26 Dezember 2011

Neues über Freilassung von Kriegsgefanenen und Julián Conrado

Freiheit für 6 Kriegsgefangene
Die Führungsperson der sechsten Front der FARC-EP, Miguel Pascuas , auch unter den Namen „El sargento“ oder „El cucho“ bekannt, gab in einer Botschaft an den kolumbianischen Präsidenten Juan Manuel Santos bekannt, nun sei die Zeit reif zum verhandeln, denn Frieden sei möglich. Zugleich warnte er aber vor bösen Spielen der Regierung. So wurden in der Vergangenheit immer wieder Personen umgebracht, nachdem sie ihre Waffen niedergelegt hatten. In der Botschaft, die an Radio Caracol geschickt wurde, erklärte Pascuas, dass die FARC-EP den Frieden zum Wohle aller Kolumbianer zustimmen.

Miguel Pascuas übernahm seit 1979 die Führung der sechsten Front der FARC-EP und ist ein Gründungsmitglied der größten Guerilla-Gruppe in Lateinamerika. Mit der Entscheidung, sechs Kriegsgefangene der kolumbianischen Sicherheitsbehörden einseitig freizulassen wird nun der Regierung eine Entscheidung zuteil. Mitte Januar wird mit einer Bekanntmachung der Regierung zu diesem Thema und der Möglichkeit eines Dialoges gerechnet.


Keine Auslieferung von Julián Conrado
Bekannt wurde auch, dass sich die venezolanischen Behörden gegen eine Auslieferung des kolumbianischen Guerilleros und Künstlers Julián Conrado von Venezuela nach Kolumbien aussprechen. Damit hat Conrado, dessen Gesundheitszustand weiterhin sehr fraglich ist, gute Chancen, politisches Asyl beantragen zu können. Die zuständige Generalstaatsanwältin sagte, man werde keine Personen in Länder ausliefern, in denen ihnen die Todesstrafe droht. Sie reagierte damit auf einen Auslieferungsgesuch der USA und die Gefahr des Lebens für politische Gefangene in Kolumbien.

22 Dezember 2011

Eine revolutionäre Perspektive!?

Im folgenden Artikel sollen Fragen zu einer revolutionären Perspektive in Kolumbien aufgestellt werden. Der Artikel soll aber keine Fragen beantworten, sondern bestenfalls zur Diskussion anregen.


„Der kommerzielle Teil der Bourgeoisie wirft sich der Konterrevolution  in die Arme aus Furcht vor der Revolution. Als wenn die Konterrevolution etwas anderes als die Ouvertüre zur Revolution wäre.“
Karl Marx, Neue Rheinische Zeitung, 22.01.1849

Die letzten Jahrhunderte in Kolumbien sind geprägt von politischer Unterdrückung und Repression gegen politisch kritische Personen und revolutionäre Bewegungen. Und das, obwohl Kolumbien in den Medien als scheinbar standhafte Demokratie in Lateinamerika gilt und in dem es aus geschichtlicher Perspektive nur wenige Militärdiktaturen gab. Bisher konnte es in Kolumbien jedoch nicht geschaffen werden, einen politischen und sozioökonomischen Wandel zu erreichen. Die Oligarchie sitzt fest im Sattel und es scheint fast so, als wenn es in Kolumbien nicht möglich wäre, eine breite Basis für die Beendigung dieses Zustandes zu schaffen. Dabei kam es in Lateinamerika immer wieder zu revolutionären Veränderungen, sowohl politisch-militärisch wie in Mexiko, Kuba, Bolivien oder Nicaragua, als auch durch Wahlen wie die letzten Jahre in Venezuela, Bolivien oder Ekuador zu sehen ist. Wie schlecht muss es Menschen gehen, wie stark muss die Unterdrückung einer Elite oder wie stark muss eine revolutionäre Bewegung sein, um einen Wandel zu forcieren?

Revolution vs. Konterrevolution!?
Bei der Suche nach einer Antwort kann die Anwendung der historischen Erfahrungen helfen, die von Marx und Engels schon 1849 formuliert wurden und die sich seitdem mehrfach bestätigt haben. Sie besagen, dass „in der bisherigen Geschichte die Konterrevolution immer nur zu einer viel gründlicheren, blutigeren Revolution geführt“ hat (Karl Marx, Neue Rheinische Zeitung, 11.02.1849). Marx sah in einem weiteren Zusammenhang den Sieg konterrevolutionärer Kräfte nur als vorübergehend, als eine bloße Phase im Revolutionsprozess an: „Die einzige `Errungenschaft´, die uns geblieben ist…, das Resultat der europäischen Revolution von 1848 – ist die allgemeinste, entschiedenste, blutigste, gewaltsamste Konterrevolution, die aber selbst nur eine Phase der europäischen Revolution und daher nur die Erzeugerin eines neuen, allgemeinen und siegreichen revolutionären Gegenschlages ist“ (ebd., 28.01.1849). Noch später, 1850, schätzte er in der Arbeit „Die Klassenkämpfe in Frankreich 1848 bis 1850“ ein, dass sich der revolutionäre Fortschritt gerade in der Niederlage Bahn gebrochen habe durch die „Erzeugung einer geschlossenen, mächtigen Konterrevolution, in der Erzeugung eines Gegners, durch dessen Bekämpfung erst die Umsturzpartei zu einer wirklichen revolutionären Partei heranreifte“.
Friedrich Engels kam 1851 in seiner Schrift „Revolution und Konterrevolution in Deutschland“ auf die Dialektik dieser Beziehung zurück: „Alle Welt weiß heutzutage, dass jeder revolutionären Erschütterung ein gesellschaftliches Bedürfnis zugrunde liegen muss, dessen Befriedigung durch überlebte Einrichtungen verhindert wird. Das Bedürfnis mag noch nicht so dringend, so allgemein empfunden werden, um einen unmittelbaren Erfolg zu sichern; aber jeder Versuch einer gewaltsamen Unterdrückung wird es nur immer stärker hervortreten lassen, bis es seine Fesseln zerbricht.“ Hinsichtlich der Dauer solcher Prozesse erinnerte Engels auch daran, dass zwischen dem Beginn  des revolutionären Kampfes der Bourgeoisie und ihrem endlichen Sieg in England achtundvierzig, Frankreich vierzig „Jahre beispielloser Kämpfe“ lagen. Fügt man die zwölf Jahre zumindest zwischen 1905 und 1917 hinzu, die das russische Proletariat brauchte, um seine Revolution zum Siege zu führen, erhält man einen Begriff davon, dass historische Umwälzungen sich auch nur in historischen Zeiträumen und nur im entschiedensten Widerstreit von Revolution und Konterevolution durchsetzen.
Lateinamerika bzw. Kolumbien, von dem hier die Rede ist, kennt in seiner Geschichte viele solcher Perioden revolutionärer Anläufe, gefolgt von konterrevolutionären Restaurationsphasen und erneuten revolutionären Gegenschlägen oder Transitionsphasen. Die besondere Kompliziertheit und Langwierigkeit in der Entfaltung der Dialektik der Revolution und Konterrevolution der um 1810 bis 1820 erreichten Unabhängigkeit erklärt sich vor allem daraus, dass sich hier die Aufgaben sowohl der bürgerlichen als auch der der sozialistischen Revolution mit der Erringung der staatlichen Souveränität verbinden. War der Kampf im 19. Jahrhundert vornehmlich gegen die Abhängigkeit von Europa und den USA gerichtet, so richtete er sich im 20. Jahrhundert bis heute vornehmlich gegen die soziale und wirtschaftliche Ungleichheit, fehlende Partizipation an den nationalen Ressourcen und die Verhinderung des Abbaus von Ungleichverteilung und sozialer Diskriminierung. Unterentwicklung und Gewalt stehen im Kontext zueinander. In Kuba zum Beispiel, dauerte der revolutionäre Zyklus mehrere Jahrzehnte, rechnen wir 1868 und 1895 mit. In seinem Verlauf lösten sich drei revolutionäre Klassen bzw. Schichten in der Führung ab. Im Zehnjährigen Krieg zwischen 1868 und 1878 der revolutionäre Teil der agrarischen Bourgeoisie, der sich schließlich als unfähig zum Sieg über Spanien erwies; 1895/98 und 1933/34 das revolutionäre Kleinbürgertum, das sich zwei Mal dem US-Interventionismus beugen musste.

Kolumbien!? 
 In Kolumbien wird bzw. wurde die oben erwähnte scheinbar standhafte Demokratie seit über 180 Jahren von zwei Parteien, Konservativen und Liberalen, getragen und genarrt. So künstlich der junge Staat selbst anmutete, der zur ideologischen Rechtfertigung seiner wirtschaftlichen motivierten Trennung von Spanien die politische Philosophien aus Frankreich und den USA importiert hatten – die beiden Parteien waren gewiss aus Fleisch und Blut: Es waren von der Oberschicht dirigierte Interessengemeinschaften, die sich nicht an gegensätzlichen Prinzipien, sondern an Personen orientierten und deren hauptsächliche Funktion die Patronage, die Verteilung von öffentlichen Ämtern und Geldern  unter ihren AnhängerInnen, war. Die wenigen grundsätzlichen politischen Streitfragen verschwanden mit den Jahren, einzig die Farbe der Partei und ihre Rhetorik der Anführer unterschied sich. Dabei hetzten die Parteien ihre AnhängerInnen gegeneinander auf mit dem Blick vom großen Stück des Kuchens zu profitieren. Die politische Gewalt in Kolumbien kostete bis in die 50er Jahre mehrere hunderttausende Menschenleben. „Revolutionen“, an denen die Geschichte Kolumbiens im 19. bis zur Mitte des 20 Jahrhunderts reif ist, brachten immer nur einen Wechsel der einen traditionellen Partei durch die andere, aber keine sozialen Verbesserungen.
Im Jahr 1930 kam nach drei Jahrzehntewährender Herrschaft der Konservativen die Liberale Partei an die Macht, die zum ersten Mal in der Geschichte soziale Reformen durchführen wollte. Doch die Bourgeoisie vernahm diese Reformen mit Argwohn und hatte wenig Interesse an Landreform, eine Stärkung der Arbeitnehmerinteressen und politischer Betätigung. Die Liberalen spalteten sich in einen zur Elite gehörenden Teil und in verschiedene sozialrevolutionäre Flügel. Durch die Spaltung konnte die Konservative Partei wiederum die Macht gewinnen, doch schon kam mit Jorge Eliécer Gaitán eine Person aus dem sozialrevolutionären Flügel, die in der Bevölkerung sehr beliebt war und große Chancen auf das Präsidentenamt hatte. Das „Gefährliche“ an ihm waren weniger seine sozialistischen Tendenzen als seine Erkenntnis, dass die vertikale Spaltung des kolumbianischen Volkes in zwei durch alle Schichten gehende, sich bekämpfende politische Lager nur der Verschleierung der wahren, nämlich horizontal verlaufenden sozioökonomischen Front zwischen Oberschicht und Volksmasse diente. Er propagierte deswegen eine gegen die Oberschicht gerichtete Bewegung  mit tiefgreifenden Reformen. Doch so weit sollte es nicht kommen. Am 9. April 1948 wurde er in Bogotá auf offener Straße ermordet. Daraufhin kam es zu Straßenschlachten und Aufständen, die sich auf das ganze Land ausbreiteten. Diesen Gewaltjahren fielen mehr als 250.000 Menschen zum Opfer, darunter besonders jene, die zur Liberalen Partei oder sozialrevolutionären Gruppen angehörten. Besonders die Ärmsten der Armen wurden Opfer der Lebensbedingungen und der Gewalt. So entstanden Selbstverteidigungs- und Guerillagruppen der Liberalen und Bauern in ländlichen Regionen, um sich zum einen zu schützen, zum anderen aber eigene Selbstverwaltungsstrukturen zu schaffen.
Mit Hilfe der Oligarchie putschte sich 1953 der Militärdiktator Rojas Pinilla an die Macht. Er konnte die Gewalt zwar eindämmen, wurde den bestehenden Parteien, bzw. der Bourgeoisie aber mit seinen populistischen Ideen zu gefährlich, so dass sich die ehemals verfeindeten Konservativen und Liberalen zu einer Nationalen Front zusammen schlossen. Durch ein raffiniertes System, in dem Liberale und Konservative alle öffentlichen Ämter paritätisch untereinander aufteilten und sich alle vier Jahre in der Präsidentschaft abwechselten, gelang es den beiden schwer angeschlagenen Parteien, sich zu erholen, und ihre Stellung für zukünftige politische bzw. soziale Auseinandersetzungen als „Einheitspartei der Oligarchie“ zu festigen. Auch wenn es keine klassische Gewaltherrschaft wie in Guatemala, Brasilien, Uruguay, Paraguay oder Chile war, so kann Gewalt auch durch starre Strukturen, die den berechtigten Bedürfnissen der Mehrheit entgegenstehen, ausgeübt werden. So entstanden bis zum Ende der Nationalen Front 1974 die großen Guerillagruppen wie FARC-EP, ELN, EPL oder M-19. Diese kompensierten den sozialen und politischen Protest, konnten aber durch einen permanenten Belagerungszustandes in Kolumbien und politische Differenzen innerhalb der vielen Bewegungen nie den großen Durchbruch schaffen. Für wie gefährlich der Staat diese Organisationen aber empfand, zeugen die Friedensgespräche mit einigen Gruppen und die versuchte Wiedereingliederung in das öffentliche staatliche Leben. Auch wenn heute andere Parteien entstanden sind und Kolumbien scheinbar demokratischer wirkt, an den Besitzverhältnissen und an der repressiven Politik des Staates hat sich nichts geändert.

Guerilla!?
In Lateinamerika ist die Guerilla seit den Unabhängigkeitskriegen zu Beginn des 19. Jahrhunderts präsent, in der kleine Einheiten gegen die spanische Kolonialmacht kämpften. Große militärische und politische Erfolge hat die Guerilla jener Zeit unter anderem in Mexiko erreicht. Vom Krieg gegen die USA in den Jahren 1846-48 bis zu den Aktionen der Bauernarmee von Emiliano Zapato während der mexikanischen Revolution.
Aber auch in Kuba (Unabhängigkeitskriege in den 1860er Jahren und zur Jahrhundertwende) und in Nicaragua (in den 1920er bis 30er Jahren gegen die US-Amerikaner) fanden wichtige Guerilla-Aktivitäten statt, auf die sich die Nachfolgenden Guerilla-Gruppen unter Fidel Castro und die Sandinisten in Nicaragua beziehen konnten. Mit dem Erfolg der castristischen Landguerilla im Jahr 1959, aber auch die Erfolge in Übersee, wie in China und Vietnam, entstanden in den lateinamerikanischen Ländern eine Vielzahl neuer Guerilla-Gruppen.
Auch in Kolumbien entstanden zu dieser Zeit Bauernorganisationen, die sich gegen die Zentralgewalt zu Wehr setzten, die aber auch die mittlerweile in den abgelegenen Regionen geschaffenen unabhängigen Republiken der Bauern verteidigen wollten. Im Jahr 1964 ist nach einer großen Militäroperation gegen eine der Republiken der „Bloque Sur“ und zwei Jahre später die bis heute kämpfende FARC-EP gegründet worden, auch wenn der Ursprung der Guerilla, wie schon erwähnt, in den Jahrzehnten zuvor zu suchen ist.
Die Guerilla hatte in Kolumbien besonders in den 80er Jahren, später um die Jahrtausendwende eine erhebliche Macht und gebot über größere Teile des Hinterlandes, in einigen Gegenden sogar mit einer eigenen Verwaltung. Auch wenn seit den Friedensprozessen mit Präsident Pastrana von 1998 bis 2002 die FARC-EP durch die neue technologisch immer perfekter gewordene Kriegsführung geschwächt wurden, so ist diese revolutionäre Organisation weiterhin existent. Und die militärische Schwächung der Guerilla heißt nicht, dass das Gären im Volk, das Drängen nach einem Wandel des Systems und nach sozialen und politischen Reformen zu Ende gegangen ist.
In Lateinamerika standen und stehen soziale Ungleichheit, Gewalt und Veränderung im Kontext zueinander. Das Entstehen von Guerilla-Gruppen erfolgte aus rationalen Gründen der Wirklichkeit, um politische, soziale und wirtschaftliche Umbrüche herbeizuführen. Es war und ist teilweise also eine Notwendigkeit, gewaltsam zu agieren, um eine Schicht zu verdrängen oder davonzujagen, die der Erneuerung und dem Umbruch im Wege stand bzw. steht.

Revolutionäre Partei!?
Die zurückliegende und aktuelle Geschichte in Kolumbien ist geprägt durch einen Ausschluss der prekären Schichten, wie Arbeitssuchende, ArbeiterInnen oder LandarbeiterInnen. Hierbei handelt es sich jedoch um die große Mehrheit des Landes. Die Geschichte ist außerdem geprägt durch eine unsägliche politische Gewalt gegen Anführer von politischen Organisationen, Gewerkschaftern, Interessenvertretungen von Bauern und Indigenas sowie gegen die revolutionären Gruppen FARC-EP und ELN. Die Guerilla stellt in Kolumbien für viele Personen die einzige Möglichkeit dar, den politischen und sozialen Kampf zu artikulieren. Doch gibt es Alternativen?
Klar ist, in Kolumbien fehlt es an einer breiten revolutionären Bewegung. Während in anderen lateinamerikanischen Ländern breite Volksfrontbewegungen und Wahlbündnisse geschaffen wurden, ist die Geschichte auch aufgrund der Repression seitens des Staates und des langwierigen Bürgerkrieges etwas schwieriger. Erste Versuche wurden in den 80er Jahren mit der Unión Patriótica (UP) gestartet, mit der Gründung dieser strömungsübergreifenden Partei durch Kommunistische Partei, FARC-EP und unabhängigen Linken wurde jedoch zeitgleich auch dessen Liquidierung durch staatliche geförderte Paramilitärs in Gang gesetzt.
Mit dem Polo Democrático (Polo) gab es 2005 einen weiteren Versuch zur Gründung einer breiten linken Bewegung, um kleinen politischen Gruppen und Initiativen im Land ein größeres Gehör zu verschaffen. Die Euphorie verschwand jedoch sehr schnell, weil sich der Polo ein einer zunehmend sozialdemokratischen Linie orientierte mit wenig Hoffnungen für ambitionierte politische und sozioökonomische Veränderungen in Kolumbien. Mit der Kandidatur von Samuel Moreno für den Bürgermeister in der Hauptstadt und der Verwicklung in politischen Skandalen wie Korruption und Vetternwirtschaft zeigte der Polo die Kehrseite dieser anfangs guten Idee. Die politische Entwicklung jener Partei gleicht derer in Großbritannien (Labour), Deutschland (SPD) oder Spanien (PSOE). Eine wahre Alternative sieht also anders aus.
Neben dem legitimen bewaffneten Kampf braucht es also gemäß der Theorie des Kampfes mit allen Formen auch eine politische Partei. Die FARC-EP haben dazu im Jahr 2000 die eigene Kommunistische Partei gegründet, die aber aufgrund des nicht anerkannten Status der FARC-EP im Untergrund tätig sein müssen. Mit der Hoffnung in besseren Zeiten als Partei zugelassen zu werden erarbeitet sich die klandestine kommunistische Partei mehr und mehr eine soziale und politische Basis, kann aber verständlicherweise momentan den Ansprüchen einer breiten Bewegung nicht gerecht werden. Dafür werden zumindest die Voraussetzungen und Vernetzungen geschaffen. Die Spaltung, die in Kolumbien von der Oligarchie betrieben wird, und die einzig dazu dient, die Guerilla und andere revolutionäre Gruppen ins politische Abseits zu stellen, stellt ein großes Hindernis dar. Auch wenn es seitens des Polo kleine Schritte für eine politische Öffnung hin zur revolutionären Linken gab, so fehlt genau dies heutzutage. Eine revolutionäre Partei, die für das Land spricht und im Land verankert ist. Doch ist die Einheit in einem Land wie Kolumbien möglich, in dem Faktoren wie der jahrzehntelange Bürgerkrieg, diverse politisch verschiedene revolutionäre Gruppen und die starke Repression seitens Staat und Paramilitärs dieser Idee entgegen stehen?

Wann kommt es zum Eintreten eines revolutionären Augenblicks? Besteht die revolutionäre Situation bereits und es fehlt lediglich an den Mitteln diese zu nutzen? Müssen wir uns von revolutionären Utopien verabschieden und dafür sorgen, mit pragmatischen Punkten die alltägliche Politik besser zu gestalten? 
Auf die vielen Fragen gibt es schwerlich antworten. Es kann auch nicht Ziel sein, sofort für alles Antworten zu finden. Entscheidend aber für den Kampf nach sozialer Gerechtigkeit sind die Stärkung der Bewegung, die Solidarität und die Diskussion. In Kolumbien und in allen anderen Teilen dieser Welt auch.
„Die Konterevolution schreitet rasch, aber die Revolution schreitet noch rascher.“ (Karl Marx)

Venceremos!

18 Dezember 2011

Soli-Feier in Hamburg

ABP-Noticias berichtete über eine Feier einer Solidaritätsgruppe in Hamburg im Andenken an den ermordeten Oberkommandierenden der FARC-EP Alfonso Cano. Diese wurde Ende November in der norddeutschen Stadt durchgeführt. In einer Erklärung teilt die Gruppe mit, dass das Ende des sozialen und bewaffneten Konfliktes nicht mit der Aufgabe oder der Demobilisierung, und auch nicht durch das Töten von Revolutionären erreicht wird, sondern durch das Ende der Probleme die diese hervorrufen.

 

09 Dezember 2011

Situationsbericht

Während man den regierungsnahen Medien und den großen Presseagenturen Lateinamerikas entnehmen kann, dass die Aufständischen in Kolumbien nach dem Tod ihres Oberkommandierenden Alfonso Cano und nach dem Tod von vier Kriegsgefangenen ihre politische und moralische Daseinsberechtigung verloren haben, sieht die Lage vor Ort etwas anders aus. Im folgenden Artikel soll kurz und aus anderer Sicht dargestellt werden, wie es um die Lage der Aufständischen in Kolumbien bestellt ist. 

Sicher, der Tod von Alfonso Cano, dem Oberkommandierenden der FARC-EP, war ein schwerer Verlust der Aufständischen. Doch ein schwerer Verlust ist noch lange kein Abgesang an eine revolutionäre Organisation, die existent sind, weil es tiefgreifende soziale, politische und ökonomische Probleme im Land gibt. Zudem sind die FARC-EP eine Volksarmee, die organisatorisch so aufgebaut sind, dass nach dem Verlust einer Person sofort eine andere Person die Position übernehmen kann. In diesem Fall hat „Timochenko“ die Rolle des Oberkommandierenden übernommen, weshalb die Erinnerung an Alfonso Cano, genau wie an viele andere Revolutionäre auch, nicht vergessen wird. Während die Medien zum wiederholten Male jubelten, dass das Ende der Guerilla nun gekommen sei, zeigt sich den Kennern und Interessierten ein anderes Bild.
Vor wenigen Tagen zum Beispiel berichtete die holländische Kämpferin Tanja in den Reihen der FARC-EP, dass die Aufständischen gestärkt seien und mit mehreren militärischen Aktionen Ende November auf den Tod ihres Anführers antworteten. In einem Interview, welches am Mittwoch im holländischen Fernsehsender NOS ausgestrahlt wurde, sagte sie, „dass das Ende der FARC-EP weit weg sei“. Das Interview zeigt Tanja mit einem Maschinengewehr in einem dichtbewaldeten Camp, kämpfend sagt sie: „Wenn du im Dschungel bist, Bomben hörst, später Waffen hörst, die einzige Antwort ist schießen.“ Weiterhin berichtet Tanja über die Militäroperation, bei der im September 2010 der Militärchef der FARC-EP Mono Jojoy getötet wurde und sie zum Sicherheitskreis gehörte. Tanja schloss sich im Jahr 2002 den FARC-EP an.

Ein weiteres Ereignis zog Debatten in den Medien nach sich. Ende November kam es bei dem Versuch einer Befreiungsaktion des Militärs im Süden der Region Caquetá (Gemeinde Solano) zum Tod von vier Kriegsgefangenen. Die Kriegsgefangenen, die seit mehreren Jahren in den Händen der Aufständischen waren, sollten einem Angebot der FARC-EP zur Folge freigelassen werden, um politische Verhandlungen mit der Regierung führen zu können. Stattdessen erfolgte die Militäroperation mit dem bewussten Ziel einer Konfrontation. Die Aktion der Befreiung der vier Kriegsgefangenen sollte allem Anschein nach die politische Lösung torpedieren, die zuvor angeboten worden ist. Das Angebot zur Freilassung wurde der Öffentlichkeit aber erst später bekannt gegeben, der Tod der Kriegsgefangenen wurde so einzig und allein der Guerilla zugeschoben, um öffentlich Stimmung machen zu können. Im Zuge dessen wurde seit 2008 erstmals wieder öffentlich und medienwirksam zu Demonstrationen gegen die FARC-EP in allen großen Städten des Landes aufgerufen. Am Dienstag zogen dann mehrere Tausende Menschen durch die Straßen, aber es war sichtlich erkennbar, dass die Mobilisierung des Staates das Ziel verfehlt hatte. Mit bis zu 1 Million Teilnehmenden hatte die Regierung gerechnet, doch nicht mehr als 10.000 gingen zum Beispiel in Bogotá auf die Straßen. Viele Organisationen von Studierenden, Gewerkschaften und linken Gruppen riefen dazu auf, nicht die Regierungspropaganda zu unterstützen.
Und tatsächlich war, anders als noch 2008, wo sich jeder der sich öffentlich dagegen aussprach sofort politisch diskreditiert wurde, die Stimmung so, dass wer zu der Demonstration geht, er/sie die Kriegspolitik Kolumbiens unterstütze. Demzufolge war die Beteiligung schwächer als angenommen, obwohl wieder viele öffentliche und staatliche Einrichtungen ihren MitarbeiterInnen frei gaben. In einigen Kommuniqués der FARC-EP, unter anderem des neuen Kommandierenden Timoleón Jiménez alias „Timochenko“ vom 07.12., bekräftigen sie auch weiterhin das Ziel, die Gefangenen frei zu lassen und sich für eine politische und friedliche Lösung einsetzen zu wollen. Außerdem appellierte „Timochenko“ sowohl an die Teilnehmenden und jene, die sich weigerten, gemeinsam die kriegerische Politik zu beseitigen. In einem anderem Kommuniqué vom 01.12., gerichtet an Piedad Cordoba als Vermittlungsperson und andere Führungspersonen der internationalen Friedensbewegung, verurteilen sie den Einfluss des Militärs auf die Politik und den fehlenden Willen für eine friedliche Lösung und einen humanitären Gefangenenaustausch.

Während es die Regierung und die Medien nicht auslassen können zu betonen, wie wichtig der Kampf gegen die terroristische Guerilla sei und alle Anstrengungen nötig sind um Frieden und Fortschritt zu erreichen, bleiben die Nachrichten und öffentliche Empörung über Verbrechen der Paramilitärs außen vor. Dabei reißen die Meldungen über Massaker und Verbrechen der Paramilitärs nicht ab. Ein Beispiel ist die Region Putumayo an der Grenze zu Ekuador. Aus ihr wird berichtet, dass allein in den letzten zwei Wochen mehr als 10 junge Menschen aufgrund von sozialen Säuberungen getötet worden sind. Am 9. November wurde im Dorf Sibundoy ein Mädchen aus einer indigenen Gemeinschaft entführt und sie zwei Tage später tot und mit schweren Verletzungen im Intimbereich aufgefunden. Der Paramilitarismus ist in Kolumbien weiter auf dem Vormarsch und hat sich bezüglich der sozialen Kontrolle in den Gemeinden laut der Organisation „Indepaz“ in diesem Jahr weiter erhöht.
Doch es gibt auch gute Nachrichten zu vermelden. So hat sich in den letzten Tagen der Erzbischof von Cali zu Wort gemeldet. In einem Brief der Diözese fragt er, warum Alfonso Cano nicht lebend gefangen genommen wurde und klagt die Konfrontation der Regierung Santos im Fall der vier Kriegsgefangenen an. Die Hoffnung auf ein humanitäres Abkommen sollte nicht aufgegeben werden, der Teufelskreis der Aufrüstung führe nicht zum Ziel.
Außerdem äußerten sich die FARC-EP in einem Kommuniqué des Sekretariats des Zentralen Generalstabs vom 01.12. zur Gründung der neuen lateinamerikanischen und karibischen Staatengemeinschaft CELAC und begrüßen diese. Dies sei ein Signal für die lateinamerikanische und karibische Einheit und ein Weg hin zu einer neuen Welt, in welcher der alte Kontinent und die USA eine andere Rolle spielen werden. Zudem machen sie auf den Konflikt in Kolumbien aufmerksam und ermutigen alle Beteiligten zu einer politischen Lösung im Land.

Zu guter Letzt veröffentlichten FARC-EP und ELN am 05.12. ein gemeinsames Kommuniqué, was die neue Stärke der aufständischen Gruppen symbolisieren soll. Dieses soll hier dargestellt werden. Zum Schluss gibt es ein Link zu einem Video, welches die Guerilla von Innen zeigen soll und welches mit typischer farianischer Musik untermalt ist.



Die ELN und die FARC-EP im Magdalena Medio informieren die Öffentlichkeit
Wir haben das Treffen der Führungen von der Kampffront „Darío Ramírez Castro“ der ELN und dem militärischen Block des Magdalena Medio der FARC-EP in einer Atmosphäre der revolutionären Brüderlichkeit, der Solidarität und dem Versprechen für den Kampf um tiefgreifenden Veränderungen erfolgreich beendet, um Frieden und soziale Gerechtigkeit für das Land zu schaffen.

Diese Tat der Stärkung der revolutionären Einheit ist Teil der Ehrung und Anerkennung der Aufständischen in Kolumbien, die wir für unseren Kommandierenden Alfonso Cano machen, der in einem ungleichen Kampf gefallen ist, konfrontiert mit einer Maschinerie des Krieges, die von den USA im Land aufgefahren wird.

Angesichts des Todes des Kommandierenden wachsen die Verpflichtung und die Moral für den Kampf der kolumbianischen Aufständischen, dies ist die Stimmung, die bei diesem Treffen zum Ausdruck kam.

Die tiefe Krise des unhaltbaren und räuberischen kapitalistischen Modells, der Aufstand der Besitzlosen und Wütenden, die Mobilisierung von Jugendlichen und Studierenden, Bauern, der indigenen und schwarzen Gemeinschaften für Frieden und Boden im Land sind ermutigend um die Idee zur Schaffung eines gerechten Kolumbiens weiterhin hoch zu halten.

Mit dem Erbe des Befreiers Simón Bolívar, Manuel Marulanda Vélez, Manuel Pérez Martínez und allen, die ihr Leben für die Gerechtigkeit gegeben haben, setzen wir den Weg der Einheit und des Kampfes für die zweite und endgültige Unabhängigkeit fort.

Kolumbien den Arbeitern.
Nicht einen Schritt zurück, Freiheit oder Tod.

Kampffront Darío Ramírez Castro.
Nationale Befreiungsarmee ELN

Gegen den Imperialismus ... für das Vaterland.
Gegen die Oligarchie ... für das Volk.
Hasta la victoria siempre!

Block des Magdalena Media - FARC-EP

In den Bergen des Magdalena Medio
Dezember 2011


Video:  http://www.youtube.com/abpcaracas#p/u/1/jI1dWxrcU_c

05 Dezember 2011

Sozialer Protest in Kolumbien

Mit einem Kommuniqué an die Volksbewegung in Kolumbien, also an die Gruppen und Organisationen des politischen und sozialen Kampfes, richten sich die FARC-EP und erklären sich mit ihnen solidarisch. Auch wenn in den Mainstream-Medien die FARC-EP als eine terroristische Gruppe oder als ein Drogenkartell dargestellt werden, so sind diese aufgrund der Historie in vielen Regionen des Landes im politischen und sozialen Kampf stark verankert. Regelmäßig versucht die Regierung soziale und politische Proteste zu delegitimieren, weil diese in Verbindung mit den FARC-EP stehen. Aber die Guerilla existiert genauso wie die vielen anderen Basisgruppen auch, weil die sozialen und politischen Probleme des Landes weiter zunehmen. Und das die Guerilla durchaus als Teil einer sozialen und politischen Bewegung gelten, zeigt nicht nur die Verankerung in der Bevölkerung, sondern auch die Teilhabe an den Kämpfen für ein neues und gerechtes Kolumbien. Davon zeugen unter anderem die verschiedenen Vorschläge und Kommuniqués zu politischen und sozialen Fragen.
 
Nach einer Studie der Vereinten Nationen belegt Kolumbien unter den 129 untersuchten Staaten den drittletzten Platz im Kontext der Ungleichheit. Haiti und Angola belegen die Plätze dahinter. Der Kampf für ein neues und gerechtes Kolumbien ist also legitim und kann nicht nur durch Programme zur Armutsbekämpfung gelöst werden. Hier sind strukturelle Lösungen von Nöten, die sich durch politische und ökonomische Veränderungen auszeichnen. Auch wenn in den Medien davon ausgegangen wird, dass das Wachstum der Wirtschaft das Problem lösen könne, so ist die Schere zwischen arm und reich weiter auseinander gewachsen. Doch der Reichtum muss gerechter verteilt werden und die Gewinne der Konzerne in den Regionen bleiben. Der informelle Arbeitssektor muss verringert werden und die ArbeiterInnen sowie die Bevölkerung am Wohlstand und den Gewinnen beteiligt werden. Besonders in den ländlichen Regionen, die aufgrund ihrer natürlichen Ressourcen reich sein müssten, ist jedoch der Zugang zu öffentlichen Dienstleistungen sehr eingeschränkt und die Armut hoch. Doch in Kolumbien wird die soziale Ungleichheit nur zu bekämpfen sein, wenn die Oligarchie und die Elite sich der Problematik annehmen und ihre Besitz- und Machtstrukturen verändern. Doch es scheint unwahrscheinlich, dass eine Landreform durchgeführt, die steuerliche Belastung von arm und reich geändert und die Investition in öffentliche Dienstleistungen getätigt wird, wenn nicht weiterhin sozialer und politischer Druck aufgebaut und verstärkt wird.

Die Gesellschaft und Regierung Kolumbiens werden jedoch seit Jahrzehnten durch das Fortbestehen von Strukturen beeinträchtigt, die im Widerspruch zu Fortschritt und sozialer Teilhabe stehen. Korruption, Klientelismus und der bewaffnete Konflikt befeuern weiterhin die soziale Ungleichheit. Korruption ist ein Teil der Politik in Kolumbien, dies betrifft nicht nur die Wirtschaft und den Handel, sondern auch Bereiche des staatlichen Handelns wie Infrastrukturmaßnahmen, der öffentliche Transport, der Agrarsektor oder das Gesundheitswesen. Außerdem sind in der Vergangenheit immer wieder Mängel im Justizapparat und den Organen der Gesetzgebung in der Öffentlichkeit bekannt geworden. Korruption begünstigt jene Klientel, die sich ihr bedienen. Es sind Leute mit Geld und politischem Einfluss, Zugehörige der kolumbianischen Elite. Zugleich untergräbt sie die institutionellen, rechtlichen und moralischen Grundlagen des Staates. Der gesamtgesellschaftlichen Verantwortung wird sich so entzogen, während die Elite politisch und sozioökonomisch davon profitiert. Mit Repression und Klientelismus versucht sich die Elite oben zu halten. In Kolumbien ist es nicht selten, dass Wählerstimmen und politische Unterstützung gegen individuelle oder gemeinschaftliche Gefälligkeiten eingetauscht werden. Die Bürgermeister und Abgeordneten einer Partei repräsentieren eher die wohlhabenden Schichten als die Bevölkerungsmehrheit. Es kommt nicht von ungefähr, dass die FARC-EP bei den letzten Wahlen im November zum Stimmboykott aufriefen. Alle Konzentration gilt hier den unabhängigen sozialen Bewegungen, die auf lokaler Ebene oft die Interessen der Bevölkerung durchzusetzen versuchen.

In den letzten Jahren sind die sozialen Bewegungen in Kolumbien wieder in die Offensive gegangen und gewinnen zunehmend an Stärke. Viele soziale Bewegungen fordern Teilhabe an der Demokratie, die Einhaltung der Menschenrechte und eine Verbesserung der Lebensbedingungen. Auf dem Land und in dem marginalen Vierteln der großen Städte sind Kooperativen und soziale Bewegungen zu einer Gegenmacht avanciert, die sich selbständig für ein menschenwürdiges Leben einsetzen und wichtige Aufgaben dafür übernehmen. Und auch in den letzten Jahren haben die FARC-EP verstärkt den Kontakt zu den sozialen Bewegungen gesucht, während in einigen Regionen die Zusammenarbeit verstärkt wird. Dies betrifft Regionen wie Caquetá, Putumayo, Meta, Cauca, Tolima, aber auch Antioquia und Valle del Cauca, wo insbesondere die Bauernorganisationen und die allgemeine Mobilisierung zu politischen und sozialen Themen stark von den Forderungen der Guerilla geprägt ist. Klar, Personen, die unter den schlechten sozioökonomischen Bedingungen leiden, haben weder praktische Fähigkeiten noch die Ressourcen, um sich ungehindert und mit Nachdruck den Mechanismen zu bedienen, die ihnen diese Rechte sichern würden.

Anbei einige Fragmente eines aktuellen Kommuniqués der FARC-EP an die Volksbewegung in Kolumbien. Der Titel des Original-Kommuniqués vom Zentralen Generalstab der Guerillaorganisation lautet: „Al movimiento popular en Colombia“

"Kein Rückschlag wird es verhindern, dass die FARC-EP auch weiterhin das kolumbianische Volk in all ihren Widerstandskämpfen begleiten, so gegen den brutalen Vormarsch des Weltkapitalismus und die Barbarei durch die militärische Vormachtstellung der Vereinigten Staaten, alles unter der Führung einer nationalen Oligarchie die sich persönlich bereichert und schamlos die Verabschiedung eines Freihandelsabkommens feiert, um welches das Weiße Haus bat."

Die Souveränität des Landes wird abgegeben, damit die transnationalen Konzerne von ihren Interessen profitieren können. Dies findet heute im Bergbau- und Energiesektor, in der Agrarindustrie, im Bereich der Bildung, Kommunikation, der verarbeitenden Industrie, der Banken und im Handel statt. "Das ist der Geist einer herrschenden Klasse, die von Gewalt und Terror profitiert, um die Kräfte zum Schweigen zu bringen, die die Idee eines gerechten Kolumbiens vorantreiben wollen."

Auch nach dem Tod des Anführers Alfonso Cano, der von der Regierung freudetrunken gefeiert worden war, werden die FARC-EP an einer friedlichen Lösung festhalten. Für den Frieden kämpfte auch Alfonso Cano, der wie viele andere auch im ganzen Land, als beispielhaft gilt. "Im revolutionären Widerstand gibt es gegen die terroristische Gewalt des Staates Erfolge, aber auch Rückschläge. Und deshalb haben wir die FARC-EP aufgebaut, an der Seite der verarmten Massen welche Opfer der terroristischen Gewalt des Staates geworden waren, die ihre Toten begruben und trotzdem ihren Mut aufrechterhalten haben, um für die Gerechtigkeit zu kämpfen."
Und weiter: "Die Moral der Guerilla steht heute höher als je zuvor. Unser Kampf für den Frieden in Kolumbien ist grundsätzlich und hält weiter an…"

Die FARC-EP begleiten die Kräfte im Kampf gegen den Kapitalismus, gegen das neoliberale Modell und für den Weg einer friedlichen Lösung. Die Guerilla erklärt sich dabei mit den sozialen Bewegungen des Landes solidarisch, mit der Jugend, sowie mit den Studierenden und ihrem kreativen Protest und der Fähigkeit einer großen Mobilisierung, wodurch die Regierung zum Einlenken aufgefordert wurde. Die Reform des Bildungsgesetzes wurde vorerst auf Eis gelegt.

Es werden die Bemühungen der Gewerkschaftsbewegung begrüßt, trotz Kriminalisierung, Verfolgung und Vereinnahmungsversuchen, mit eiserner Entschlossenheit für die Arbeitsrechte zu kämpfen und die erreichten zu verteidigen. Als Beispiele dienen hierfür die Arbeitskämpfe in Puerto Gaitán in der Region Meta und jene in Puerto Wilches in der Region Magdalena Medio.

"Wir drücken unseren Respekt aus für die Initiativen von Bauern, Indígenas und Schwarzen die den Weg zu einer politischen Lösung und den Kampf für Land vorantrieben und die mit der Verfolgung der Regierung brechen, mit welchem sie die Stimmen zum Schweigen bringen wollen, die einen zivilen Ausweg aus dem Krieg, eine gerechte Verteilung von Land, Kredite und eine Vertiefung der Demokratie fordern."

"An die klandestine Partei, an die Bolivarische Bewegung, an die Organisationen der Arbeiter, Bauern, Jugendlichen, Studierenden, Frauen, an schwul-lesbische Gruppen, Intellektuelle, an Künstler, an die gesamte Bewegung geht unser Ansporn, die Anstrengungen zu erhöhen, um die aktuellen und zukünftigen Kämpfe zu verstärken und zu vergrößern. Dies sind Zeiten des Handelns und der Einheit als eine wahre Hochachtung an den Heldentum unseres Volkes und sein Engagement für ein neues Kolumbien."

 http://www.resistencia-colombia.org/index.php?option=com_content&view=article&id=1149:estado-mayor-central-de-las-farc-ep&catid=22&Itemid=37

02 Dezember 2011

Julián Conrado 6 Monate in Haft

Nach nunmehr 6 Monaten in illegaler Gefangenschaft des Sängers und Guerilleros Julián Conrado in Venezuela und weil sich Vertreter der beiden Regierungen von Kolumbien und Venezuela zu diplomatischen Treffen verabreden haben, soll nun ein kurzer Überblick über die Gesamtsituation des Falls „Julián Conrado“ gegeben werden. Außerdem soll auf die Situation von politischen Gefangenen in Kolumbien hingewiesen werden und was eine Auslieferung an das kolumbianische Regime für einen politisch Verfolgten bedeuten kann. 



Der Sänger Julián Conrado wurde bei einem Einsatz von kolumbianischen und venezolanischen Streitkräften in „Barinas“ am 31. Mai 2011 verhaftet. Seitdem ist er illegal in einem Gefängnis in Venezuela.

Dieser illegale und menschenrechtsverletzende Umgang mit politisch Verfolgten und die Zusammenarbeit der repressiven kolumbianischen und venezolanischen Sicherheitsorgane ist sehr beängstigend, weil ihnen während und nach der Auslieferung die Rechte beschnitten werden und sie der Folter eines Staates ausgesetzt sind, in dem unter anderem im Jahr 2011 schon 11 politische Gefangene getötet worden sind. Dutzende sind schon Opfer der illegalen Auslieferung politisch Verfolgter zwischen Venezuela und Kolumbien geworden, so wurden zum Beispiel auch kranke Personen, oder wie im Fall des Journalisten Joaquín Pérez Becerra, internationales humanitäres Menschenrecht verletzt. Er wurde als schwedischer Staatsbürger und anerkannter politischer Flüchtling auf einem Flug von Frankfurt/Main nach Caracas am Flughafen in der venezolanischen Hauptstadt festgenommen und an Kolumbien ausgeliefert. Diese Verfolgung von Menschen durch Kolumbien unter den Direktiven der USA und Europa ist Teil des schmutzigen Krieges gegen die Bevölkerung und politisch Andersdenkende. Das Recht auf Asyl und das Recht auf Schutz für alle politischen Opfer ist im Völkerrecht verankert, und gerade Venezuela sieht dies als einen wichtigen Bestandteil seiner Verfassung an, obwohl diese von den eigenen Behörden und bei der Auslieferung von politisch Verfolgten fundamental verletzt wird.

Im konkreten Fall des Sängers und Liedermachers Julián Conrado, ein Sänger im fortgeschrittenen Alter, der mehrere Bombenangriffe des Militärs und schwere Krankheiten wie Malaria oder Leishmaniose überlebt hat, die ihn jedoch sehr schwächten. Deswegen und weil er bei der kolumbianischen Regierung keine Hilfe erwarten konnte hat er sich letztendlich nach Venezuela zurückgezogen.

Der Fall Conrado war erschütternd und zog eine große Welle der internationalen Solidarität nach sich. Immerhin ist er vielen durch seine Lieder und seine Musik bekannt, die soziale und politische Themen beinhalten und als Protestmusik beliebt ist.

Der Sänger Julián Conrado ging nach Venezuela aufgrund seines schweren gesundheitlichen Zustandes und lebte mit seiner Partnerin wie ein Bauer in Barinas. Doch während er ärztliche Unterstützung notwendig gehabt hätte, wurden lieber repressive Maßnahmen gegen ihn getroffen. Die Frage bleibt: Wieso hat der venezolanische Staat in Kooperation mit den kolumbianischen Sicherheitsbehörden, die für ihre Zusammenarbeit mit den Paramilitärs bekannt sind, und unter Mithilfe des CIA aus den USA diese Menschenjagd veranstaltet?

Man kann nur hoffen, dass sich die venezolanischen Behörden auf die Ethik und Moral ihres politischen und revolutionären Charakters berufen, den Venezuela nach außen hin verkörpern soll und Julián Conrado nicht ausliefern werden. Auslieferung würde für ihn Folter bedeuten. Eine Lösung wäre, dass ihm politisches Asyl gewährt wird oder dass man ihn alternativ in ein Drittland ausweist, dass das humanitäre Völkerrecht respektiert und er so geschützt werden kann.

“Die 1 % in Kolumbien, die das Glück privatisiert haben, sind diejenigen die feiern, aber der Rest fühlt Trauer, die gemischt ist mit Wut und dem Wunsch weiter zu kämpfen!“
Julián Conrado

28 November 2011

Schuldfrage?

Wer ist schuld am Tod der 4 Kriegsgefangenen, die am Wochenende, am 26. November, starben? So zynisch die Frage auch ist, die Schuld soll keinesfalls von der Guerilla abgewiesen werden. Die aggressive Politik der Regierung Santos führt jedoch zu Reaktionen, auf die beide Seiten eigentlich verzichten sollten.

Seit mehreren Jahren befanden sich die 4 Kriegsgefangenen, die teilweise bei Kampfhandlungen zwischen der Guerilla und den staatlichen Sicherheitskräften gefangen genommen wurden, in den Händen der Aufständischen.
In den Medien heißt es nun, dass sie von den FARC hingerichtet wurden. Mit keinem Wort wird erwähnt, dass es zuvor eine militärische Operation der staatlichen Sicherheitskräfte gab, um die Kriegsgefangenen zu befreien. Ist die Situation nach dem Tod des Oberkommandierenden Alfonso Cano schon angespannt gewesen, hat die Regierung nun versucht, das Feuer weiter zu entfachen. Zuerst wurden seitens der Regierung Santos weitere Militäraktionen angekündigt, obwohl die FARC weiterhin ihre Bereitschaft zu Verhandlungen signalisiert hatten, nun folgte der Versuch einer Militäroperation zur Befreiung der Kriegsgefangenen, die Kritiker auch als eine skrupellose Beendigung des Faustpfandes der FARC durch die Regierung sehen. Die Militäroperation fand in den dschungelähnlichen Gebieten zwischen den Regionen Putumayo und Caquetá statt. Ein Kriegsgefangener konnte bei der Aktion entkommen. Der Tod der anderen wurde allem Anschein nach billigend in Kauf genommen, vielleicht sogar politisch fokussiert. Sie schlossen damit die Möglichkeit, ein humanitäres Abkommen oder eine zivile Lösung im Konflikt zu finden.
Kurz zuvor wurde bekannt, dass die FARC schon seit August die Absicht hatten, 6 Kriegsgefangene frei zu lassen, um eine die humanitäre Geste zu zeigen und die Position für Verhandlungen mit der Regierung zu erhöhen. Dieses Angebot, welches nun torpediert wurde, findet in den Medien ebenso wenig Beachtung wie der Umstand, dass weiterhin rund 800 Gueriller@s und rund 7500 politische Gefangene in den kolumbianischen Gefängnissen sind. Die FARC haben sich über Jahre hinweg bemüht, ein humanitäres Abkommen für alle Kriegsgefangenen, sowohl die in den Camps der FARC als auch in den kolumbianischen Gefängnissen, zu erzielen. Was jedoch in Israel und Palästina möglich ist, der Austausch von Gefangenen, erscheint in Kolumbien als Utopie.