15 August 2014

Interview mit Maritza Sánchez

Maritza Sánchez trat in die FARC-EP in einem frühen Alter im Jahr 1988 in Anorí, im Nordosten von Antioquia, ein. Ein starkgebautes Erscheinungsbild, der Körper spiegelt ihre Agilität und Geschicklichkeit wider, aber auch Narben durch Kriegsverletzungen, die sie auf den Streifzügen durch Urabá, Chocó, Antioquia, und die Berge von Perijá erlitten hat, während sie in den Blöcken Iván Ríos und Martín Caballero diente, bevor sie nach Havanna als Teil der Friedensdelegation der FARC-EP reiste.

Sich mit Maritza zu unterhalten ist die Aufrichtigkeit der farianischen Guerilleras zu finden, es ist sehr „direkt“, wie sie selbst sagt: „Ich mache keine Umschweife, um das zusagen, was ich denke“. Und so beeilt sie sich, um dieses Interview zu beginnen. „Wenn sie mich fragen werden, warum ich in die FARC eingetreten bin, dann ist es für mich sehr einfach und ich kann sofort dazu sagen, ich habe es getan, weil ich Waffen mag.“ Eigentlich sind diese Worte von Maritza nur verständlich in einem Land mit einer langen Tradition des Krieges, wo die von Unten mit den Waffen die Möglichkeit des Überlebens assoziieren, zu widerstehen und sich zu befreien.

Sie führt ihre Reflexionen aus: „Ich mochte es, die bewaffneten Guerilleros und Frauen mit ihren Uniformen und ihre Waffen und ihre Vorstellungen von einem gerechteren Land zu sehen. Ich wollte so sein wie sie, eine Waffe und Uniform haben, um für ein neues Kolumbien zu kämpfen. So schloss ich mich an. Ich konnte nicht eher gehen, weil sie mich nicht ließen. Ich musste einem Kommandeur sagen, dass ich 15 Jahre alt war, um mich aufzunehmen, aber ich hatte weniger. Da ich jedoch keine Dokumente hatte konnten sie es nicht überprüfen. Das Konsequenteste des Bewusstseins kam erst später, wenn man mehr im Detail und die Argumente begreift, warum man in diesem Kampf ist...“.


Mujer Fariana (MF): Was sind die Ursachen oder die Gründe für eine Frau wie Sie, die sich entschieden hat zu den Waffen zu greifen?

Maritza (M): Ich werde nicht viel darüber theoretisieren. In Wirklichkeit erschien mir das Beispiel der Guerilla überzeugend und sehr gut, dass es die Notwendigkeit und die Solidarität der Menschen ist, um für ihre Rechte zu kämpfen. Das Zusammenleben in der Guerilla, ihre Ethik, ihre Organisation, aber auch ihr militärisches Erscheinungsbild und ihre Waffen, zogen mich an. Ich wollte so sein wie sie, ich wollte seitdem ich Kind war eintreten, aber sie ließen mich nicht, weil ich noch minderjährig war und so wünschte ich mir das Eintrittsalter wie ein Traum herbei und hoffte, dass ich es so schnell wie möglich erreichte. Ich bestand darauf, dass sie mich aufnehmen mit der Begründung, dass ich bereits 15 Jahre alt wär und ich bestand darauf, bis sie es mir glaubten. Und mit der Zeit bekam mein Entschluss an Wert. Es ist die Situation der Misere und Ungleichheit, die es im Land gibt, dass arme Menschen tagtäglich direkt fühlen und das erzeugt Unbehagen, Ärger und die Lust zu rebellieren.

Das ist es einfach, was einem am Anfang umtreibt und im Prinzip ist es ausreichend, um einen Beschluss von solch großer und anspruchsvoller Bedeutung zu fällen, wie den, zu den Waffen zu greifen, um das Regime zu bekämpfen, welches uns schlecht regiert. Später entstehen weitere Gründe, die fundierter sind. Es sind die Produkte der politischen Ausbildung, die man in der Organisation erhält. Man weiß nun nicht nur mehr, dass es keine Bildung gibt, kein Gesundheitssystem, keinen adäquaten Wohnraum für die Bevölkerung und dass die Mehrheit in Armut und Ungleichheit lebt, sondern man versteht auch die Ursachen und man macht ganz gut die Verantwortlichen aus, so dass der Kampf mehr Sinn macht und die Überzeugung gestärkt wird. Die Guerilla zeigt uns auf eine deutliche Weise diese Alternative, um für einen Wechsel zu kämpfen, die das kolumbianische Volk in politischen, wirtschaftlichen und sozialen Veränderungen als fundamental ausmacht.


MF: Sehen Sie den bewaffneten Kampf als einzige Mittel der gesellschaftlichen Transformation an?

M: Im Moment spielt der bewaffnete Kampf eine wesentliche Rolle, der ersten Ordnung. Schauen Sie in diesem Land gibt es keine Garantien für die offene politische Tätigkeit ohne Gefahr zu laufen, dass die Intoleranz und Ausgrenzung, Menschen umbringt. Die Räume der politischen Partizipation gehen bis zu jener Grenze, die das Regime auferlegt und es ist jenes, die die Dominanz ihrer Interessen und Privilegien ausübt. Daraus werden die Gefahren und Misserfolge der politischen Gewalt, der man gegenübersteht, ersichtlich, die aus einer Klasse von schlechten Angewohnheiten wie der Korruption beherrscht wird, mit traditionellen Parteien, die wie echte Gangster in der Politik handeln und die in den wirtschaftlichen Beziehungen immer vor den Mandaten der Vereinigten Staaten knien.


MF: Glauben Sie dann, dass der bewaffnete Aufstand eine politische Konsequenz der politischen Gewalt ist?

M: Es gibt langjährige konkrete Erfahrungen, wie die der Ermordung von Jorge Eliecer Gaitán im Jahr 1948 in den Händen der Oligarchen, der Angriff auf die Bauern von Marquetalia im Jahr 1964, die Vernichtung der Patriotischen Union nach der Unterzeichnung des Friedensabkommens von Uribe, und aktuell die tausende von Morde, Inhaftierten, die Verfolgung und Unterdrückung wächst mit jedem Streik, mit jeder Mobilisierung von Menschen, die lautstark für ihre Rechte einstehen. Manchmal neigen Sie dazu, sehr schnell diese Erfahrung zu vergessen, aber die sogenannten „Falsos Positivos“, die Verbrechen gegen die Menschlichkeit des Staates von Tausenden haben nicht vor Jahrzehnten stattgefunden, sondern verschärften sich in der Zeit der Vorgängerregierung. Und danach wurden Dutzende von Volksführern getötet. Und dann wurden wir aufgefordert, Kugeln für Wählerstimmen zu tauschen. Mit welchen Garantien sollen wir das wohl tun? Nur aufgrund von Versprechen? Von den ganzen Versprechungen, die wir gehört haben, haben wir schon Seelenschmerz. Wenn in Kolumbien nicht die Doktrin der Nationalen Sicherheit und des inneren Feindes ausradiert wird, was die Philosophie der staatlichen Sicherheitskräfte und des bewaffneten Organe ist, dann wird auch nicht der staatliche Paramilitarismus ausgerottet werden, die jeden mit anderen Gedanken weiter töten und verfolgen. Die Oligarchie schont nicht ihre Widersacher, viel weniger ihre Gegner, um frei agieren zu können.


MF: Wie beurteilen Sie die Entwicklung des Friedensprozesses bis zum jetzigen Moment? Worin sehen Sie die größte Errungenschaft?

M: Zum Friedensprozess bis zum jetzigen Zeitpunkt, so könnte man sagen, dass wir darauf bestehen, dass das Schicksal von Kolumbien nicht der Krieg sein kann. Darüber hinaus haben wir den Willen und die Entschlossenheit, eine politische Lösung für den Konflikt zu finden und derartige strukturelle Veränderungen nötig sind, um die Situation von Armut, Ungleichheit und Mangel an Demokratie zu verändern, die den Krieg stoppen. Aber unglücklicherweise bedeuten der Wunsch und alle unternehmenden Anstrengungen für den Frieden nicht, dass der Prozess auch gut verläuft.

Um einen höheren Zweck zu erreichen, wie es die Aussöhnung erfordert, muss auch die Regierung zeigen, dass sie mehr als über ihre Worte hinausgeht. Dieser Prozess schreitet mit vielen Schwierigkeiten inmitten einer militaristischen Mentalität und Druck voran, Maulhelden, die das Regime charakterisiert, die glauben, dass der militärische Druck Vorteile am Verhandlungstisch bringen wird.


MF: Wie sehen Sie Präsident Santos?

M: Vor allem sehe ich in ihm den bösen Santos, einen Verteidigungsminister, der täglich auf den Friedensprozess schießt, mit staatlichen Sicherheitskräften, die bis auf den Kern in den Krieg verwickelt sind und insbesondere eine ESMAD, die zu jedem Streik und Protest auf wehrlose Menschen schießt und Tote und Verwundete verursacht. Und alle diejenigen, die nicht diese Politik ändern wollen bringen mehr Elend zu den Kolumbianern, während sie weiterhin die Ausbeutung des Reichtums der natürlichen Ressourcen favorisieren. Ein Reichtum, der eigentlich verwendet werden sollte, um die drängendsten sozialen Probleme zu lösen und der Ungleichheit den Boden zu nehmen.