28 August 2014

FARC-EP grüßen Teilnehmer des Forums von Sao Paolo

„Wir haben immer die Teilnahme der internationalen Gemeinschaft in der politischen Lösung des Konfliktes positiv wahrgenommen“ Kommandant Alfonso Cano

In einem Kommuniqué der Internationalen Kommission der FARC-EP von dieser Woche werden die Teilnehmer des zwanzigsten Forums von Sao Paolo gegrüßt. Das Forum, welches den Namen des Gründungsortes trägt, ist ein Treffen von linken Bewegungen und Parteien, das dieses Jahr in La Paz (Bolivien) stattfindet. Der Beginn des Forums ist für den heutigen Tag vorgesehen.

„Die Compañeras und Compañeros Teilnehmenden des XX. Treffens des Forums von Sao Paolo, FSP, bekommen als Repräsentanten der Parteien und politischen und sozialen Bewegungen im Kampf und in der Errichtung  von populären alternativen zum Neoliberalismus, Kapitalismus und Imperialismus einen bolivarischen Gruß der FARC – Volksarmee.“

Die aufständische Bewegung sieht sich als Teil der Linken des Kontinentes, als Teil des Widerstandes der Menschen und als Antriebskräfte und deswegen „sind wir anwesend in diesem Treffen und bekräftigen unsere Übereinstimmung mit dem Slogan `Die Armut und die imperialistische Gegenoffensive vernichten, das Gute Leben erobern, für die Entwicklung und die Integration in Unserem Amerika´, ein wesentlicher Schritt auf dem Weg zum Aufbau einer gerechten Gesellschaft für alle.“

Der Feind wird es nicht schaffen, die Kräfte des Volkes zu und der Linken zu splitten, so das Kommuniqué der Internationalen Kommission der FARC-EP. Es wird an die Einheit der Linken und an die Solidarität, unter anderem mit den linken Volksregierungen, appelliert. Sie verweisen auf die eigenen Fortschritte bei dem Aufbau eines Landes mit sozialer Gerechtigkeit, einem würdevollen Leben, Arbeit, Demokratie und Souveränität, in dem sie schon drei Abkommen und weitere Vereinbarungen im Rahmen der Friedensgespräche abgeschlossen haben.

„Das Forum von Sao Paulo kennt unseren politischen Willen und die Entschlossenheit, den Frieden zu erreichen, es weiß, dass wir kämpfend gegen die militärische Aggression gegen das Volk geboren wurden. Es weiß, dass wir kein bewaffneter Apparat sind, es weiß, dass die Waffen noch nie das Ende der FARC-EP selbst gewesen sind und es weiß, dass der Frieden für uns ist viel mehr ist als das Schweigen der Waffen, denn dieser ist nur möglich, wenn wir die wirtschaftlichen, politischen, sozialen und kulturellen Gründe als Ursprung der Konfrontation lösen.“

„Unser Widerstand ist im Wesentlichen politisch, und wenn wir es mit der Waffe in der Hand tun, dann als Reaktion auf die Gewalt, die von der Oligarchie in Übereinstimmung mit den imperialen Mandatsträgern auferlegt wird. Selbst inmitten der Gespräche in Havanna töten die Feinde des Friedens, diejenigen die vom Krieg verdienen, weiter, sperren ein, vertreiben und bedrohen jene, die mit Würde und Mut Widerstand leisten.“

Im Kommuniqué gedenken sie jenen Frauen und Männern, die im letzten Jahr ermordet worden sind. Als Beispiele nennen sie Personen vom Marcha Patriótica, vom Congreso de Los Pueblos, von den sozialen und populären Bewegungen, Indígenas oder die Afro-Gemeinden. Außerdem zeigen sie Einverständnis mit der Proklamation des Plenums der CELAC-Gemeinschaft vom Januar 2014 in Kuba, als verlautbart wurde, dass „der Frieden Kolumbiens der Friedens des Kontinents ist.“
Deshalb brauchen die Friedensgespräche in Havanna die Unterstützung des Forums von Sao Paolo.

„Wir laden Sie ein, Männer und Frauen mit der Vision eines Großen Vaterlandes, sich in ihren Ländern, in Unserem Amerika und in der Welt nach ihren Möglichkeiten solidarisch zu zeigen.“ Dies kann sowohl auf der Straße, als auch auf institutioneller Ebene geschehen und soll ein Beitrag auf dem Weg zu diesem edlen Ziel sein, so die FARC-EP. 

Dem schließen wir uns als Kolumbien Info an. Erfolg für die Arbeit des Forums von Sao Paolo in La Paz und Grüße an die Internationale Kommission und alle politisch-militärischen Strukturen der FARC-EP!

27 August 2014

Guerilleros als Opfer des sozialen und bewaffneten Konflikts: Cristian

Cristian und seine Familie lebten in dem Dorf Costa Rica welches sich in der Gemeinde von San Juan de Arama im Departement Meta befindet. Dort verbrachte er seine Kindheit bis zum Alter von 12 Jahren.

Im Jahr 1990 waren sein Vater und sein Onkel von der Gemeinde San Juan de Arama in Richtung des ländlichen Dorfes Costa Rica mit dem Motorrad unterwegs, als sie von acht Mitgliedern der Nationalen Polizei, die in jenem Moment in Zivil gekleidet waren, abgefangen. Die Mitglieder der staatlichen Sicherheitskräfte raubten den Onkel und den Vater von Cristian aus, Geld aus dem Verkauf von mehreren Ladungen Mais und später durchsiebten sie sie mit 12 und 10 Schüssen. Inmitten des Alkoholrausches erzählten die Polizisten das Verbrechen in einem Bordell, als sie den Gelderlös aus dem Raub ausgaben. Auf diese Weise bekamen die Bevölkerung und dann die Familie von Cristian mit, wer die Urheber und was das Motiv für den Mord waren.

Einige Tage später ging die Familie von Cristian zur Polizeistation in San Juan de Arama, um den entsprechenden Vorfall zur Anzeige zu bringen. Aber die Reaktion des Leitenden der Polizeistation war erzürnt und eine groteske Bedrohung, mit den Worten von Cristian: „Das Beste was sie tun können ist ihre Koffer und ihre vier Anhängsel zu nehmen und von hier zu verschwinden, denn wenn sie hier in der Nähe immer noch anzutreffen wären, dann werden wir alle töten.“

Aufgrund einer solchen Bedrohung, und ohne Zweifel, sie würde von den Mitgliedern der staatlichen Sicherheitskräfte wahrgemacht werden, Cristian und seine Familie waren gezwungen, aus der Region zu verschwinden. Sie verließen ihre Finca und ihr Haushaltsvermögen, um ihr Leben zu schützen und sie gingen direkt nach Villavicencio, der Hauptstadt von Meta. Dort wurden Cristian, er war der älteste von vier Brüdern, und seine Mutter mit der schwierigen wirtschaftlichen Situation konfrontiert und zu gleicher Zeit litten sie unter dem Verlust ihrer Lieben. Ein Verlust vor allem deshalb, weil die Täter ungestraft bleiben würden und weil bis heute keine Gerechtigkeit getan wurde. Aus Angst vor Repressalien und Drohungen hat die Familie nie weiter versucht, eine entsprechende Anzeige dieses staatlichen Verbrechens in den Händen der Mitglieder der Nationalen Polizei anzustrengen.

Acht Jahre später, als Cristian 20 Jahre seines Lebens zählte, trat er der FARC-EP zusammen mit einem Cousin bei. Hier begannen neue Episoden von Gewalt und Verbrechen gegen seine Familienmitglieder.

Im Jahr 2001 reisten die Tante Judith und eine Cousine von Cristian in einem Bus, der von Acacias nach San Martin (Meta) fuhr, und sie Opfer einer einer Straßensperre von der paramilitärischen Gruppe „Los Centauros“ wurden. Mit einer Liste in der Hand mussten sie den Bus verlassen, sie wurden schikaniert und der Zusammenarbeit mit der Guerilla bezichtigt. Sie wurden schließlich gefoltert, ihre Brüste abgeschnitten und zuletzt erschossen. Die Leichen wurden in den Müllhalde von Acacias gefunden und als seine Familienmitglieder dort hinfuhren um die Leichen in die Leichenhalle der Gemeinde unterzubringen, wurden sie verschiedenen Problemen ausgeliefert und ohne weiteres die gesamte Familie beschuldigt, Kollaborateure der Aufständischen zu sein. Die Familien wurden wieder bedroht und in Alarmzustand versetzt, keine Anzeigen von eines der Verbrechen durchzuführen, im Gegenzug für die Erhaltung ihres Lebens und der persönlichen Unversehrtheit.

Kürzlich, im Jahr 2013, als Cristian bereits ein fester Bestandteil der FARC-EP war, wurde er von Meldestellen der kolumbianischen Armee kontaktiert, um ihn dazu zu bewegen, Mord und Auslieferung von Dutzenden seiner Mitstreiter durchzuführen. Der Staat, mit dem Mittel des schmutzigen Krieges, drohte ihm mit dem Mord und der Gefährdung des Lebens seiner engsten Familienmitglieder. Seine Mutter und seine Brüder wurden unterdessen auch kontaktiert, um Cristian zu überzeugen, eine verräterische Aktion gegen die Organisation zu realisieren. Dazu sollte er einen Mikrochip in das Lager des Kommandanten der Front einzuführen. Cristian ergab sich nicht dem starken Druck. Im August dieses Jahres fand die letzte Kommunikation mit der Mutter von Cristian statt. Bis dahin stiftete die Armee seine Familie per Telefon weiter an. Zum heutigen Tag ist nichts über das Schicksal seiner Angehörigen bekannt.

Berge von Kolumbien, 24. August 2014

26 August 2014

Guerilleros als Opfer des sozialen und bewaffneten Konflikts: Norbey

Am Anfang des Jahres 2000 überfielen Paramilitärs unter dem Kommando von Martin Llanos, begleitet und in direkter Form unterstützt vom Bataillon 21 Vargas, stationiert in Granada (Meta) die Gemeinde El Castillo im Departement Meta. Die Gemeinde machte aus, dass die Militärs die offizielle Kleidung gegen die von den Paramilitärs ausgetauscht hatten, um kriminelle Massaker an der Zivilbevölkerung durchzuführen, die vermeintliche Kämpfer oder Unterstützer der Guerilla zu sein schien. Sie ließen auch ihre offiziellen Waffen außen vor und benutzten AK-47-Gewehre, um die Opfer zu ermorden.

Bei ihrem Vormarsch durch das Territorium hinterließen sie Tod und Verwüstung. Norbey war bis dahin 13 Jahre alt und arbeitete auf der Finca, gelegen in der Ortschaft La Floresta, die Don Gabriel Quiguanás gehörte. Dort bekamen sie die Nachricht mit, dass die Paramilitärs in der Ortschaft La Esperanza waren, die ihnen am nächsten war. Mit der bevorstehenden Ankunft der Paramilitärs ging Norbey am Morgen von der Farm wo er arbeitete zum Haus seiner Mutter. Noch am selben Tag kamen die blutrünstigen Männer unter dem Kommando von Martin Llanos in der Finca von Quiguanás an. Dort wurde die gesamte Familie, mit Ausnahme von zwei Brüdern, geschlagen und eingesperrt. Einen von ihnen folterten sie in dem sie den Lauf einer Waffe durch den Darm einführten, den anderen, genannt Edier Quiguanás, schlugen sie und wenig später erschossen sie ihn dann.


Nachdem er dort wo seine Mutter war, deren Haus war das letzte im Dorf La Floresta bevor der Dschungel anfing, ging er zum Haus seiner Tante, welches das war, wo er in der Regel lebte. Als er dort war, erfuhr er, dass die paramilitärische Gruppe in das Haus seiner Mutter gekommen war, mit dem Vorwurf, sie sei eine Unterstützerin der Guerilla und sie habe 10 Minuten, um das Haus zu verlassen. Sie nahm nur das mit, was sie in der kurzen Zeit möglich war. Wie es für eine Frau natürlich ist, nahm sie mit was sie konnte, darunter ihre sieben kleinen Kindern, um schließlich in Richtung ihrer Schwester zu flüchten (die Tante von Norbey).

 

Nach drei Tagen ging Norbey zum Haus seiner Mutter, welches er total ausgebrannt wiederfand. Er sah auch einige Tiere, die sich retten konnten, darunter eine kleine Ente, deren Schwanz war halb verkohlt war. Inmitten der Trauer dachte er: Wie könnten sie das alles bezahlen? Sie waren bescheiden lebende Bauern, die Kaffee anbauten. Er beschloss sofort, sich der Guerilla anzuschließen, aber in die Reihen ließ man ihn nicht aufgrund seines jungen Alters. Also traf er die Entscheidung, seine Mutter und seine sieben Brüder und Schwestern in ihrer Vertreibung in die Hauptstadt zu begleiten. Sie realisierten dies nur mit dem wenigen Geld und ein paar Kleidern, die sie vor dem Feuer und der Zerstörung ihres Zuhauses zu retten vermochten.
 

Als sie sich auf dem Weg nach Bogotá machten, kamen sie über Puerto Esperanza vorbei, einem kleinen Ort, wo sie notwendige Lebensmittel kaufen wollten. Dort trafen sie nur auf 3 Personen, denn der Rest der Dorfbewohner floh vor einem paramilitärischen Einmarsch. Diese Leute sagten ihnen, dass sie dem Cousin Luis von Norbey, der als Rinderzüchter in der Region arbeitete, sein Gesicht und seinen Körper mit Säure verbrannt und ihn später in einem blutigen Schauspiel getötet hatten. Die entsetzte und erschütterte Familie konnte nichts Weiteres tun, als weiter zu ziehen in ihrer Vertreibung.

Nach der Ankunft in Bogotá war alles schwierig, weil sie mit Nichts in das Haus eines entfernten Verwandten ankamen. In den folgenden Tagen gingen sie zu einer staatlichen Institution für die Gewährung der Beihilfe für die Opfer der Vertreibung. Hier erhielten sie ein paar Matten, einige Reinigungsmittel und eine Hilfe, um den Hunger für mindestens 15 Tage zu stillen.


Sie fanden nichts anderes als jenes und Norbey begann im Verkauf von Obst und Gemüse zu arbeiten welches sie auf einem Karren durch die Straßen der Hauptstadt schob. In der Zwischenzeit verdiente sich die Mutter ein paar Pesos, in dem sie fremde Wäsche wusch. Nach 3 Monaten und dem Unbehagen, welches die Familienmitglieder wegen der vielen jungen Kinder verursachten, musste sie sich umschauen, um eine Hütte zu mieten, in der sie sich niederlassen konnte.


Kurz Zeit später kontaktierte Norbey einen ihrer Onkel, der in La Uribe (Meta) arbeitete. Er empfahl ihm, dass er dort hingehen könnte um in der Region im Kokaanbau zu arbeiten. Er war dort für etwa ein Jahr, aber die Ermordung von zwei seiner Landarbeiterkollegen zwischen Julia und Mesetas (Meta) und die anschließende Präsentation als Guerilleros, die im Kampf getötet wurden (Verbrechen von der Armee verübt), forderten ihn erneut heraus nach Bogotá zu fliehen.


Am 8. Dezember 2001 kam er nach Bogotá, wo er mit dem Liebhaber der Mutter anfing, mit einem Pferdefuhrwerk, die Abfälle der Hauptstädter zu sammeln und zu recyceln. Diese Arbeit hielt er bis zum März 2002 aufrecht, ein Zeitpunkt in der ihm seine Mutter ausreichend Geld gab, um in das Departement Vichada zu gehen, um dort mit einem Cousin zu arbeiten. Im September schickte er seiner Mutter das Geld, das er sich geliehen hatte und trat anschließend in die Reihen der FARC-EP mit einem Alter von 15 Jahren ein. Mit der Entscheidung und in den Worten von Norbey, wurde er von der harten wirtschaftlichen und sozialen Lage getrieben, in welcher die Familie und all die Verwandten litten, genau wie der Rest des ganzen Landes, die auch Opfer der Gewalt des Staates und seiner paramilitärischen Kräfte wurden... So war es die einzige Form der Verteidigung. Norbey sagt, dass seine ganze Familie ein Opfer des kolumbianischen Staates aufgrund ihres revolutionären Kampfes ist und bestätigt, dass 17 Familienmitglieder als Teil der Guerilla im Kampf getötet wurden, Er erinnert sich nur an einige Namen von ihnen: Arnulfo, Ricardo, Wilington, Armando, die seine Onkel waren; Danilo, Wilder, Esteban, Alberto, Omerli, John Jairo, die seine Cousins waren und Edilson, sein Bruder.


Norbey erzählt diese Geschichte an die Erinnerung, welche an seine Familie gewidmet ist und all die Bauern, die von den in Granada (Meta) stationierten Soldaten des 21. Bataillons Vargas gefoltert, getötet und in Alto Arari vertrieben worden sind und die mit den paramilitärischen Gruppen paktierten.


Berge von Kolumbien, 22. August 2014


Bericht im Original 

25 August 2014

Das ungesehene Kolumbien

Dieses Video, von Unai Aranzadi aus dem Baskenland, ist eine der besten, wenn nicht sogar das beste Videos über die Realität in Kolumbien. Es zeigt genau das, wie es der Titel sagt: Ein Kolumbien, welches für die meisten Menschen unsichtbar ist. Das Kolumbien der „falsos positivos“, der Armen und der Opfer, die kein Recht haben, angehört zu werden. Die Unsichtbaren.

Wir veröffentlichen das Video hier, weil wir denken, dass es ein Muss für jeden ist, der es vorzieht, sich nicht vom Medien-Mainstream beeinflussen zu lassen. 





22 August 2014

Beteiligung von Militärs am Friedensprozess

Nach den Opfergruppen des über 50jährigen bewaffneten Konflikts nehmen nun auch die staatlichen Sicherheitskräfte in Form des Militärs und der Polizei an den Gesprächen teil. Beobachter sehen dies als einen weiteren wichtigen Schritt zum Beenden des Bürgerkrieges in Kolumbiens zwischen der Guerilla und der Regierung. 

Diesen Freitag betonten die Verhandlungsteilnehmer aus der Friedensdelegation der FARC-EP die Wichtigkeit, auch die Militärs und die Polizei in den Prozess der Gespräche miteinzubeziehen. Auf gleicher Augenhöhe sollen wichtige Punkte wie ein bilateraler Waffenstillstand und die Bedingungen an einem zukünftigen Ende der Friedensverhandlungen besprochen werden. Tatsächlich ist die Teilnahme der Militärs ein weiteres bedeutendes Ereignis, nachdem schon die Opfergruppen ihren Platz in den Gesprächen gefunden haben.

In den letzten Jahrzehnten waren die Militärs eine nicht zu unterschätzende politische Kraft in Kolumbien. Von ihnen hing es in den letzten Jahrzehnten ab, wie die Friedensverhandlungen verliefen. In den 1980er Jahren unter der Regierung von Belisario Betancur und auch später unter der Regierung von Andrés Pastrana (1998-2002) spielten sie eine mächtige Rolle, die sie immer wieder auszunutzen wussten. Da gleicht es aktuell einem Vorteil, weil der derzeitige Präsident Juan Manuel Santos zuvor Verteidigungsminister war. Demzufolge kennt er das Befinden und die Dimension des Einbindens der Streitkräfte genau.


Schon die Beteiligung der Opfergruppen und die erste abgeschlossene Runde mit einer Delegation aus verschiedenen Opfern wurde als ein großer Erfolg in der kolumbianischen Öffentlichkeit gefeiert. Wie zuvor schon auf dem Portal „Kolumbieninfo“ angemerkt, ist die Vielfalt und Repräsentation der verschiedenen Opfergruppen von Bedeutung. So nahmen in der ersten Delegation fünf Opfer der FARC-EP, vier Opfer von staatlicher Gewalt, zwei Opfer des Paramilitarismus sowie ein Opfer aller Opfergruppen teil. Dabei kam es in Havanna, dem Ort des Friedensprozesses, teilweise zu emotionalen Szenen zwischen den Beteiligten.


Zu der Beteiligung der Militärs sagte Verhandlungsführer der FARC-EP Iván Márquez, dass es ein unbestreitbarer Wert ist, dass zum ersten Mal bei Friedensgesprächen die Streitkräfte aktiv als Vertreter teilnehmen und sie sich als gleichberechtigte Partner in den Diskussionen und im Austausch der Fragen des Friedensprozesses sehen. Er betonte in einem Kommuniqué, dass jetzt der Moment gekommen sei, um militärische Themen anzusprechen. An den Gesprächen nehmen hochrangige Vertreter aus den Generalstäben der Armee und ebenfalls aus der Polizei teil.

Die Verlautbarungen der FARC-EP zu den oben angesprochenen Themen, aber auch zur Bildung einer Historischen Kommission des Konfliktes und ihrer Opfer, wurden heute zu einem Zeitpunkt angesprochen, an dem die Guerilla und die Regierung ihren 27. Verhandlungszyklus beenden. Derzeit werden die Opfer des Konfliktes als fünfter Punkt der Agenda der Friedensgespräche in Havanna/Kuba behandelt.


Kommuniqué auf Spanisch 

Kommuniqué auf Englisch 

19 August 2014

Zivilstreiks und Proteste in Kolumbien

Eine kurze Zusammenfassung zu den zivilen Streiks und Protesten in den verschiedenen Regionen Kolumbiens.

Die Politik des Honig ums Maul schmieren von Präsident Santos mit den populären und sozialen Bewegungen scheint mit den landesweiten Protesten nun endgültig vorbei zu sein. Nachdem Santos im Wahlkampf noch auf das große Thema Frieden bei den politischen und sozialen Bewegungen setzen konnte zeigt sich nun, dass die zweite Amtszeit von Santos keine leichte sein wird. Aufgrund tiefgreifender sozialer und politischer Probleme gibt es landesweit Proteste und Zivilstreiks, die Santos mit Repression Militarisierung bekämpft. Wieder einmal steht dabei die Kritik an der Politik der sogenannten Bergbau-Lokomotive als Zugpferd in der nationalen Wirtschaft im Mittelpunkt. Der Bergbau- und Energiesektor hauptsächlich für soziale Ungleichheit, Umweltverschmutzungen und Militarisierungen in vielen Regionen verantwortlich. Die Gewinne des ressourcenreichen Landes gehen nicht etwa in die Infrastruktur und soziale Projekte, sondern in die Kassen der nationalen und internationalen Oligarchie. Das einige Linke im Zuge des Friedensprozesses der kolumbianischen Regierung mit der FARC-EP und des Anbiederns an populäre Themen gedacht hatten, Santos könne einen neuen Weg bzw. eine neue Politik verkörpern, hat sich spätestens nun und mit der Benennung seines Regierungskabinetts erledigt.

Konnten die Agrarproteste und der Streik in diesem Jahr von Ende April und Anfang Mai noch einmal schnell beendet werden, auch weil Santos seine Kräfte mit den sozialen Bewegungen im Wahlkampf vereinen wollte, zeigte sich schon kurze Zeit später wieder die alte Sorge, dass Santos seine Versprechen nicht einhalten würde. Neben den Anklagen der Anführer aus den Agrarprotesten zu den Brechen der Versprechungen demonstrieren nun zusätzlich die Einwohner und Bauern aus verschiedenen Regionen Kolumbiens, um auf die soziale und politische Situation aufmerksam zu machen. Zivile Streiks gibt es derzeit in Putumayo, Nariño und Cauca im Südwesten des Landes sowie im Norden des Landes La Guajira und Urabá. Der Widerstand in Kolumbien gegen das neoliberale Politik- und Wirtschaftssystem ist erneut aufgeflammt und die Ubikation der Proteste zeigt deutlich, dass diese in Regionen stattfinden, die ländlich geprägt sind, eigentlich reich an natürlichen Ressourcen, aber fehlende Investitionen, Armut, Ungleichheit und Militarisierung für die Unzufriedenheit sorgen. Hier können wir uns wieder den Zusammenhang zu den Forderungen der FARC-EP und einer politischen und sozialen Verankerung in den jeweiligen Regionen hervorrufen. Nur mit Frieden und tiefgreifenden ökonomischen, politischen und sozialen Veränderungen kann der Frieden erreicht werden.

Urabá

In dieser Region gibt es einen Streik der Bananenarbeiter und Bauern aufgrund der verschlechterten Arbeits- und Lebensbedingungen. So wurde der Lohn der Arbeiter auf den Bananenplantagen gekürzt. Viele Arbeiter haben sogar ausstehende Löhne, einige von bis zu 11 Wochen, bei den multinationalen Konzernen wie Unibán und Banacol. Ingesamt sollen sich die Schulden auf 2.200.000 Millionen Dollar summieren. Hinzu kommen grundlegende Mängel in der Region wie fehlende Elektrizität. Kein Wunder also, dass Tausende von Menschen auf die Straßen gingen und teilweise Blockaden errichteten. Die staatlichen Sicherheitskräfte reagierten mit Repression was zu 24 Verletzten, einem 23jährigen Toten in Mutatá und zu mehreren Festnahmen führte.

Nariño und Cauca

In acht Gemeinden des pazifischen Nariño (El Charco, La Tola, Olaya Herrera, Santa Bárbara de Iscuande, Mosquera, Barbacoas, Magüi Payán und Roberto Payán) und drei Gemeinden des pazifischen Cauca (Guapi, Timbiquí und lópez de Micay) konzentrierten sich die Proteste im Südwesten des Landes. Hier wurde von afrokolumbianischen und bäuerlichen Organisationen zu einem zivilen Streik aufgerufen, der sich besonders gegen die korrupte Politik richtet. Doch der Streik soll auch eine konstituierende Verfassung und mehr Demokratie und Bürgerbeteiligung fordern. Im sozialen Bereich werden Punkte wie Gesundheit, Infrastruktur, Wohnraum und Bildung thematisiert. Grundtenor ist ein Frieden mit sozialer Gerechtigkeit und ein Ende der Militarisierung zu fordern. Die Regierung reagierte mit der Sperrung der Telekommunikation auf die Proteste, an denen sich mehr als 240.000 Menschen in der Region beteiligten.

Putumayo

Seit dem 11. August befinden sich 52 Gemeinden in einem zivilen Streik in der südlichen Provinz Putumayo. Der Streik richtet sich unter anderem gegen die Erweiterung der Lizenzen für erdölfördernde Konzerne und die Beschneidung der Rechte der lokalen Bevölkerung. Mit der Erdölförderung kommen nicht nur zusätzliche Umweltverschmutzungen, sondern auch eine aggressive Militarisierung der Region hinzu. Die Ausbeutung der natürlichen Ressourcen, die Militärdoktrin und die Vernichtung von illegalen Pflanzenkulturen führen zu weitreichenden Vertreibungen der Bevölkerung. Deswegen sind die Forderungen klar: Aufhebung der Lizenzen zur Erdölförderung, Beendigung der Besprühungen von Pflanzungen und die Achtung der Menschenrechte.

La Guajira

Die Situation in La Guajira ist ein katastrophales Szenario. In der Provinz gibt es 37.000 unterernährte Kinder und es ist chronisches Problem. 30% der Kinder unter 5 Jahre sind unterernährt und zwei Kinder sterben täglich aus Mangel an Pflege, Durst oder Hunger. Es ist unglaublich, dass in einem scheinbar reichen Land Regionen existieren, die so arm sind wie La Guajira, obwohl hier eine der bedeutenden Minen für Kohle in der Welt existiert. Hinzu zu den negativen Folgen der Bergbau- und Energiepolitik der Regierung kommt eine Dürre, die bereits 23.000 Stück Vieh getötet hat. Diese Krise verdeutlicht die Auswirklungen von einer tiefen Ungleichheit im Land zwischen Ausbeutung der natürlichen Ressourcen und dem fehlenden Wohlstand der Bevölkerung, dem fehlender Zugang zu angemessenen Ressourcen oder einer Infrastruktur, und dem umweltzerstörerischen Folgen des Bergbaus, wie der Mine Cerrejón. Dies führte zu einem großen Zivilstreik, der nun seit Mitte August anhält und der unter anderem eine Entwicklung der Infrastruktur, soziale Investitionen, lebenssichernde Projekte und Unterstützung im Agrar- und Tourismussektor fordert. Auch hier folgte eine Repressionswelle, die nach nur zwei Tagen bereits 10 Verletzte und unzählige Festnahmen nach sich zog.

16 August 2014

Die FARC-EP genießen den Rock ‘n Roll und grüßen Rock im Park

Die Friedensdelegation der FARC-EP grüßt in einem Kommuniqué vom 15. August die Teilnehmer des Rockfestivals „Rock al Parque – Rock im Park“ in Bogotá in Kolumbien.

Rock im Park 2014 – Botschaft für den Frieden

„Mit tiefer Emotion grüßt die Friedensdelegation der FARC-Volksarmee die Teilnehmer des größten kostenlosen Rockfestivals von Kolumbien und Lateinamerika und erkennt das 20jährige Bestehen an, die Förderung der Kultur und der Musik als wesentliche Faktoren des Lebens und der Vielfalt.“

„Während der vielen Auflagen, Jahr für Jahr, Rock im Park als Geburtsort des nationalen Rocks, sah man unzählige und unvergessliche Bands wie Kraken, Polikarpa y Sus Viciosas, Ultrágeno, La Pestilencia, 1280 Almas, Aterciopelados unter anderen, die mit ihren Texten die Unzufriedenheit mit den Ungerechtigkeiten und dem Inbegriff der Verhaltensweisen einer sich einrichtenden ausschließenden Gesellschaft zum Ausdruck brachten.“

„Wir bekräftigen unsere Unterstützung, Anerkennung und Bewunderung für alle kulturellen Ausdrucksformen, die Räume für den Aufbau einer gerechteren Gesellschaft ohne Armut, ohne Ungleichheit schaffen, wo es keine Stigmatisierung gibt und keinen triftigen Grund, um Diskriminierungen zu befürworten.“

„Die Kraft, die von diesen Events ausgeht, die urbane Musik wie Rock, Metal, Punk, Ska, Reggae fördern, sollte direkt anklagend mit dem Wunsch nach einer Demokratie in Vielfalt sein, um so eine Emanzipation zu erreichen, die tausend Mal durch die kolumbianische Oligarchie gebrochen worden ist. Die den großen Wirtschaftsmonopolen der Welt erlaubt unsere Kultur zu schädigen, unsere Folklore, unsere Überzeugungen und die sich unser Gemeinwohl unseres Territoriums an sich reißen und somit unsere Souveränität Schritt für Schritt zerbrechen.“

„Der Geist dieses 20jährigen Geburtstages von Rock im Park muss das Interesse junger Menschen für ihr Land wecken und die Beziehung desselben mit der universellen Kultur.“

„Rock war schon immer ein wichtiger Bestandteil der Rebellion, die in der Regel mit dem Konzept von unterwürfigen Gesellschaften bricht. Im kolumbianischen Fall ist es ein Instrument der Erkundung mit einem Regime, das die Möglichkeiten der politischen Beteiligung und des gute Lebens der Mehrheit verschließt. So verwandelte sich unsere „republikanische“ Geschichte in einen Strudel von Gewalt, Blut, Tod, der allein mit entschlossenes Handeln der Menschen aufgehalten werden kann und vor allem mit der Entstehung von kreativen Jugendlichen.“

„Innerhalb dieses Rahmens von Ideen, müssen wir sagen, dass der Frieden in unserem Land nicht von den Eliten erreicht wird. Als Hauptbestandteil sollte also ein souveränes Volk die Schlüsselrolle bei der Schaffung von sozialer Gerechtigkeit spielen, was die wahre Grundlage für die Versöhnung ist. Und in diesem haben auch die Rocker das Wort.“

Es lebe Rock im Park!!

Es lebe die Aufsässigkeit des Volkes!!

Friedensdelegation der FARC-EP

15 August 2014

Interview mit Maritza Sánchez

Maritza Sánchez trat in die FARC-EP in einem frühen Alter im Jahr 1988 in Anorí, im Nordosten von Antioquia, ein. Ein starkgebautes Erscheinungsbild, der Körper spiegelt ihre Agilität und Geschicklichkeit wider, aber auch Narben durch Kriegsverletzungen, die sie auf den Streifzügen durch Urabá, Chocó, Antioquia, und die Berge von Perijá erlitten hat, während sie in den Blöcken Iván Ríos und Martín Caballero diente, bevor sie nach Havanna als Teil der Friedensdelegation der FARC-EP reiste.

Sich mit Maritza zu unterhalten ist die Aufrichtigkeit der farianischen Guerilleras zu finden, es ist sehr „direkt“, wie sie selbst sagt: „Ich mache keine Umschweife, um das zusagen, was ich denke“. Und so beeilt sie sich, um dieses Interview zu beginnen. „Wenn sie mich fragen werden, warum ich in die FARC eingetreten bin, dann ist es für mich sehr einfach und ich kann sofort dazu sagen, ich habe es getan, weil ich Waffen mag.“ Eigentlich sind diese Worte von Maritza nur verständlich in einem Land mit einer langen Tradition des Krieges, wo die von Unten mit den Waffen die Möglichkeit des Überlebens assoziieren, zu widerstehen und sich zu befreien.

Sie führt ihre Reflexionen aus: „Ich mochte es, die bewaffneten Guerilleros und Frauen mit ihren Uniformen und ihre Waffen und ihre Vorstellungen von einem gerechteren Land zu sehen. Ich wollte so sein wie sie, eine Waffe und Uniform haben, um für ein neues Kolumbien zu kämpfen. So schloss ich mich an. Ich konnte nicht eher gehen, weil sie mich nicht ließen. Ich musste einem Kommandeur sagen, dass ich 15 Jahre alt war, um mich aufzunehmen, aber ich hatte weniger. Da ich jedoch keine Dokumente hatte konnten sie es nicht überprüfen. Das Konsequenteste des Bewusstseins kam erst später, wenn man mehr im Detail und die Argumente begreift, warum man in diesem Kampf ist...“.


Mujer Fariana (MF): Was sind die Ursachen oder die Gründe für eine Frau wie Sie, die sich entschieden hat zu den Waffen zu greifen?

Maritza (M): Ich werde nicht viel darüber theoretisieren. In Wirklichkeit erschien mir das Beispiel der Guerilla überzeugend und sehr gut, dass es die Notwendigkeit und die Solidarität der Menschen ist, um für ihre Rechte zu kämpfen. Das Zusammenleben in der Guerilla, ihre Ethik, ihre Organisation, aber auch ihr militärisches Erscheinungsbild und ihre Waffen, zogen mich an. Ich wollte so sein wie sie, ich wollte seitdem ich Kind war eintreten, aber sie ließen mich nicht, weil ich noch minderjährig war und so wünschte ich mir das Eintrittsalter wie ein Traum herbei und hoffte, dass ich es so schnell wie möglich erreichte. Ich bestand darauf, dass sie mich aufnehmen mit der Begründung, dass ich bereits 15 Jahre alt wär und ich bestand darauf, bis sie es mir glaubten. Und mit der Zeit bekam mein Entschluss an Wert. Es ist die Situation der Misere und Ungleichheit, die es im Land gibt, dass arme Menschen tagtäglich direkt fühlen und das erzeugt Unbehagen, Ärger und die Lust zu rebellieren.

Das ist es einfach, was einem am Anfang umtreibt und im Prinzip ist es ausreichend, um einen Beschluss von solch großer und anspruchsvoller Bedeutung zu fällen, wie den, zu den Waffen zu greifen, um das Regime zu bekämpfen, welches uns schlecht regiert. Später entstehen weitere Gründe, die fundierter sind. Es sind die Produkte der politischen Ausbildung, die man in der Organisation erhält. Man weiß nun nicht nur mehr, dass es keine Bildung gibt, kein Gesundheitssystem, keinen adäquaten Wohnraum für die Bevölkerung und dass die Mehrheit in Armut und Ungleichheit lebt, sondern man versteht auch die Ursachen und man macht ganz gut die Verantwortlichen aus, so dass der Kampf mehr Sinn macht und die Überzeugung gestärkt wird. Die Guerilla zeigt uns auf eine deutliche Weise diese Alternative, um für einen Wechsel zu kämpfen, die das kolumbianische Volk in politischen, wirtschaftlichen und sozialen Veränderungen als fundamental ausmacht.


MF: Sehen Sie den bewaffneten Kampf als einzige Mittel der gesellschaftlichen Transformation an?

M: Im Moment spielt der bewaffnete Kampf eine wesentliche Rolle, der ersten Ordnung. Schauen Sie in diesem Land gibt es keine Garantien für die offene politische Tätigkeit ohne Gefahr zu laufen, dass die Intoleranz und Ausgrenzung, Menschen umbringt. Die Räume der politischen Partizipation gehen bis zu jener Grenze, die das Regime auferlegt und es ist jenes, die die Dominanz ihrer Interessen und Privilegien ausübt. Daraus werden die Gefahren und Misserfolge der politischen Gewalt, der man gegenübersteht, ersichtlich, die aus einer Klasse von schlechten Angewohnheiten wie der Korruption beherrscht wird, mit traditionellen Parteien, die wie echte Gangster in der Politik handeln und die in den wirtschaftlichen Beziehungen immer vor den Mandaten der Vereinigten Staaten knien.


MF: Glauben Sie dann, dass der bewaffnete Aufstand eine politische Konsequenz der politischen Gewalt ist?

M: Es gibt langjährige konkrete Erfahrungen, wie die der Ermordung von Jorge Eliecer Gaitán im Jahr 1948 in den Händen der Oligarchen, der Angriff auf die Bauern von Marquetalia im Jahr 1964, die Vernichtung der Patriotischen Union nach der Unterzeichnung des Friedensabkommens von Uribe, und aktuell die tausende von Morde, Inhaftierten, die Verfolgung und Unterdrückung wächst mit jedem Streik, mit jeder Mobilisierung von Menschen, die lautstark für ihre Rechte einstehen. Manchmal neigen Sie dazu, sehr schnell diese Erfahrung zu vergessen, aber die sogenannten „Falsos Positivos“, die Verbrechen gegen die Menschlichkeit des Staates von Tausenden haben nicht vor Jahrzehnten stattgefunden, sondern verschärften sich in der Zeit der Vorgängerregierung. Und danach wurden Dutzende von Volksführern getötet. Und dann wurden wir aufgefordert, Kugeln für Wählerstimmen zu tauschen. Mit welchen Garantien sollen wir das wohl tun? Nur aufgrund von Versprechen? Von den ganzen Versprechungen, die wir gehört haben, haben wir schon Seelenschmerz. Wenn in Kolumbien nicht die Doktrin der Nationalen Sicherheit und des inneren Feindes ausradiert wird, was die Philosophie der staatlichen Sicherheitskräfte und des bewaffneten Organe ist, dann wird auch nicht der staatliche Paramilitarismus ausgerottet werden, die jeden mit anderen Gedanken weiter töten und verfolgen. Die Oligarchie schont nicht ihre Widersacher, viel weniger ihre Gegner, um frei agieren zu können.


MF: Wie beurteilen Sie die Entwicklung des Friedensprozesses bis zum jetzigen Moment? Worin sehen Sie die größte Errungenschaft?

M: Zum Friedensprozess bis zum jetzigen Zeitpunkt, so könnte man sagen, dass wir darauf bestehen, dass das Schicksal von Kolumbien nicht der Krieg sein kann. Darüber hinaus haben wir den Willen und die Entschlossenheit, eine politische Lösung für den Konflikt zu finden und derartige strukturelle Veränderungen nötig sind, um die Situation von Armut, Ungleichheit und Mangel an Demokratie zu verändern, die den Krieg stoppen. Aber unglücklicherweise bedeuten der Wunsch und alle unternehmenden Anstrengungen für den Frieden nicht, dass der Prozess auch gut verläuft.

Um einen höheren Zweck zu erreichen, wie es die Aussöhnung erfordert, muss auch die Regierung zeigen, dass sie mehr als über ihre Worte hinausgeht. Dieser Prozess schreitet mit vielen Schwierigkeiten inmitten einer militaristischen Mentalität und Druck voran, Maulhelden, die das Regime charakterisiert, die glauben, dass der militärische Druck Vorteile am Verhandlungstisch bringen wird.


MF: Wie sehen Sie Präsident Santos?

M: Vor allem sehe ich in ihm den bösen Santos, einen Verteidigungsminister, der täglich auf den Friedensprozess schießt, mit staatlichen Sicherheitskräften, die bis auf den Kern in den Krieg verwickelt sind und insbesondere eine ESMAD, die zu jedem Streik und Protest auf wehrlose Menschen schießt und Tote und Verwundete verursacht. Und alle diejenigen, die nicht diese Politik ändern wollen bringen mehr Elend zu den Kolumbianern, während sie weiterhin die Ausbeutung des Reichtums der natürlichen Ressourcen favorisieren. Ein Reichtum, der eigentlich verwendet werden sollte, um die drängendsten sozialen Probleme zu lösen und der Ungleichheit den Boden zu nehmen.

11 August 2014

Timoschenko wird befragt

Der Oberkommandierende der FARC-EP, Timoleón Jiménez, äußert sich in einem Interview zu Themen wie den Friedensprozess, die Beteiligung des ELN und zum Weltgeschehen.

Die Top-Nachricht in den Medien war schnell ausgemacht. Im Interview teilt Timoleón Jiménez mit, dass er nicht an einen Abschluss des Friedensabkommens in diesem Jahr glaubt. Damit widerspricht er Präsident Juan Manuel Santos. Durch die Komplexität der Debatte rund um den vierten Punkt in der Agenda der Friedensgespräche, die Anerkennung und Widergutmachung der Opfer, verzögere sich der Prozess. Dieser beginnt am morgigen Dienstag mit einer neuen Runde in Havanna. In diesem Punkt wird auch die Historische Kommission zur Untersuchung des Konflikts ihre Arbeit aufnehmen.

„Der Historischen Kommission wird die Arbeit übertragen, in einem Zeitraum, der auf vier Monate ab dem 21. August festgelegt ist, die Rekonstruktion des Konflikts auszuarbeiten. Was diese Kommission ausarbeitet wird in den vierten Punkt der Friedensgespräche über die Opfer eingehen. Also, wenn man nur dies bedenkt kommt man leicht zu dem Schluss, dass es die Frist für dieses Jahr nicht geben kann“ sagte er. Dabei betont er aber, dass man alles Mögliche tun würde, um so schnell wie möglich zu einem Ergebnis zu kommen, Er erinnerte jedoch daran, dass auch noch der letzte Punkt über die Beendigung der Feindseligkeiten bearbeitet werden müsse. „Es sollte auch darauf hingewiesen, dass das Thema der Waffenniederlegung und einer bilateralen Waffenruhe nicht einfach sein wird“ warnte Timoleón Jiménez.

In Bezug auf die Gespräche um die Opfer betonte er, dass es wichtig sei, dass die Regierung alle Opfer des Konflikts anerkenne. Von Seiten der Regierung und der Medien gab es wiederholt Versuche, bestimmte Opfergruppen auszuschließen. Auch die Zusammenarbeit mit der anderen Guerillabewegung des ELN war ein Thema im Interview. Zwar könne er nicht für diese Guerillabewegung als Angehöriger der FARC-EP sprechen, doch er betonte die Freiwilligkeit bei Friedensgesprächen zu kollaborieren. „Ohne Zweifel, dass auch sie viel zu sagen haben und beitragen zum Aufbau des Friedens“, so Timoleón Jiménez. „Von unserer Seite ist die Unterstützung sicher und ich denke, sie verdienen den ganzen Respekt wie eine revolutionäre Organisation. Wir sind zuversichtlich, dass sie die besten Entscheidungen für das Land fassen werden.“

Er kritisierte hingegen die Regierung wegen der Intensivierung der militärischen Aktionen gegen die FARC-EP. „Wir betonten die Notwendigkeit eines bilateralen Waffenstillstands, den die Regierung Santos ablehnt", beklagte der Oberkommandierende des Zentralen Generalstabs. Auf die Frage, wie er sich in einem Kolumbien in Frieden sieht, antwortet er. „Weiter arbeitend für den Aufbau des Traums, der uns zu den Waffen führte. Ein Kolumbien in Frieden, Demokratie, Souveränität, in Entwicklung, aber mit sozialer Gerechtigkeit. Dies bedeutet notwendigerweise Politik zu machen, in der Legalität, dass letztendlich der Grund für unser Leben ist.“ Am Schluss des Interviews kritisiert er die USA und die NATO für die Kriegspolitik unter dem Deckmantel des Kampfes gegen den Terrorismus.

Interview auf Spanisch

Interview auf Englisch 

06 August 2014

Über die Opfer im Konflikt

In einem Kommuniqué machen die FARC-EP nach den Foren zum Umgang mit den Opfern im kolumbianischen bewaffneten Konflikt auf die Stimmungsmache seitens der Regierung und anderer Organisationen aufmerksam. Die Guerilla macht noch einmal deutlich, dass der aktuelle bewaffnete Konflikt nicht nur auf die Guerilla bezogen werden kann, sondern dass die Ursachen weit vor der Entstehung der Guerilla liegen. Die Thematisierung der Generationen der Opfer müsse deshalb auch zeitlich eher geschehen und nicht nur im Rahmen der an den Gesprächen beteiligten Organisationen. Im konkreten Fall der FARC-EP waren es Bauern, die als Opfer der staatlichen Gewalt die Gründung der Guerilla vollzogen haben. Nur den Fokus auf die FARC-EP als schuldige für die Verbrechen zu haben ist falsch.

In den Statistiken und Studien über die Opfer im bewaffneten Konflikt Kolumbiens, durchgeführt von renommierten Institutionen, geht eindeutig hervor, dass 75% der Menschenrechtsverletzungen durch paramilitärische und staatliche Gewalt verursacht werden. Dies spiegelt in keiner Weise die aktuelle mediale Diskussion um die Opfer des Konflikts wider, in der die Guerilla als Sündenbock für den Konflikt dient. 45% der Verletzungen gehen auf das Konto von Paramilitärs und 30% werden den staatlichen Sicherheitskräften wie Militär und Polizei zugeschrieben. In Bezug auf die restlichen 25% gehen nach den Statistiken 17% auf das Konto der Guerillaorganisationen und die übrigen 8% auf nicht näher identifizierte Akteure wie Drogenhändler und Kriminelle.

Die Thematisierung der Opfer im Rahmen der Friedensgespräche zwischen FARC-EP und Regierung sollte daher auch dem Verhältnis der Opfer in der kolumbianischen Gesellschaft entsprechen, so die Forderung der Guerilla in ihrem Kommuniqué. Dazu gehören eben auch Opfer, die nicht direkt von den kämpfenden Organisationen, sondern von politischen, sozialen und wirtschaftlichen Gründen betroffen sind. Außerdem werden in der Auflistung neben den klassischen Opfern von Menschenrechtsverletzungen in bewaffneten Konflikten auch Personengruppen wie Opfer von politischer Gewalt (Folter, Verschwinden lassen, Inhaftierung von Zivilpersonen, gewerkschaftliche Verfolgung, Einsperren von Anführern sozialer Bewegungen und Verteidiger der Menschenrechte, außergerichtliche Tötungen und willkürliche Festnahmen) genannt.

Nicht zu Unrecht fordern Guerilleros und andere Gruppen und Organisationen auch die politischen Gefangenen und Kriegsgefangenen mit einzubeziehen. Hierbei darf nicht vergessen werden, dass es in Kolumbien mehr als 10.000 politische Inhaftierte gibt. Noch immer nicht erkennt die kolumbianische Regierung den Status der Gefangenen der FARC-EP als Kriegsgefangene gemäß den Genfer Konventionen an. Es gilt also, den politischen Gefangenen und Kriegsgefangenen im Prozess der Wahrheit, Gerechtigkeit, Wiedergutmachung und Eingliederung Gehör zu schenken, denn diese werden alltäglich in ihren Rechten beschnitten und müssen Menschenrechtsverletzungen durch die kolumbianische Regierung erleiden.

Kommuniqué der Friedensdelegation der FARC-EP

Außerdem Grüße der FARC-EP an das Forum der Opfer in Cali:

05 August 2014

Kunst: Farianische Porträts

Erinnerung, Ehrung und emotionale Interpretation der Erinnerung…
Eine Galerie der Männer und Frauen, die alles gaben im Einklang mit ihren Idealen der sozialen Gerechtigkeit…

Ein Beitrag zum kollektiven Gedächtnis, damit niemals ihre Blicke vergessen werden…

Link zu den Porträts 

02 August 2014

Über der jüngsten einseitigen Waffenstillstand

Kommentare von Guerilleros aus verschiedenen Kampfstrukturen der FARC-EP über den jüngsten einseitigen Waffenstillstand seitens der Guerilla und ihre Erfahrungen mit den militärischen Aggressionen in dieser Zeit.

Juan Carlos, Columna Mariscal Sucre, Nariño:
Kaum wurde der einseitige Waffenstillstand erklärt, da verstärkte der Feind die Operationen, begleitet von Überläufern als Führer der Patrouillen. Sie drangen in der Nacht von den Wegen her ein. Tagsüber verstecken sie sich in den Bergen, um die Erkennung von Zivilisten zu vermeiden. Während einige Patrouillen vorrückten, sicherten andere strategische Positionen ab in den Regionen, wo sie bisher noch nicht präsent gewesen waren. Vorgestern Nacht und gestern Nacht gab es Hubschrauberüberflüge um Zehn Uhr in der Nacht.

Zu den Kämpfen während der Waffenruhe: Wir haben versucht den Operationen auszuweichen, aber zuletzt haben sie uns zu allen Seiten eingeengt. Am 22. Juni eines unserer Kommandos wurde in einem Lager überrascht, wo sie die Nacht über verbrachten. Sie konnten den Kampf nicht mehr entgehen, musste kämpfen, um sich zu entfernen. Am nächsten Tag kehrten sie wieder zurück, trafen aufeinander und sie mussten wieder reagieren. Am 26. Juni rückte eine weitere Patrouille aus und wurde überraschte ein Kommando, die sich in einer Vorhut befand. Sie musste kämpfen, so dass es möglich war sich zu entfernen. In diesem Sinne sagen wir, dass es Selbstverteidigung ist. Wir sind uns klar über die Befehle des Sekretariats, aber uns blieb nichts anderes übrig.


Gustavo, Columna Mariscal Sucre, Nariño:
In diesem Sinne verstärkte sich der Feind ab dem 28. Juni in allen Gemeinden und die Marine, mit Schiffen und Piranha-Booten, sowie begleitet von Hubschraubern, begann in die Flüsse vorzudringen. Am 30. Juni gegen Nachmittag kam es zum Kampf mit einem Militärschiff und 6 Piranha-Booten, die den Fluss Patía hinauffuhren. Es kamen Hubschrauber um sie zu unterstützen und das Militärschiff und die Piranhas kehrten um.

Leonel, Columna Gabriel Galvis, Cauca:
Der Kommandant der Operation Apollo gab eine Falschmeldung und sagte, dass die Kolonne Galvis eine Autobombe in Miranda platziert hätte. Das ist falsch. Wir wissen nicht, wo diese Version herkam.


Joaco, Bloque Sur:
Die Angriffe der 15. Kampffront auf die Polizeistation von Solano während der von uns erklärten einseitigen Waffenruhe sind eine ungeheuerliche Lüge. Das ist nie passiert. Während der ersten Waffenruhe selbst gab es Zusammenstöße, weil während das Sekretariat die einseitige Waffenruhe ankündigte sich einige Patrouillen an festen Orten aufhielten, ohne den Willen offensiv zu werden, sie aber sich zu Orten bewegten, an denen sich einige Einheiten der Kampfront in einer offenen Provokation befanden. Man stieß mit ihnen zusammen und beendete dies.


Román, 18 Frente:
Ich weiß nicht, ob diese Daten verwendet werden können, um zu sehen was kann getan werden kann, um in Havanna die Armee für den Tod des Kameraden Pino anzuklagen. Es stellte sich heraus, dass er lebend festgenommen und anschließend getötet wurde. Aber zuvor wurde er gefoltert, sie hinterließen ihn wie ein Fisch: Beine, Arme, Unterleib, alles geritzt wie mit einem Messer. Hier haben wir die Aufzeichnung der Arpías (Kampfhubschrauber), die beweisen, dass er lebend festgenommen wurde. Darüber hinaus stahlen sie Schmuck aus seiner Wohnung und töteten einen Hund.


Villa, Frente 33, Norte de Santander:
Es ist gut, sich daran zu erinnern, dass, während wir uns in der Waffenruhe befunden hätten, die nicht nur die Wahlen ohne Unterbrechung erlaubten, sondern auch den Soldaten eine Ruhe beschert hätte, um die Weltmeisterschaft in ihren Militärbasen und Zuhause sehen zu können, genauso wie die Bevölkerung, die Regierung stattdessen in ihrem Eifer der militärischen Siege eine Offensive entfaltete, in der viele Soldaten getötet und verwundet wurden und die den Frieden der Menschen in den Regionen unterbrach. Der Präsident und die militärische Führung genießen die Weltmeisterschaft und machen Prognosen; die unteren Offiziere pflügen den Dschungel um, schlafen im Freien, dem harten Gelände und dem Wetter ausgesetzt, als eine Antwort auf eine Guerilla, die sich nicht in der Offensive befindet, sondern nur verteidigt.