Jesús
Santrich, einer der Delegierten der Verhandlungskommission der FARC-EP in Kuba
berichtet ausführlich über die unmenschliche und extreme Situation der
politischen und sozialen Gefangenen in den kolumbianischen Gefängnissen. Er
sagt dazu: „Die kolumbianischen Gefängnisse sind menschliche Mülldeponien.“ Folter,
medizinische Unterversorgung, Verstümmelungen und Überbelegung ist Teil der
systematischen Verletzungen der Menschenrechte, klagte er in einem Interview
an.
Gegenüber
Journalisten klagt Jesús Santrich die unmenschliche Situation der politischen
Gefangenen in Kolumbien und die Zensur durch die Medien an. Nur selten
berichten die Medien über die Zustände in den Gefängnissen Kolumbiens. Es gibt
keine sozialen Dienstleistungen und nur ungenügende Versorgung mit allen zum
Leben notwendigen Dingen, keinen regelmäßigen Zugang zu Trinkwasser, eine
schlechte Qualität des Essens und verdorbene Lebensmittel, viele Krankheiten,
kaum ärztliche Versorgung und somit einen schleichenden Tod auf Raten, es gibt
Folter und Bedrohungen durch das Personal und Überbelegung und fehlender
privater Rückzugsraum führen zu psychologischen Schäden. Zudem stehen die
Gefängnisse teilweise unter Kontrolle von Mafiagruppen, die mit dem staatlichen
Sicherheitspersonal (Inpec) zusammenarbeiten. Die Inhaftierten müssen oftmals
jahrelang in den Gefängnissen ausharren, bevor der Prozess beginnt. Die
Prozesse selbst sind jedoch häufig eine Farce und werden willkürlich und ohne
Zugang zu anwaltlichen Beistand durchgeführt.
Die
Gefängnisse sind dabei ein Spiegelbild der kolumbianischen Politik, die durch
Repression und eine Politik auffällt, die sich nicht an den Bedürfnissen der
einfachen Leute und Mehrheit des Landes orientiert, sondern an die Interessen
der Oligarchie und transnationalen Konzerne. Die Situation in den Gefängnissen
verdeutlicht die soziale und politische Misere des ganzen Landes. So ist es
nicht verwunderlich, dass unter den Tausenden politischen Gefangenen viele aus
den Gewerkschaften, den sozialen Bewegungen und Bauernverbänden kommen. Neben
den politischen Gefangenen und Kriegsgefangenen der Guerilla bilden diese den
größten Anteil. Schätzungen gehen von mindestens 7500 und bis zu 9500
politischen Gefangenen und Kriegsgefangenen aus, einen der höchsten Anteile in
der Welt. In diesem Jahr wird wohl eine Zahl von insgesamt 130.000 Inhaftierten
in den kolumbianischen Gefängnissen erreicht werden.
Der
Willkürlichkeit der Festnahmen und Gerichtsprozesse sind dabei keine Grenzen
gesetzt. Unter dem Ex-Präsident Uribe manifestierte sich eine Politik der
Repression, Gefangennahme und Verurteilung von politisch und sozial engagierten
Menschen, Kritikern und Gewerkschaftern. Die politische und soziale Opposition
sollte durch diese Maßnahmen eingeschüchtert und zerstört werden. Es begann ein
Krieg ohne Waffen, in dem sich das oligarchische System ihrer halblegalen
Mittel bediente. Die Zahl der Gefangenen stieg enorm und neue Gefängnisse
wurden gebaut. Diese Repression drückt sich auch in aktuellen Zahlen aus. So
gehen offizielle Statistiken von einer Überbelegung von 33 Prozent aus, das
heißt, dass die Zahl der überbelegten Inhaftierten bei 43.000 liegt.
Doch nicht
nur die Gefangenen selbst sind den unmenschlichen Bedingungen und Menschenrechtsverletzungen
ausgesetzt. Auch die Familien und Freundeskreise der Gefangenen werden
systematisch bedroht und unter Druck gesetzt. Besonders Angehörige und Familien
von oppositionellen Kräften und der aufständischen Bewegung FARC-EP gehören zu
den Opfern. Staatliche Sicherheitskräfte in Zusammenarbeit mit
paramilitärischen Gruppen schüchtern die Familien und Angehörigen ein, Besuche
werden nicht erlaubt, sie werden in der Öffentlichkeit als Guerilleros
denunziert und im schlimmsten Fall umgebracht. Die Art der Repression im und
außerhalb des Gefängnisses ist ein Mechanismus der sozialen Kontrolle des
Staates seinen Feinden gegenüber.
Für die
FARC-EP ist das Thema der politischen Gefangenen stetig präsent. Mehr als 1000
Guerilleros aus der politisch-militärischen Organisation sind inhaftiert. Immer
wieder, wie aktuell durch Jesús Santrich, wird versucht, das Thema in die
Öffentlichkeit zu tragen. In seinem Aufruf appelliert er an die kolumbianische
Regierung und die Vereinigten Staaten, die menschlichen Werte der Gesellschaft
zu respektieren. Santrich erinnert daran, dass an den Verhandlungen weiterhin
der Kommandant Simón Trinidad fehlt, der in einem Gefängnis in den USA
einsitzt. Bereits Ende des vergangenen Jahres gab es einen Bericht einer
Kommission von Menschenrechtsgruppen und Kongressabgeordneten, die sich mit den
Haftbedingungen der politischen Gefangenen und Kriegsgefangenen der FARC-EP
auseinandersetzte. Daraufhin wurde zwar bekannt, dass es regelmäßige Treffen
zwischen der Kommission und dem kolumbianischen Ministerium für Justiz geben
werde, weitere Schritte wurden jedoch nicht genannt.