Die Landbevölkerung in Kolumbien ist diejenige, die am
meisten betroffen ist von der Ausbeutung der natürlichen Ressourcen, die durch
die transnationalen Konzerne und die kolumbianische Oligarchie vollzogen und
durch das Militär geschützt wird. Die negativen ökologischen, sozialen und
politischen Auswirkungen veranlassen die Landbevölkerung zum Widerstand. So
auch in Arauca, einer im Nordosten Kolumbiens gelegenen Region.
Arauca ist eine Region im Nordosten Kolumbiens, die an
Venezuela grenzt. Vor allem feuchte Savannen prägen die Landschaft, die mit der
gleichnamigen Hauptstadt etwas so groß ist wie das Bundesland
Mecklenburg-Vorpommern. Nur sehr dünn besiedelt sind die wichtigsten
Wirtschaftszweige der Anbau von Landwirtschaftsprodukten, die Rinderzucht und
mit größtem Abstand die Förderung von Erdöl. So kommen rund 30 Prozent des in
Kolumbien geförderten Erdöls aus Arauca. Um Caño Limón, im Bezirk Arauquita,
finden sich die größten Förderstätten, die erst in den 1980er Jahren
erschlossen wurden und derzeit unter anderem von Ecopetrol ausgebeutet werden.
Einschnitte in die Natur, die Ankunft von aus anderen
Provinzen kommenden Arbeitern einhergehend mit sozialen Problemen wie
Kriminalität und Prostitution, die Vertreibung von Bauern und die fehlenden
Investitionen aus den Gewinnen führten zu Protesten und Widerstand der lokalen
Bevölkerung. Aufständische Bewegungen wie FARC-EP und ELN führten ihren Kampf
gegen die Infrastruktur und die Erdölindustrie. Die staatlichen
Sicherheitskräfte wiederum setzen alles daran, die wirtschaftlichen Interessen
der Oligarchie durchzusetzen und militarisierten weite Landstriche der Region,
was Tod, Bedrohung und Vertreibung zur Folge hat.
In der Öffentlichkeit wird die Bekämpfung der
aufständischen Bewegung in Arauca als zielführende Maßnahme dargelegt. Es ist
jedoch eine perfekte Ausrede, um die Ausbeutung der natürlichen Ressourcen zu
intensivieren und die wirtschaftlichen Interessen einiger Konzerne
durchzudrücken. Die Expansion führt zu zahlreichen Vertreibungen und Konflikten
mit der indigenen Bevölkerung und der Landbevölkerung. Sie treibt sie weiter in
die Armut, wenn die ökologischen Ressourcen, wenn ihre Lebensgrundlage,
zerstörten werden. Die soziale Ungleichheit wird größer und die Gewinne der
Erdölförderung fließen nicht etwa in lokale Projekte, sondern in die Taschen
der Oligarchie sowie in den Militärhandel, um die Militarisierung und den Krieg
weiter voranzutreiben.
Es ist diese Paradoxie, einerseits verhandelt die
Regierung mit der aufständischen Bewegung FARC-EP, sie spricht über Frieden und
eine Beendigung des Konfliktes, andererseits jedoch werden die Ursachen des
Konfliktes, die Armut, die Ausbeutung der natürlichen Ressourcen, die
Landverteilung und -vertreibung fortgeführt, sowie die ländliche Bevölkerung
mit der Militarisierung drangsaliert. So ist es wieder die Landbevölkerung, die
am stärksten vom Konflikt betroffen und die den Angriffen des repressiven
Systems ausgesetzt ist. Demokratische Prozesse sucht man in Arauca vergebens,
stattdessen eine Domäne der transnationalen Konzerne und ihrer staatlichen
Helfershelfer.
In Arauca ist von der aufständischen Bewegung FARC-EP der
östliche Militärblock präsent. Die politisch-militärische Arbeit wird über
verschiedene Fronten und ihrer Unterstrukturen durchgeführt. So sind die 10.
Front und die 45. Front in Arauca aktiv, dazu kommen die beiden Mobilen
Kolonnen „Julio Mario Tavera“ und „Reinel Méndez“. Seit einigen Jahren arbeiten
sie auch mit dem ELN zusammen, die sich ebenfalls dem Kampf der Erdölindustrie
widmen.
Dabei war Arauca kein angestammtes Gebiet der FARC-EP.
Erst Ende der 1970er Jahre erreichten erste Kommandos als Auftrag aus der
Sechsten Konferenz (1978) heraus das Departement und schufen die 10. Front,
zuerst um Fortul und Tunebia herum. Als Prozess des Wachsens entstand aus der
10. Front schließlich die 45. Front. Wieder aus einem Prozess der Verdoppelung
heraus entstanden Mitte der 1990er Jahre aus der 10. Front die Kolonne Alfonso
Castellanos und die Kompanie Reinel Méndez. Während die 45. Front ihr Aktionsgebiet
in Richtung des Departements Boyacá verlagerte, blieben die mobilen Kolonnen in
dem etwas schwierigeren Terrain der Gemeinden Cravo Norte, Puerto Rondón und in
der Hauptstadt Arauca.
Die FARC-EP besitzen seit der ersten Organisation der
politisch-militärischen Arbeit eine politische Strategie der Massenarbeit mit
dem Fokus auf die ländliche Bevölkerung und der politischen und sozialen Arbeit
mit öffentlichen Geldern, die sonst im korrupten Sumpf der Landeigentümer und
Politiker verschwunden wären. Somit schufen sie sich ihre soziale Basis durch
Investitionen und Unterstützung, wie es heute unter anderem aus den erkämpften
Steuern der Erdölindustrie passiert. Wie die Basis der Oligarchie schrumpfte,
konnte man an den Ergebnissen der Wahlen in den 1980er Jahren sehen. Während
die beiden traditionellen Parteien an Stimmen verloren erreichte die Unión
Patriótica, Sammlungsbewegung mit Unterstützung der Guerilla, Höchstwerte.
Heute sind die soziale Basis der FARC-EP die Bauern und
Arbeiter in der Erdölindustrie, die kaum eine Überlebenschance haben, als eine
Arbeit bei den transnationalen Konzernen anzunehmen. Mit der Erdölgewerkschaft
und den sozialen und politischen Organisationen der Bauern und Indigenen wird
das Feld der politischen Arbeit erweitert. Heute hofft man, zeitnah den
bewaffneten Konflikt beenden zu können und politisch als auch wirtschaftlich
teilhaben zu können. Doch dafür bedarf es weiterer Widerstände, Streiks und
Kämpfe gegen das kapitalistische und repressive System.