Kolumbien ist in Lateinamerika der Prototyp zur Akkumulation von
Land und Kapital, bei gleichzeitiger Bekämpfung der Bewegungen, die
aktiven und passiven Widerstand gegen die Oligarchie und den
Kapitalismus leisten. So wurden über die Jahrzehnte verschiedene
Interventionsstrategien im Rahmen der Vernichtung von linken Bewegungen
durchgeführt.
Die politische Situation in Lateinamerika ist geprägt durch die
globale Situation auf der Erde. Als Teil dieser Erde beschleunigt sich
auch die kapitalistische Akkumulation durch größere Ausbeutung des
Menschen durch den Menschen, Ausbeutung der natürlichen Ressourcen und
Raubbau an der Natur, sowie durch Kriege, Konflikte oder
Auseinandersetzungen. Innerpolitische Zuspitzungen bzw. Konflikte und
Kriege werden geschürt, um über das Mittel der militärischen Repression
Druck gegen die vermeintlichen Gegner ausüben und gleichzeitig die
wirtschaftlichen Interessen im Land durchsetzen zu können. Eine
Intensivierung der Staatsterrorismus garantiert die kapitalistische
Akkumulation. Diese Macht des Todes von offiziellen Armeen und ihrer
jeweiligen paramilitärischen Werkzeuge ist spürbar in Ländern wie
Mexiko, Kolumbien, Peru, Honduras und Paraguay.
Der Krieg gegen die sozialen und politischen Bewegungen verläuft
oftmals unter dem Deckmantel des Anti-Drogenkrieges bzw. des
Anti-Terrorkrieges. Dies ist insoweit zynisch, da organisierte
Drogenkriminalität und staatliche Strukturen zusammenarbeiten. Sie sind
der nützliche Gehilfe, bei dem alle Verdienen und die Gegner vernichtet
werden können, ohne dass dies direkt auf die Oligarchie zurückfällt.
Probleme gibt es nur, wenn die Kommunikationsstrukturen und Hierarchien
auseinanderklaffen, so wie es in Kolumbien in den 1990er Jahren
passierte und derzeit auch in Mexiko geschehen könnte. Dabei erinnert
Mexiko an das repressive Muster, wie es in Kolumbien seit Jahrzehnten
umgesetzt wird: Aufstieg des Drogenhandels mit staatliche Duldung sowie
die Verwendung diesem bei der Förderung von mehr paramilitärischen
Gruppen, die darauf abzielen, die Vernichtung der Kommunisten und
anderer sozialer Aktivisten durchzuführen.
Die Anden-Amazonas-Region ist von großer Bedeutung für das
transnationale Kapital. Kolumbien ist ein Land, das für seine immensen
Ressourcen (Bergbau, Wasser, Biodiversität) und durch seine
geostrategische Lage (Anden-Amazonas, mit Zugang zu zwei Ozeanen mit 5
Nachbarländern) sehr begehrt ist. Es zählt auch nach Brasilien und
Mexiko zu den bevölkerungsreichsten auf dem lateinamerikanischen
Kontinent. Keine Frage, Kolumbien ist von großer Bedeutung für das
transnationale Kapital und so zählt es auch eine Geschichte, die geprägt
ist von Interventionen, Konflikten und Kriegen, die im Kontext der
Interessensvertretung des Kapitalismus stehen. Schon sehr früh
engagierten sich die US-Regierung und das Militär mit der
Aufstandsbekämpfungs-Lehre und den Techniken im Krieg gegen die
Zivilbevölkerung.
Die Aufstandsbekämpfung und die Einbindung von paramilitärischen
Kräften haben eine lange Tradition in Kolumbien. Schon in den 1950er und
1960er Jahren gab es operative Maßnahmen zur Vernichtung des „inneren“
Feindes, den Andersdenkenden und Kommunisten. Im Mai 1964 führte das
kolumbianische Militär unter Führung der USA eine Operation gegen
liberale und kommunistische bäuerliche Gemeinschaften im Süden von
Tolima durch. Dörfer wurden bombardiert, sowie die Bevölkerung
vertrieben und ausgehungert. Es war bis dahin die größte Operation in
der Aufstandsbekämpfung in Lateinamerika. Die Überlebenden durchbrachen
die militärische Belagerung und gründeten die Guerilla FARC. Es war die
Geburtsstunde einer der ältesten und aktivsten Guerillabewegungen in der
Welt.
Kolumbien ist eines der sozial ungleichen Länder, und das obwohl
es, gemessen an den Bodenschätzen und der Natur zu den reichsten gehört.
Im Land gibt es rund 20 Millionen arme Menschen und ca. 8 Millionen
Obdachlose und Vertriebene. Tausende Kinder sterben jährlich an Hunger,
trotz des immensen Reichtums des Landes. Um ein konkretes Beispiel zu
nennen: Derzeit leidet die indigene Wayúu-Gemeinschaft, besonders die
Jungen und Alten der Gemeinschaft an Hunger und Durst, sie sterben an
Krankheiten und Wassermangel. Die Vernichtung steht im Zusammenhang mit
der Kohleförderung in den Minen von La Guajira und Cesar, wobei
natürliches Flusswasser zur Förderung umgeleitet wird.
Es sind multinationale Unternehmen wie BHP Billiton, Glencore
Xstrata, Anglogold, Drummond, Gold Fields, OXY, BP, Repsol und andere,
die in Kolumbien Flüsse umleiten, Gewässer vergiften, Berge zerstören
und auf der anderen Seite Millionen in den Aufbau von paramilitärischen
Einheiten investieren, die dann Gewerkschafter und Kritiker töten. Auch
das Militär profitiert von den transnationalen Konzernen und sichert
nicht nur ihre Infrastruktur, sondern unternimmt auch militärische
Operationen gegen die Gemeinden. So sichert das 18. Bataillon der
kolumbianischen Armee die Erdölinfrastruktur von OXY. Maßnahmen gegen
die Zivilbevölkerung und Umweltzerstörung gehen ineinander über. Diese
Situation der Verarmung der Mehrheit zugunsten einer Handvoll der
Oligarchie und die Konzentration von Land in den Händen weniger ist
ebenso systematischer Staatsterrorismus und der Ursprung des sozialen
und bewaffneten Konflikts in Kolumbien. Die FARC ist aus der repressiven
und sozial ungleichen Politik heraus entstanden.
Über den Staatsterrorismus werden derzeit jedoch wenige Worte
verloren. Ebenso werden wenige Worte über die Ursachen und Bedingungen
des bewaffneten Konfliktes verloren. Zwar gibt es Friedensverhandlungen
zwischen der FARC und der kolumbianischen Regierung, doch der Konflikt
und die Ursachen des Konfliktes sind damit noch lange nicht vorbei.
Während die FARC im Zuge der Friedensverhandlungen mehrfach durch
einseitig ausgerufene Waffenstillstände die Bereitschaft zu einer
politischen Lösung demonstriert hat, setzt die Regierung weiterhin auf
Aufstandsbekämpfung und Krieg. Der Kapitalismus an sich lebt vom Krieg
und in Kolumbien profitieren viele an ihm. Und letztendlich will die
kolumbianische Oligarchie und die transnationalen Konzerne keine Teilung
der Macht und ihrer Profite.
Während einiger Monate versuchten beide Parteien, Guerilla und
Regierung, den Konflikt zu deeskalieren. Die FARC verabschiedete eine
unbefristete Waffenruhe und die Regierung veranlasste die Einstellung
von Bombardierungen auf Lager der FARC, obgleich weiterhin militärische
Operationen von Seiten der staatlichen Sicherheitskräfte stattfanden.
Doch nach einem Verteidigungsangriff der FARC auf in ihrem Hinterland
operierende Soldaten, bei dem 11 Militärs starben, sowie darauf
folgenden Bombenangriffen auf Lager der FARC, ist die Ruhe vorbei. Nun
fordern auch die Garantenländer des Friedensprozesses wie Kuba und
Norwegen beide Seiten auf, nach einer beidseitigen Waffenruhe zu suchen.
FARC-Kommandant Iván Márquez sagte unterdessen, dass die FARC
denjenigen keinen Raum geben wollen, die mit ihrer Stimme das Scheitern
der Friedensgespräche vorhersagen. Er sagte, dass er es vorzog, von
Optimismus zu sprechen und das es notwendig ist, an dem Prozess
festzuhalten, um einen Friedensabkommen zu unterzeichnen. Er beruft sich
damit auf die Stimmen und Medien, die permanent Unruhe stiften und
mittels Meinungsmache den Friedensprozess torpedieren wollen. Dafür ist
es nicht nötig, weiter unnötige Hindernisse für dieses noble Ziel des
Friedens mit sozialer Gerechtigkeit zu verursachen. Es ist wichtig, den
Paramilitarismus zu zerschlagen, so der Guerillakommandant. Doch genauso
wichtig ist es, notwendige Reformen einzuleiten, die Gesellschaft
grundlegend umzustrukturieren und politische und wirtschaftliche
Teilhabe für Alle zu garantieren. Nur ein Frieden mit sozialer
Gerechtigkeit kann ein dauerhafter Frieden sein.