Seit dem Bestehen der FARC-EP gibt es Bestrebungen, ihre
Kämpfer und Kämpferinnen politisch und militärisch zu schulen. Schon frühzeitig
wurden diese Bestrebungen umgesetzt, doch erst seit den 1980er Jahren
entstanden im ganzen Land Ausbildungszentren, in denen professionelle
Schulungen und Kurse abgehalten wurden.
Auch wenn in Zeiten der Militarisierung des Landes und der
zunehmenden Operationen von staatlichen Sicherheitskräften sowie angesichts der
technologischen Überlegenheit der Waffensysteme des Staates die Guerilla mehr
um ihre Sicherheit fürchten muss, als noch vor 20 Jahren, so spielt die Bildung
und Ausbildung von Bevölkerung und Guerilleros weiterhin eine große Rolle.
Viele der Schulen und Ausbildungszentren befinden sich nicht mehr in den großen
Camps der FARC-EP, sondern werden mehr oder weniger geheim und gut versteckt in
den ländlichen Regionen des Landes betrieben, in denen die Guerilla eine große
soziale Basis hat und sie unter der Bevölkerung solidarische und gleichgesinnte
Leute findet. So gibt es weiterhin Unterricht und Alphabetisierungskampagnen für
die Landbevölkerung, aber auch Basis- und Spezialkurse für Guerilleros der
FARC-EP.
Dass die Bildung und Ausbildung im alltäglichen Leben eines Guerilleros groß
geschrieben wird, zeigt nicht nur die täglich durchgeführte kulturelle Stunde
am Abend eines jeden Tages, sondern die weitreichende Auseinandersetzung mit
politischen, sozialen und kulturellen Themen in der Ausbildung. Aktuell werden
besonders im Rahmen der Friedensgespräche die Vorschläge von der
Friedensdelegation der FARC-EP und der Regierung erörtert, diskutiert und
gegeben falls ergänzt. Im Zuge dessen wurde auch die politische Arbeit mit der
Bevölkerung erhöht. In mehr oder wenigen offenen und großen Versammlungen
werden in den Dörfern die verschiedenen Meinungen und Vorschläge ausgetauscht,
sowie die Bevölkerung über den aktuellen Stand informiert. Leider ist es in
Kolumbien so, dass die Massenmedien recht einseitig und regierungsnah über die
Ereignisse während der Friedensverhandlungen berichten.
Organisationen, die sich mit dem bewaffneten Konflikt in
Kolumbien beschäftigen, gehen in der Vergangenheit von mindestens neun großen bekannten
Ausbildungszentren in Kolumbien aus. Die meisten Zentren entstanden in den
1980er Jahren, als die Guerilla schnell wuchs und die Ausbildung ein wichtiger
Bestandteil innerhalb der Guerilla wurde. Besonders in den historischen
Einzugsgebieten der FARC-EP, wie in Zentralkolumbien, im Osten des Landes oder
im Magdalena Medio waren diese angesiedelt. Die meisten befanden sich in den
Schlüsselregionen von La Macarena (Meta) und in San Vicente del Caguán
(Caquetá). Auch heute noch werden Ausbildungszentren von der FARC-EP am
Leben erhalten, denn die Ausbildung und Schulung spielt weiterhin eine wichtige
Rolle im Leben der Guerilla.
Die Kurse der Guerilla sind höchst unterschiedlich. Es gibt
Kurse für Sprachen, Geschichte und Kultur, also Kurse, die sich mit der
Allgemeinbildung beschäftigen. Ein Teil der Guerilleros kommt aus ärmlichen
Verhältnissen vom Land, wo die Bildung keine Rolle gespielt und der Staat keine
Investitionen in das Bildungssystem unternommen hat. Auf der anderen Seite
werden Kurse und Schulungen speziell für das Leben in der Guerilla angeboten.
Diese haben meist einen politischen und militärischen Charakter. Es wird
taktisches Verhalten gelehrt, der Umgang und die Herstellung von Waffen bzw.
Waffensystemen geübt und es gibt Kurse zur Aufklärung. Des Weiteren werden
Schulungen zur politischen Ideologie des Sozialismus, zum Bolivarismus, zum
Rechtswesen und zur politischen Arbeit mit der Bevölkerung abgehalten.
Hinzu kommen Spezialkurse für Guerrileros, die sich in einem
bestimmten Fachgebiet verorten bzw. verorten wollen. Dazu zählen Personen, die
in den Sanitätsbrigaden tätig sind und vorrangig auf dem Land unterwegs sind,
um die Bevölkerung medizinisch zu versorgen und Präventionsmaßnahmen zu
leisten. Auch im kulturellen Bereich gibt es Ausbildungsangebote. Mittels von
Liedern oder Theaterstücken können leicht politische Inhalte transportiert und
der Kontakt zur Bevölkerung gehalten werden. Alle Kurse und Schulungen haben
gemein, dass die Ideen und Schlussfolgerungen der Guerillakonferenzen und des
Sekretariats des Zentralen Generalstabs diskutiert werden und politische Themen
aus Kolumbien und der ganzen Welt in die Diskussionsrunden miteinbezogen
werden. Je nach Themengebiet können die Kurse von einem bis zu acht Monate
dauern.
Die Schule „Isaías Pardo“ wurde im Juni 1984 gegründet und
befand sich an der Grenze der Region La Macarena (Meta) zur Region Cartagena
del Chaira (Caquetá). Diese Schule nutzte man hauptsächlich zur Ausbildung von
Führungspersonen und Kommandierenden der militärischen Einheiten im östlichen
und südlichen Militärblock. „Isaías Pardo II“ war eine weitere Schule selben
Namens, war aber in der Region von San Vicente del Caguán (Caquetá) und wurde
während der späten 1990er Jahre erbaut. Sie diente der politischen und
militärischen Schulung von Guerilleros. Mehrere Hundert Personen durchliefen
die Angebote des Bildungszentrums. Im April 2012 wurde die Schule und
Teilnehmende höheren Ranges eines gerade stattfindenden Kurses durch einen
Militärangriff getötet.
Ebenfalls im Jahr 1984 wurde
das Ausbildungszentrum „Hernando González Acosta“ durch die Oberkommandierenden
der Guerilla gegründet. Die Schule befand sich in La Macarena (Meta) an der
Grenze zur Region San José del Guaviare. Aufgrund der Lage wurden hauptsächlich
Guerilleros aus dem südlichen und östlichen Militärblock geschult. Auch in
diesem Ausbildungszentrum, das man für politische und militärische Schulungen
nutzte, durchliefen sowohl Kader als auch Guerilleros. Die Schule „Hernán
Murillo Toro“ hingegen befand sich in der Region Tolima (Zentralkolumbien),
entstand 1997 und hatte mehrere Ausbildungsstätten auf verschiedene Dörfer
verteilt. Sie war Bestandteil des zentralen Militärblocks der FARC-EP. In ihr
fand ein sechsmonatiger Basiskurs für Guerilleros, aber auch Sport-, Erste
Hilfe- und Kartografiekurse statt. Für erfahrene Guerilleros gab es
Spezialausbildungen für Kämpfe in den Bergen und im offenen Gelände. Hinzu
kamen Kurse zur Spionage, politischen Massenarbeit und Rekrutierung zukünftiger
Kämpfer, die ebenfalls sechs Monate dauerten. 2005 wurden einige
Ausbildungscamps durch das Militär zerstört.
Weitere wichtige Schulen befanden sich im Norden Kolumbiens, die unter der
Kontrolle des Blocks Magdalena Medio standen. Ein weit verzweigtes Netz von
Zentren befand sich unter anderem in den Regionen Antioquia, Bolívar, Norte de
Santander und Santander. Viele der Schulen hatten Namen, die sich auf die
indigene und kolumbianische Kultur beriefen. So hieß zum Beispiel eine Schule
in Antioquia „Cacique Pipatón“, nach einem lokalen Anführer der Indígenas. Auch
in den Montes de María oder in Catatumbo, beides historische
Widerstandsregionen der Guerilla, errichtete die aufständische Bewegung
Ausbildungszentren. Die meisten Schulen dienten politischen und militärischen
Basiskursen, die zwischen einem und vier Monaten dauerten. Bekannt war ein
Ausbildungszentrum in La Esperanza (Norte de Santander), in welchem Kurse zu
Funk- und Radiotechnik angeboten wurden.