte der Opfer von Konflikten,
politische Partizipation , Drogenpolitik, Waffenabgabe, Garantien usw. statt.
Dies zeigt klar den Unterschied zwischen kriminellen Drogenbanden und einer
Organisation, die seit jeher kommunistische Ziele verfolgt. Unzählige
politische Programme zeugen davon.
4. „Die FARC sind als bloße Drogenhändler geboren“
Falsch. Ganz im Gegenteil zu den Darstellungen der Medien
entstand die FARC in Marquetalia und anderen Regionen Kolumbiens als
Selbstschutzorganisation von kommunistischen Bauern, die in den 1950er und
1960er Jahren von der Regierung bekämpft wurden. Mitte der 1960er Jahre
schlossen sich die Bauernverbände zur FARC zusammen mit dem Ziel, eine
politisch-militärische Machtergreifung in Kolumbien zu erwirken.
5. „Kolumbien ist eine Demokratie und wenn die FARC
beitritt, wird die Demokratie angegriffen“
Lüge. In einem Krieg ist es unmöglich, ein Leben unter
der Idee der Demokratie zu führen. In Kolumbien gibt es einen bewaffneten
Konflikt schon seit mehr als 50 Jahren. Kolumbien hatte schon immer eine große
Maske der Demokratie, denn kritische Meinungen und alternativen Bewegungen
wurden regelrecht ausgerottet. Erinnert sei an den politischen Genozid an der
von der FARC mitgegründeten linken Partei Unión Patriótica, sowie die vielen
Linken, Bauern, Studenten und Gewerkschafter. Eine Demokratie besteht aus der
Partizipation verschiedener Strömungen und nicht aus dem ausschließenden
Moment.
6. „Das Problem der Landminen ist das der FARC“
Lüge. In einem Krieg nutzen alle Akteure verschiedene
Waffen und in einem schmutzigen Krieg, der nur selten direkt ausgetragen wird,
sind Minen auf beiden Seiten in Betrieb. Der kolumbianische Staat ist auch für
die Minenräumung verantwortlich, wie er beim Friedensprozess in Havanna
besprochen wird.
7. „Die FARC wird von einer illegalen zu einer legalen
Organisation“
Teilwahrheit. Alles hängt von den wirklichen Bestrebungen
in den Verhandlungen und der Politik ab, viel auch von den
Sicherheitsgarantien. Es ist auch wahr, dass viele Kongressabgeordnete,
Präsidenten, Minister, Generäle, Polizeibeamte, Gouverneure, Bürgermeister und
Geschäftstüchtige weiterhin illegal handeln werden, gedeckt durch ihre
ungerechten Gesetze, hinter denen sie sich sicher fühlen.
8. „Regierung und FARC unterzeichnen den Frieden“
Ungenau. Was die Parteien in Havanna unterzeichnen ist
eine Vereinbarung zwischen zwei Akteuren. Es wird nur eine Phase in einem
langen Prozess zu einem Frieden sein, der von vielen Faktoren abhängen wird,
nicht nur von der FARC und von der Regierung. Die Regel sieht folgende Linie
vor: Erforschung der Konfliktparteien, Annäherung, versöhnliche Gesten,
Verhandlungsagenda, Unterzeichnung, Umsetzung der Vereinbarungen, Auswertungen,
Überwachung und Kontrolle des Prozesses.
9. „Nach der Unterzeichnung wird der Konflikts in
Kolumbien zu Ende sein“
Ebenfalls ungenau. Mit dem aktuellen Friedensprozess,
aktuell in der Verhandlungsphase von Vereinbarungen, wird ein Ende des
bewaffneten Konfliktes gesucht. Allerdings wird der soziale Konflikte aufgrund
sozioökonomischen und kulturellen Strukturen, die bereits in den Institutionen
und in ungerechten Gesetzen verwurzelt sind, weiterhin Bestand haben. Daran
kann auch eine Unterschrift unter einer Entwaffnung nichts ändern. Die FARC
will die Stärkung der Zivilgesellschaft und Partizipation der Bevölkerung in
politischen, wirtschaftlichen und kulturellen Fragen. Es wird davon abhängen,
wie beispielsweise auch von die sozioökologischen Konflikte im Bereich der
Ausbeutung der natürlichen Ressourcen weitergehen.
10. „Der Frieden hängt von der Unterzeichnung eines
Abkommens in Havanna zwischen FARC und der Regierung ab“
Lüge. Die (Neo-)Paramilitärs, die staatlichen
Sicherheitskräfte und die Guerilla sind die größten Menschenrechtsverletzer
aber sie sind nicht alle diejenigen, die einen wirklichen Frieden mit sozialer
Gerechtigkeit machen und wollen. Die FARC will seit dem Beginn der
Verhandlungen die Teilhabe der Bevölkerungsschichten und verschiedenen sozialen
Bewegungen, die von ihnen repräsentiert werden. Es soll ein Verhandlungsprozess
sein, der nicht von oben nach unten, sondern von der Basis und von den Opfern
gemacht wird. Es gibt jedoch in der kolumbianischen Gesellschaft und Politik
auch Personen, die vom Kriegsgeschäft und den neoliberalen Machenschaften
profitieren. Doch solange die Regierung nicht versucht, diese Kräfte wie zum
Beispiel paramilitärische Gruppen zu eliminieren, aber auch die Jahrzehnte
alten Strukturen von Ungleichheit, Korruption, Patronage, politischer Ausgrenzung
zu ändern bzw. zu beseitigen, dann werden neue bewaffnete, jedoch zumindest
soziale Konflikte, zweifellos wiedererstehen.