31 Mai 2012

Freilassung von Roméo Langlois

Einem Monat nach der Festnahme des französischen Journalisten Roméo Langlois durch die FARC-EP während eines Gefechts mit Soldaten wurde er nun am Mittwoch gesund einer humanitären Kommission übergeben. Zuvor teilte die 15. Kampffront der FARC-EP der Kommission die Koordinaten der Übergabe mit. Diese erfolgte am frühen Nachmittag in der kleinen Ortschaft San Isidro, vier Stunden von Unión Peneya entfernt. Von hier aus ging es zunächst auf dem Landweg in die Hauptstadt des Departements Caquetá und schließlich weiter nach Bogotá. In San Isidro wurde zuvor von der Guerilla ein politisches Fest zum 48. Jahrestag der Gründung der FARC-EP und zur Freilassung organisiert, zudem teilten Vertreter der örtlichen Gemeinden und aus Menschenrechtsorganisationen mit, dass es immer wieder zu Menschenrechtsverletzungen in der Region durch staatliche Sicherheitskräfte kommt.
Langlois wurden mit zwei Mitteilungen an die Kommission übergeben, in einer entschuldigt sich die 15. Kampffront für die Umstände, eine weitere Mitteilung ist an die Regierung Frankreichs gerichtet. Der französische Journalist betonte, während seiner Festnahme ständig respektvoll behandelt worden zu sein. Es gab viele Debatten über politische Themen und den bewaffneten Konflikt in Kolumbien. Langlois sagte dazu, dass der Konflikt noch lange nicht vorbei sei, obwohl die Regierung dies verlautbaren lasse.

Kommuniqué zur Freilassung 

29 Mai 2012

1 Jahr Haft für Julián Conrado

Seit einem Jahr befindet sich der Revolutionär und Sänger Julián Conrado in Haft. Seine Lieder sind historisch und kulturell wertvoll, denn sie beschäftigen sich mit sozialen, politischen und historischen Themen. Wegen seiner Lieder und seinem politischen Engagement will ihn das kolumbianische Regime einsperren lassen und ihn zum Schweigen bringen.


Der Revolutionär und Sänger Julián Conrado wurde am 31. Mai des Jahres 2011 in einer Gemeinschaftsaktion von kolumbianischen und venezolanischen Sicherheitsbehörden auf dem Staatsgebiet Venezuelas verhaftet. Die kolumbianische Regierung verfolgt ihn deshalb mit Härte, weil seine Lieder eine Botschaft der sozialen Gerechtigkeit transportieren und sie die Regierung Kolumbiens anklagen. Während ein Großteil der Bevölkerung seit jeher unterdrückt und ausgebeutet wird, lebt die Oligarchie mittels Staatsterrorismus, ihrer paramilitärischer Einheiten und der Hilfe der USA vom Wohlstand des ausgebeuteten Landes. Nun will die kolumbianische Regierung von Venezuela die Auslieferung von Julián Conrado, der weiterhin in Venezuela gefangen gehalten wird.  Diese Auslieferung wollen viele Menschen verhindern, denn es ist klar, dass er in Kolumbien aufgrund seiner politischen Überzeugung schlecht behandelt werden wird.

Mittlerweile gibt es, besonders in Venezuela und Kolumbien, aber auch im sonstigen Lateinamerika, eine große Bewegung, die politisches Asyl für Julián Conrado fordert. Festgenommen wurde er aufgrund seiner Lieder und seiner Tätigkeiten in der FARC-EP. Politischen Häftlingen drohen in den kolumbianischen Gefängnissen menschenunwürdige Verhältnisse, Bedrohungen und Folter. Julián Conrado ist schwer erkrankt, deswegen braucht er ständig medizinische Begleitung, die jedoch in den kolumbianischen Gefängnissen sehr häufig verweigert wird. Die Ethik und das internationale Menschenrecht verbitten eine Auslieferung an Kolumbien, wo er von Folter und Tortur bedroht sein wird. Es wird deshalb gehofft, dass die venezolanischen Behörden den Gesundheitszustand und die politische Verfolgung anerkennen und er nicht an seine Verfolger ausgeliefert wird. Solidarität und politisches Asyl für Julián Conrado!

27 Mai 2012

27. Mai: Tag der Würde


48 Jahre FARC-EP

Sie können uns das Recht zu kämpfen nicht nehmen!

In der Geschichte der Menschheit haben die Menschen immer wieder gegen die Zwänge und das, was ihre Freiheit einschränkt, rebelliert. Es zieht sich wie ein roter Faden durch die Geschichte, dass die Menschheit aufbegehrt und für ihre Freiheit kämpft, wenn sie unterdrückt wird. Demzufolge liegt es in der Natur der Sache, Rebellionen und Aufstände als Teil der universellen Menschheitsgeschichte zu betrachten, also Revolutionen als ethische und praktische Notwendigkeit zu sehen. Ab dem Zeitpunkt des „Bund der Gerechten“, später umbenannt in „Bund der Kommunisten“, hat das Kommunistische Manifest und die Werke von Marx und Engels die Geschichte geprägt. Sie haben die grundlegenden Ansätze von Gesellschaften analysiert, die bis in die heutige Zeit bestätigt werden: Die Geschichte der Gesellschaft ist die Geschichte von Kämpfen zwischen den Ausbeutern und den Ausgebeuteten, zwischen den Unterdrückern und den Unterdrückten. Nur durch die Beseitigung der Ausbeuter und Unterdrücker, wenn der revolutionäre Kampf der Armen erfolgreich geführt wird, dann kann eine freie und klassenlose Gesellschaft erreicht werden.


Als ein Großteil der Menschen zu Waren wurde, zum Eigentum von Sklavenhaltern, als sie unmenschlich behandelt wurden, zur Arbeit gezwungen und aus ihren Lebensgemeinschaften heraus gerissen wurden, da entstand jener Moment, wo der Wunsch nach Freiheit und Gerechtigkeit gegenüber dem Zwang und Druck triumphierte. In Amerika, wie im Rest der Welt auch, waren die Aufstände und Revolutionen geprägt durch ihre jeweiligen Gegebenheiten und Teil der Entwicklung einer Gesellschaft. In ihren verschiedenen Facetten versuchten sich die Unterdrückten von ihren Fesseln zu befreien. Ob die indigenen Völker, die tapfer gegen die Spanier kämpften um ihrer Vernichtung zu entgehen, oder später die Schwarzen, die gegen ihre Ausbeutung aufbegehrten, oder Revolutionäre wie Galán, Bolívar und La Sáenz, die sich gegen die spanische Krone und für die  Unabhängigkeit einsetzten, alle vereinte der Traum von Freiheit und Gerechtigkeit.

Wegweisende Momente, wie die allseits bekannte Erstürmung der Bastille in Paris und die Französische Revolution, gab es nicht nur in Europa, sondern auch in Amerika. Erhebungen und Aufstände sind ein wesentlicher Bestandteil seit der Entstehung des Feudalismus und des Kapitalismus. Ob sie erfolgreich waren oder nicht, Menschen fanden von der Passivität und vom Ertragen von Ausbeutung, Hunger, Elend und Mord hin zu einer Aktion, um ihre unmittelbare Situation zu verbessern oder um gar für utopische Ziele wie die von Bolívar zu kämpfen. Erinnert sei an heroische Kämpfe wie jene unter Tupak Amaru, Benkos Bioho, Galán, Beltrán oder Bolívar. Der einzige Weg die Freiheit zu erlangen ist für sie zu kämpfen!

Voller Ehrfurcht blicken wir auf entscheidende Kämpfe in der Weltgeschichte zurück. Das französische Volk mit der Revolution vom 17. Juli 1789 und dem Sturm auf die Bastille. Mit ihr kamen liberale Ideen zum Vorschein, die den alten europäischen Herrschaftssystemen einen schweren Schlag versetzten. Der Unabhängigkeitskampf von Simón Bolívar, der mit seinen Kämpfern und Guerilleros fast den gesamten südamerikanischen Kontinent von den Spaniern befreite und den Plünderungen und der Gier der Spanier ein Ende setzte. Die erste sozialistische Revolution der Bolschewisten im Jahr 1917 beendete den Zarismus und deren absolute Herrschaftsform. Der Kampf der Menschen in Vietnam zeigte der Welt, wie ein kleines Land, mit der Taktik eines Guerilla-Krieges und mit Mut und revolutionärer Moral eine Weltmacht mit all seinen technischen Fähigkeiten und Perversionen besiegen kann. In Kuba widerstehen sie bis heute den Provokationen des nördlichen Nachbarn und basteln weiter am Aufbau ihres Projekts von sozialer Gerechtigkeit und Freiheit. Zum Schluss schauen wir auf Kolumbien, wo in einem zähen und bis heute andauernden Kampf der Gewalt und Repression seitens der liberal-konservativen Oligarchie widerstanden wurde und aktuell der Neoliberalismus der Regierung und die Forderung der Aufständischen nach einem sozialen und gerechten Kolumbien im Mittelpunkt der Rebellion steht.

Kolumbien ist ein Land, das von einer jahrzehntelangen Konfrontation im sozialen und politischen Bereich geprägt ist. Die FARC-EP sind als politisch-militärische und revolutionäre Organisation ein wichtiger Baustein in den sozialen Kämpfen. Die Geschichte der revolutionären Linken kann nicht ohne die Guerilla geschrieben werden, die als Armee des Volkes die Interessen der Armen und Bauern verteidigt und Ausbeutung, Enteignung, Ausgrenzung und staatliche Repression als Übel der bisherigen Regierungen sieht, die vorrangig damit beschäftigt waren, die Oligarchie zu unterstützen. In Kolumbien hat die herrschende Klasse, schreckliche Verbrechen, Vertreibung und Flucht der Armen in ländlichen Gebieten, Städten und Gemeinden zu verantworten. Soziale, wirtschaftliche und politische Ungleichheit gehen einher mit einer Regierung, die mittels Staatsterrorismus, begangen durch die paramilitärischen Einheiten, die Opposition ausschalten will. Die Verletzung der elementarsten Menschenrechte und des humanitären Völkerrechts sind Systematik dieses willkürlichen und ungerechten Regimes, welches nur die Interessen einer kleinen Minderheit vertritt. Das kolumbianische Land hat den Kampf um Souveränität und Gerechtigkeit mit dem Blut von Zehntausenden seiner besten Männer, Frauen und jungen Menschen bezahlt.


Der 17. Juli 1930 war die Geburtsstunde der Kommunistischen Partei und mit ihr trat eine Partei auf die politische Bühne, die mit den Arbeitern und Bauern auf die wachsende staatliche Aggression reagierte, und politisch-soziale Ziele wie eine Bodenreform, Wohnungsbau, Gesundheit und freie Bildung sowie die Arbeitsmarktpolitik reformieren wollte. Mit ihr begann der organisierte Kampf der Massen, der jedoch von der Regierung aufs Schärfste verfolgt wurde. Kommunisten, Sozialdemokraten und soziale und politische Organisationen wurden zerschlagen und ihre Mitglieder und Sympathisanten verfolgt und ermordet. Hier sind auch die Ursprünge in der bewaffneten Reaktion in den verschiedenen Regionen des Landes bei der Verteidigung ihres eigenen Lebens, ihrer Familien und ihrer Interessen zu sehen.

Schließlich folgte im Mai des Jahres 1964 die Gründung der Revolutionären Streitkräfte Kolumbiens (FARC) als bewaffnete politische Antwort auf die staatliche Repression. Als Sinnbild hierfür steht die Bauernenklave Marquetalia, in der sich bewaffnete Bauern zurückgezogen hatten, um ein friedliches und vom Staat unabhängiges Leben zu führen. Den Ruf nach Frieden im Land wollte die Regierung unter Guillermo León Valencia nicht hören, sie suchte die Auseinandersetzung mit den wenigen Bauern unter der Führung von Manuel Marulanda Vélez. Unterstützt wurden sie bei den Militäroperationen von der US-Regierung. Aus den kleinen verschiedenen Bauernenklaven entstand nun eine Guerilla-Bewegung, die für universelle Ziele wie Frieden, soziale Gerechtigkeit, Unabhängigkeit und Souveränität kämpfte. Die Zerschlagung der Guerilla wurde nicht erreicht, im Gegenteil, die Guerilla wuchs stetig an und große Teile der Bevölkerung sympathisierten mit ihr.

Im Einklang mit den Interessen des Friedens und weil die FARC zu einer ernstzunehmenden Größe avancierten, unterzeichnete im Jahr 1984 Präsident Belisario Betancourt ein Friedensabkommen. Die Absicht nach Frieden wurde jedoch schnell enttäuscht. Die herrschende Klasse und ihre paramilitärischen Einheiten fingen nun an, die legal gegründete Unión Patriótica (UP), eine von FARC, Kommunistischer Partei und unabhängigen Linken ins Leben gerufene Partei,  zu vernichten. Dieser Staatsterrorismus war es, der zwei Präsidentschaftskandidaten, Dutzende von Abgeordneten, Bürgermeistern, Stadträten und mehr als sechstausend Mitglieder der UP, viele aktive Mitglieder und Führer anderer linker Organisationen ermorden ließ. Tausende Studierende, Gewerkschafter, Bauern, Indigene, Rechtsanwälte, Journalisten, Priester und prominenten Menschenrechtsaktivisten, aber auch die einfache Bevölkerung mussten die entsetzliche Brutalität der herrschenden Klasse erfahren. Doch auch jetzt wurde der bewaffnete Widerstand in Kolumbien weiter gestärkt.

Und wieder versuchte sich ein Präsident in Friedensverhandlungen, so geschehen im Jahr 1998, als Andrés Pastrana auf der einen Seite mit der FARC-EP verhandeln wollte, auf der anderen Seite aber die Zeit nutzte, um die militärische Aufrüstung des Landes voranzutreiben, da die Gefahr eines militärisch-politischen Sieges der Guerilla zum Greifen nahe war. Die Vorschläge der Guerilla mit einer „Gemeinsamen Agenda für den Wandel zu einem Neuen Kolumbien“ schmetterte er gnadenlos ab. Stattdessen verfolgte er eine Politik der Expansion und Repression, die er mit Hilfe des bei der internationalen Staatengemeinschaft als Anti-Drogen-Plan vorgestellten „Plan Colombia“ durchführte. Ganze Landstriche wurden durch Militäroperationen und Versprühen von Pestiziden entvölkert. Die Friedensverhandlungen scheiterten endgültig im Jahre 2002.


Was mit Pastrana begann, setzte sich unter Álvaro Uribe, der ab 2002 zwei Präsidentschaftsperioden innehatte, fort. Er versuchte die FARC-EP militärisch zu vernichten und setzte dabei auf die staatlichen Sicherheitsbehörden und auf die vom Staat unterstützen paramilitärischen Einheiten. Doch nicht nur die Guerilla gehörte unter Uribe und aktuell unter Präsident Manuel Santos, der Verteidigungsminister in der Regierung von Uribe war, zum Feindbild, sondern auch alle anderen politischen und sozialen Organisationen, die in Opposition zur Oligarchie standen. Militärpläne wie „Plan Patriota“ und „Seguridad Democrática“ brachten Terror und Vertreibung über das Land. Mit einer Anbiederung an das neoliberale Wirtschaftsmodell sind beide für Armut, Hunger, Korruption und Ungerechtigkeit in Kolumbien verantwortlich. Straffreiheit gab es hingegen für Paramilitärs und Personen des Drogenkartells. Und während ein Großteil der Bevölkerung vom politischen, sozialen und wirtschaftlichen Leben ausgeschlossen wird, profitieren die transnationalen Konzerne und Reichen von Freihandelsabkommen und der Ausbeutung des Landes.

Das legitime Streben der Kolumbianerinnen und Kolumbianer nach Demokratie und Wohlstand basiert auf einer Erkenntnis: Die vorenthaltene Gerechtigkeit wird dem Volk nicht geschenkt. Es wird sie nur im Kampf erobern können!

Solidarität mit Kolumbien und der revolutionären Bewegung!

20 Mai 2012

Streik am 30. Mai

Die kolumbianischen Gewerkschaftsverbände CUT, CTC und CGT und alle Verbände der staatlichen Angestellten, FECODE, Fenaltrase, Fenaser, Unete, Utradec, sowie die Interessenvertretungen von Bildung und der öffentlichen Dienste haben sich darauf geeinigt, einen nationalen Streik am Mittwoch, den 30. Mai durchzuführen. Der Streik richtet sich gegen die vielschichtigen sozialen Probleme im Land.
Wegen des aktuell vorhandenen ökonomischen Modells ist Kolumbien innerhalb Lateinamerikas das Land mit der größten Armut und Ungleichheit in der Einkommensverteilung, nur in Haiti ist diese Schere noch größer. Mit dem Inkrafttreten des Freihandelsabkommens mit den Vereinigten Staaten wird sich diese Situation noch verschlechtern.

Jüngste Umfragen zeigen, dass zwei der gravierendsten Probleme der kolumbianischen Gesellschaft der Mangel an Arbeitsplätzen und deren Qualität sind. So wächst die informelle und sozial nicht abgesicherte Arbeit weiter rasant an, sozialer und gesundheitlicher Schutz als Merkmale menschenwürdiger Arbeit nehmen weiter ab.
Des Weiteren wird die Inanspruchnahme von sozialen Dienstleistungen immer teurer, da viele Bereiche privatisiert werden und staatliche Förderungen zurückgenommen werden. Gerade im Bildungs- und Gesundheitsbereich und bei zentralen Leistungen wie Energie und Wasser sind die Einschnitte und Teuerungsraten besonders spürbar.

17 Mai 2012

Politische Gefangene in Kolumbien

Abgesehen von der Diskussion über die Existenz von politischen Gefangenen in Kolumbien, sind die Zustände in den Gefängnissen für die Insassen katastrophal. Doch auch, wenn sich mehr und mehr soziale Bewegungen und Teile der kolumbianischen Gesellschaft mit dem Thema auseinandersetzen, um so Druck gegenüber der Regierung aufbauen zu können, scheint ein Einlenken seitens der staatlichen Behörden derzeit nicht erkennbar.


Gemäß dem Nationalen Institut der Haft- und Strafanstalten in Kolumbien vom Januar 2012, gibt es in Kolumbien 102.292 Gefangene im Land, darunter schätzungsweise 21.199 die wegen Delikten der Rebellion oder anderer politischer Straftaten eingesperrt sind. Auch wenn in den letzten Monaten die Debatte um die Gefangenen von politischen Delikten an Schärfe und Aufmerksamkeit  gewonnen hat, so wird von offiziell staatlicher Seite weiterhin Desinteresse an einer Auseinandersetzung und Einordnung der Gefangenen als explizit politische Gefangene gezeigt. Passend hierzu gab der Justizminister eine inakzeptable Äußerung auf die Frage nach den Gefangenen von sich, die nicht eines staatlichen Offiziellen würdig ist: „Keine politischen Gefangenen, weil es hier keine politische Gefangenen gibt und natürlich keine Kriegsgefangenen, weil es hier keine Kriegsgefangenen gibt.“

Ein Justizminister beantwortet eine Frage mit einem kategorischen Nein weil es ebenso ist. Dies zeugt von keiner demokratischen Kultur in einer Regierung, schon gar nicht in einer grundsätzlichen Debatte wie jetzt, nach dem die FARC-EP die letzten Kriegsgefangenen freigelassen haben, es die Regierung aber nicht für nötig hält, Kommissionen zur Begutachtung der Situation der Gefangenen zu erlauben oder den Status von Tausenden Gefangenen anzuerkennen, die aufgrund politischer Delikte in den Gefängnissen sind.

Dies ist umso unverständlicher, weil es nach dem Gesetz verschiedene politische Delikte gibt (Rebellion, Zusammenrottung, Aufstand) und auch international bestimmte Rechte und Gesetze bezüglich von Bürgerkriegen und innerstaatlichen Konflikten vorhanden sind. Es ist schon verwunderlich, wenn sich eine Regierung nicht an den bewaffneten Konflikt im eigenen Land erinnert und die Gefangennahme von Personen bei politischer Betätigung, bei Auseinandersetzungen, politischen Aktionen oder während sozialer und bewaffneter Kämpfe wahrhaben will. Genau darum dreht sich die öffentliche Debatte. Wenn es die Delikte im Zuge von Politik und Krieg gibt, dann muss es auch als Konsequenz in Kolumbien politische Gefangene und Kriegsgefangene geben.

Spätestens seit den 1970er Jahren gibt es in Kolumbien die Versuche, die politischen Gefangenen mit diesem Status anzuerkennen. Im Jahr 2006 alarmierten verschiedene Menschenrechtsorganisationen über die Existenz von 7500 Gefangenen aus politischen Gründen. Die aufständische Organisation FARC-EP erklärte im August 2011, dass die Anzahl der politischen Gefangenen und Kriegsgefangenen auf über 9500 im ganzen Land gestiegen ist. Ein Teil der jener Gefangenen gehört dieser Organisation an.

Gemäß dem Nationalen Institut der Haft- und Strafanstalten in Kolumbien ist unter den 21.199 ein Großteil unter allgemeinen Delikten zusammengefasst. Benannt werden diese Delikte zum Beispiel als Erpressungen, Entführungen oder unerlaubte Kriegsmethoden. Eine Aufschlüsselung des Instituts gibt folgendes Bild. Unter den fast 22.000 Gefangenen wegen politischer Delikte sind 1933 wegen Rebellion, 8629 wegen straffälligen Auffallens, 679 wegen Terrorismus, 54 wegen terroristischer Akte, 2541 wegen Entführungen, 2987 wegen erpresserischen Menschenraub, 4326 wegen Erpressung, 18 wegen finanzieller Unterstützung terroristischer Gruppen, 30 wegen unerlaubter Nutzung von Medien oder Methoden der Kriegsführung, 1 wegen Landesverrat und eine Person wegen Spionage. Es ist eine Systematik der Regierung, dass politische Gefangene in der Außenwirkung auch mit solchen allgemein kriminellen Anklagen behaftet werden, obwohl diese einen politischen Hintergrund haben. Deshalb gehen verschiedene Gruppen und Organisationen von mehr als 9500 politischen Gefangenen aus und veröffentlichen die Zahl von 21.199 Personen in Gefängnissen, wo mit großer Wahrscheinlichkeit von einer Tat im politischen Kontext auszugehen ist.

Bereits im März dieses Jahres gab es von mindestens 600 politischen Gefangenen einen organisierten Hungerstreik, um die Durchsetzung des Besuchs einer Internationalen Kommission in den Gefängnissen zu ermöglichen. Mit diesem radikalen Mittel wurde ebenfalls auf andere Probleme aufmerksam gemacht. Oft werden als Schikane die politischen Gefangenen in Bereiche verlegt, in denen rechte Paramilitärs einsetzen. Dies zeugt von einer Systematik der Erniedrigung, denn die Guerilleros, Gewerkschafter, soziale Aktivisten und Anführer der Land- und Indigenabewegungen sind physischer und psychischer Gewalt ausgesetzt. Generell fehlt es an Trinkwasser, besonders in den Gefängnissen, die Temperaturen von 35-40 Grad Celsius aufweisen. Als trauriges Beispiel dient hierfür das Gefängnis in Valledupar. Auf der anderen Seite gibt es Gefängnisse in kälteren Regionen wie Bogotá, wo die Temperaturen in der Nacht auf 5 Grad Celsius fallen und keine Kleidung oder Decken zur Verfügung gestellt werden. Kleidung, Bettwäsche und Decken werden mit fadenscheinigen Gründen als Hilfsmittel von außen abgelehnt. Krankheiten wie Tuberkulose, Hepatitis und Syphilis sind häufig zu finden und eine medizinische Versorgung oft nicht möglich. Außerhalb der Gefängnisse werden die Familien der Häftlinge bedroht, um zum Beispiel Falschaussagen zu erzwingen.

Mit einer Arroganz und einem Nichtanerkennen des Problems versucht die Regierung Kolumbiens die Tausenden Gefangenen zu negieren, die im Rahmen einer politischen Oppositionstätigkeit gefangen genommen worden sind und in den Gefängnissen des Landes einsitzen. Mit der Weigerung des Zutritts einer internationalen Kommission zur Untersuchung der Situation der Gefangenen durch die Regierung sind sie in den Gefängnissen weiterhin unmenschlichen Bedingungen, fehlender Gesundheitsfürsorge, Überfüllung, unhygienischen Zuständen sowie Bedrohungen und Folter ausgesetzt.
Es ist an der Zeit, dass die kolumbianische Regierung und die internationale Öffentlichkeit die Realität der mehr als 9500 politischen Gefangenen anerkennt.

Der soziale und politische Kampf ist kein Delikt, er ist ein Schritt zur Freiheit!
Freiheit für alle politischen Gefangenen!

10 Mai 2012

Presse und Freiheit

Mit der Gefangennahme eines französischen Journalisten und der Veröffentlichung eines Kommuniqué der FARC-EP soll die Freiheit der Presse bzw. die Rolle der Presse im aktuellen bewaffneten Konflikt in Kolumbien auf die Agenda gesetzt werden.Die Debatte wurde sogar von den mainstream- und regierungsnahen Medien aufgenommen.


Die Revolutionären Streitkräfte Kolumbiens (FARC-EP) haben am Montag eine Erklärung veröffentlicht, in denen sie zum einen die Gefangennahme eines französischen Journalisten erklären und zum anderen eine Debatte über die Freiheit der Information losgetreten haben. Der Journalist wurde während Kämpfen zwischen der 15. Kampffront der FARC-EP und Armeeeinheiten Ende April in Caquetá festgenommen. Dabei trug der 35jährige Journalist Roméo Langlois die Uniform der regulären Armee und war Teil der Militäroperation. Wenige Zeit später gaben sie die baldige Freilassung des Journalisten bekannt, der aufgrund von Uniformierung und Teilnehmer des Angriffs vorläufig als Kriegsgefangener gilt. Die FARC-EP geben der kolumbianischen Regierung eine Mitschuld an der derzeitigen Situation, da sie Zivilisten in Uniform an Militäreinsätzen teilhaben lässt. Zum anderen soll eine Diskussion über freie Meinungsäußerungen und die Freiheit der Presse initiiert werden. Um mediale Aufmerksamkeit zu bekommen, spielt die Gefangennahme des französischen Journalisten den Aufständischen zum derzeitigen Zeitpunkt in die Hände. Nicht nur, dass kritische Presse oder oppositionelle Meinungen zur Regierung generell aufs Schärfste verfolgt werden, seit einigen Tagen sind einige Internetseiten der FARC-EP und linke Nachrichtenportale gesperrt worden. 

Der Text der FARC-EP zeigt auf, dass eine Kamera die Rolle einer Waffe spielen kann. In Kolumbien werden alltäglich die Medien manipuliert, um der Bevölkerung einen terroristischen Kontext der Aufständischen zu suggerieren, andererseits werden Meldungen zum Positiven für die Regierung verfälscht. Die Aufständischen meinen, dass die Meinungsfreiheit nicht nur zum Wohle der Oligarchie, der Eigentümer von Kapital und Land und der Regierung gilt, sondern sie im Interesse aller eingesetzt werden sollte. In diesem Zusammenhang erwähnen sie die täglichen Angriffe auf die Medien und Webseiten der FARC-EP oder auf ihren Radiosender. Wenn ein französischer Journalist an Kampfhandlungen teilnimmt, dann wird er dies nicht im Sinne wirklicher Meinungsfreiheit tun, sondern gezielt manipulierte Informationen von Regierung und Militär in Umlauf bringen. Des Weiteren betonen sie, dass kritische Journalisten, ob aus Kolumbien oder aus anderen Ländern, erwähnt sei hier der Fall vom schwedischen Staatsbürger Joaquín Becerra, eingeschüchtert, verfolgt und im schlimmsten Fall ermordet werden. Auf schwarzen Listen werden die Namen jener Journalisten veröffentlicht.

Während es für die FARC-EP mehr als schwer ist, mit der Außenwelt zu kommunizieren und diverse Medien zu nutzen, wenden die Regierung und die ihr zugehörigen Nachrichtenagenturen und Medien die gesamte verfügbare psychologische Kriegsführung an. Auch in Deutschland wird häufig ein unreflektiertes Bild von Kolumbien und vom sozialen und politischen Konflikt übernommen. Klar, Journalisten können und müssen sich häufig auf bestimmt Quellen verlassen. Dies kann jedoch nicht bedeuten, dass Regierungs- oder Armeequellen einfach übernommen werden und der Blick der anderen Seite außer Acht gelassen wird. Wenn in Deutschland Informationen und Nachrichten über Kolumbien vorherrschen, dann beziehen sich diese zum größten Teil auf den bewaffneten Konflikt oder den Drogenhandel. Hierbei sind zumindest die Nachrichten und Meldungen der Mainstream-Medien stark auf die Guerilla fokussiert, die FARC-EP werden als Schuldige für die Misere im Land ausgemacht, die für Terror und Drogen verantwortlich sind. Mit Begriffen wie Entführungen, Erpressungen und Drogenhandel im Kontext der Aufständischen soll polarisiert und eine bewusst eingeschränkte Perspektive hervorgebracht werden. Der politisch-soziale Charakter der Guerilla soll somit negiert werden. Diese immer gleichen Bilder und Klischees sorgen dafür, dass viele Personen denken, dass die meisten Toten in Kolumbien eine Folge des Krieges der Guerilla sind und nicht Opfer von Armut, krimineller Gewalt oder Opfer von Paramilitärs und Regierung. Der Tod von armen und hungernden Menschen in einem Land, was eigentlich reich an natürlichen Ressourcen ist und beste Bedingungen für den Wohlstand aller hat, ist eine der schlimmsten Formen des Todes.

03 Mai 2012

Der Fall Roméo Langlois

Eine Frau, die den Aufständischen der FARC-EP angehören soll, teilte einer Gruppe von Journalisten in der Region Caquetá ein offizielles Kommuniqué der 15. Kampffront der FARC-EP mit. In der Mitteilung heißt es, dass der französische Journalist Roméo Langlois in den Händen der FARC-EP sei. Der 35-jährige wird seit dem 28. April vermisst, als es zu Kämpfen zwischen einer Militärpatrouille und Guerilleros kam. Der französische Journalist begleitete die Soldaten, um eine Reportage für den französischen Kanal „France 24“ zu drehen.
Auch wenn die Umstände derzeit noch nicht klar sind, die kolumbianische Regierung verletzt mit der Begleitung von uniformierten ausländischen Zivilisten bei Militärpatrouillen die internationalen Menschenrechte und macht sich somit mitverantwortlich für die augenblickliche Situation. Aufgrund des Tragens der Uniform und weil er Teil einer Patrouille und militärischen Operation war, weil er einen Angriff auf ein Camp der Aufständischen filmte, wird der Journalist von den FARC-EP als Kriegsgefangener behandelt.

Das Kommuniqué lautet wie folgt:

„Die 15. Front informiert die Öffentlichkeit, dass sich der französische Journalist, uniformiert als Soldat und festgenommen während eines Gefechts, in unseren Händen befindet und Kriegsgefangener ist. Er ist leicht an einem Arm verletzt, er wurde medizinisch versorgt und ist außer Gefahr.
Generalstab der 15. Front, Südblock der FARC-EP. Berge von Caquetá, 30. April 2012.“

Ergänzt am 06.05.:
Videobotschaft der FARC-EP über die Gefangennahme des Journalisten Roméo Langlois:


Wortlaut der Videobotschaft:

“Mi nombre es Ancízar. Conocido popularmente como “Monazo”. Soy comandante de escuadra del Frente 15. A continuación les voy a leer un comunicado.
Marchando hacia la libertad
Parte de guerra
1. El día 28 de abril, unidades del Bloque Sur combatieron con una patrulla del ejército y la policía durante siete horas, en la vereda La Libertad, inspección de La Unión Peneya, municipio de Montañita, Caquetá.
Desde el inicio del combate, el ejército y la policía fueron apoyados por cinco helicópteros, el avión fantasma, dos bombarderos Tucano y un avión de la policía nacional. Durante el combate, el ejército tomó como trinchera las casas de los civiles. Varias casas de los campesinos fueron averiadas por la aviación, que sin ningún pudor disparaba indiscriminadamente.
2. El día 29 de abril, unidades del Bloque Sur dieron de baja a dos agentes de la SIJIN, que se encontraban atropellando a la población civil en la carretera Paujil- Montañita.
Resultados: tres helicópteros averiados. 19 bajas entre ejército y policía. 12 profesionales heridos. Material de guerra recuperado: un fusil M4-M16. Tres fusiles Galil H-55. Un cañón para ametralladora. Dos granadas de mano MK-26. Catorce proveedores. 800 cartuchos calibre 5.56. Cuatro equipos de campaña. Tres riatas. Dos chalecos. Dos visores nocturnos. Una cámara digital y abundante material de inteligencia. Novedades guerrilleras: tres guerrilleros asesinados, un guerrillero herido levemente.

Comunicado

El frente 15 informa a la opinión pública que el periodista francés Roméo Langlois, uniformado de militar y capturado en pleno combate, está en nuestras manos. Es prisionero de guerra. Está levemente herido en un brazo. Se le ha prestado la atención médica necesaria y está fuera de peligro.
Estado Mayor Frente 15,
Bloque Sur de las FARC-EP
Montañas del Caquetá, abril 30 de 2012.”

Periodista Karl Penhaul: Pero, Monazo, cuéntenos qué es lo nuevo que nos puede contar de Roméo Langlois, sobre su situación.

Monazo: No estoy autorizado para dar declaraciones, por organismos superiores. Pero basado en el comunicado, lo nuevo que les puedo contar es que, por información de amigos tuyos, periodistas –información que llega directa–, con esa información hemos concluido que, efectivamente es francés; que se llama Roméo Langlois; que es periodista. Y con esta información esperamos que prontamente superemos este impasse.
 
Quelle: Anncol


Ergänzt am 07.05.:
FARC-EP kündigen in einer Nachricht auf Twitter die baldige Freilassung des Journalisten an.