Die EU soll die Waffenlieferungen beenden!
FARC-Sprecher zum Stand der Gespräche in Havanna
In einem Exklusivinterview für Europa hat der Pressechef der
Friedensdelegation der FARC-EP in Havanna, Kommandant Andrés París,
knapp erklärt, wie es um die Dialoge mit der Regierung steht und einige
Aspekte angerissen, die für eine spätere Mitwirkung der Europäischen
Union von Bedeutung sind.
Die Fragen stellten für „Tercera Información“ (Spanien) Eliécer Jiménez und José Antonio Gutiérrez. Übers.: G.P.
F: Können Sie für einen mittelmäßig am Konflikt, dem Dialog und dem
Frieden in unserem Land interessierten Europäer zusammenfassen, wie
dieser Prozess bislang verlief und wie weit man zu einem
Friedensabkommen für Kolumbien gekommen ist?
Andrés París: Wenn wir mit anderen Erfahrungen vergleichen, dann ist
Havanna gut vorangekommen. Beim ersten Punkt, der Landfrage, haben wir
einige strategische Aspekte auf später verschoben und sind nun beim
zweiten Punkt der politischen Teilhabe, die wir von unserer
„strukturellen politischen Reform“ her angehen, bei der es um mehr
Demokratie und Garantien geht, angefangen beim Recht auf Leben. Es gibt
einen medialen Druck von Regierungsstrategen um die Guerilla sozusagen
mit der „Zeitpeitsche“ zu bestrafen. Aber was da verheimlicht wird, sind
die Wahlinteressen der politischen Kräfte des Staates, der Regierung
selbst. Die größte Schwierigkeit für eine Vereinbarung liegt nicht in
der Geschwindigkeit des Friedensprozesses, sondern in der Konzeption zu
glauben, dass man zum Frieden kommen kann ohne etwas im Land zu
verändern und anzunehmen, dass eine revolutionäre Guerilla vor einem
Verfassungsfetisch aufgebe. Es muss tiefgehende Reformen in Wirtschaft,
Politik und Gesellschaft geben.
F: Sind Sie zufrieden mit der Unterstützung der Europäischen Union für
die Dialoge und worin sie besteht – oder sehen Sie sie eher als
halbherzig an?
Andrés París: Nun, Europa und einige seiner Länder haben den
Friedensprozess unterstützt, und das ist positiv. Nun muss es darum
gehen die FARC von der Liste der Terrororganisationen zu nehmen und
aufzuhören der kolumbianischen Regierung Waffen zu verkaufen.
F: Wenn es um eine Verstärkung der Vermittlung geht und um Unterstützung
anderer europäischer Regierungen um die Dialoge zu stabilisieren –
haben Sie dabei an die Teilnahme von Staaten wie der Schweiz, Irland
oder auch Schweden gedacht?
Andrés París: Die Vereinbarung ist offen dafür, dass später andere
Länder teilnehmen können, und wir haben vorgeschlagen eine Art
„Freundesgruppe des Prozesses“ zu schaffen.
F: Die irische Regierung hat mehrfach gesagt, dass sie mitmachen und
ihre Erfahrung bei der Schaffung eines Friedensabkommens beitragen will,
das dort den Krieg beendete. Wie sehr interessiert dieser Vorschlag und
wie tauglich ist die irische Erfahrung, auf dass Sie ihr positive
Aspekte abgewinnen könnten?
Andrés París: Wir haben mit irischen Delegationen gesprochen, die aus
beiden Seiten bestanden. Und wir haben darum gebeten, dass sie mit der
kolumbianischen Regierung sprechen, damit diese versteht, dass der
Frieden Änderungen und Reformen beinhaltet. Das ist normal in allen
Friedensprozessen. Die Regierung aber will einen Express- und
Gratisfrieden.
Kolumbien und seine Regierenden sind im neunzehnten Jahrhundert, was die
Agrarfrage angeht, wobei eine Agrarreform in Irland vor zweihundert
Jahren gemacht wurde. Das ist der Unterschied zwischen beiden Prozessen:
einer endete erfolgreich in Irland, und der andere in Kolumbien öffnet
für unser Land hoffentlich die Türen des zwanzigsten Jahrhunderts. Um es
an das einundzwanzigste Jahrhundert anzupassen, gehören wir
Revolutionäre in eine neue Regierung, die in der nächsten Wahldebatte
aus einem Linksbündnis entsteht.
Originalinterview