28 Juli 2014

Solidarität mit den Wayú und der Provinz La Guajira

Eine Hitze- und Trockenperiode bedroht große Teile des Nordens Kolumbiens. Es sind Bilder, die man eigentlich nur aus Afrika kennt. Unterernährte Kinder, kein Zugang zu Wasser, vertrocknete Landschaften und eine brennende Sonne.

Die unter anderem dem Wetterphänomen „El Niño“ zugeschriebene Hitze- und Trockenperiode bedroht laut SOS La Guajira bereits alleine in jener Provinz 37.000 unterernährte Kinder und 60.000 Personen, die humanitäre Hilfe benötigen. In 8 von 15 Gemeindebezirken wurde der Notstand aufgrund der Trockenheit ausgerufen. Die Wayú, ein indigenes Volk, welches seit jeher in dieser Zone marginalisiert lebt, ist besonders von den Auswirkungen betroffen. 

Ein Problem ist dabei die Wasserversorgung. In La Guajira gibt es in vielen Gemeinden keine Wasserversorgung durch ein Zisternen- oder Rohrsystem. Noch nie gab es hier Anschluss an Trinkwasser. Die Menschen versorgen sich durch das Regenwasser, das sie über Behälter auffangen oder mit dem Wasser aus den wenigen Flüssen und Bächen. Mit diesem Wasser bereiten sie Nahrungsmittel zu, sie trinken es, nutzen es zum Waschen und versorgen damit die Viehwirtschaft.

Die Wayú klagen die Politik an, unrechtmäßigen Gebrauch der natürlichen Ressourcen, zu denen das Wasser gehört, die Korruption der Politik und das fehlende Interesse an den Bedürfnissen der Menschen in La Guajira. Der Zugang zu Wasser sei ein Menschenrecht, doch bisher gebe es keine Investitionen. Dabei leiden die Menschen nicht nur Durst, sondern auch Hunger. 58 Prozent der Bevölkerung von La Guajira lebt in Armut und 27,7 Prozent sogar in extremer Armut. Das heißt, mehr als 85 Prozent der Menschen in La Guajira gelten als arm.

Doch in La Guajira gibt es nicht nur ein Problem mit der Trockenheit. Es ist eine Region, in der es eine soziale Krise gibt. Unlängst hatte sich die dortige 59. Kampffront der FARC-EP „Resistencia Guajira“ in einem Kommuniqué an die Bevölkerung gewandt und ihre Solidarität erklärt. Darin legt die 59. Kampffront offen, dass nicht nur die Trockenheit, sondern vor allem die Regierung Schuld an der derzeitigen Situation der Bevölkerung in La Guajira hat.

So drückt sich die soziale Krise in mehreren Punkten aus. „Sein Defizit in Wohnraum, Straßen, Gesundheitsstützpunkten, Arbeit, Wasser zum täglichen Gebrauch, öffentliche Dienstleistungen zwischen anderen führen bei denjenigen Sektoren zu Krankheiten, Hunger und Tod, die am verletzlichsten sind, welches Bauern, Indigenas, Kinder, Alte und schwangere Frauen sind; ohne dass von Seiten der Regierung Lösungen erscheinen, die scheinheilig bei den Wahlen versprochen wurden.“

Die Provinz La Guajira ist eine der Provinzen in Kolumbien, in der Kohle gefördert und exportiert wird. Hier geht es laut dem Nationalen Planungsamt um einen Wert von 411.000 Millionen kolumbianische Pesos. Nicht zu Unrecht stellt sich die Frage in dem Kommuniqué der FARC-EP: „Wohin werden die ganzen Ressourcen verschwinden, während die Kinder La Guajiras weiterhin an Hunger und Unterernährung leiden bis sie krank werden oder sterben und während die allgemeine Bevölkerung in Misere lebt?“

Diese Ressourcen und Gewinne strahlen nicht in soziale Investitionen oder in den Wohlstand der Bevölkerung zurück. Stattdessen wird die Natur verschmutzt und zerstört und den Menschen die Lebensgrundlage geraubt. In Studien wird immer wieder daraufhin verwiesen, in welchem Zusammenhang die Kohleförderung und die Umweltverschmutzung sowie das Absinken des Wasserspiegels stehen. Hauptverantwortlich für die Ausbeutung der Kohle und demzufolge auch für die Misere der Menschen ist der Konzern „El Cerrejón“.

Ein anderes Problem ist der konzentrierte Landbesitz in wenigen Händen und die Zuarbeit der Paramilitärs bei den wirtschaftlichen Interessen von Großgrundbesitzern und transnationalen Konzernen. Für die wirtschaftlichen Interessen wird die lokale Bevölkerung gewaltsam von ihrem Land vertrieben und das Land anschließend über zwielichtige Eigentumstitel den Konzerne oder Großgrundbesitzern angeeignet.

„Die farianischen Guerilleros solidarisieren sich mit dem Leiden des Volkes von La Guajira und fordern sie auf, mit der FARC-EP bei der Suche nach einem neuen Kolumbien und sozialer Gerechtigkeit zu kämpfen. Volk von La Guajira: Steht auf und kämpft!” Heißt es in den Schlussworten des Kommuniqués des Zentralstabs der 59. Kampffront „Resistencia Guajira” des Militärblocks Martin Caballero der FARC-EP im Juli 2014. 

24 Juli 2014

Bolívar – Ein Kontinent, eine Welt und ein Ziel

Unser Amerika hat große Visionen und bereits heute eine große Rolle für die Befreiungsbewegungen in der Welt gespielt. Auch derzeit finden in den verschiedensten Ländern soziale und politische Kämpfe statt, um die Unabhängigkeit – heute vom Neokolonialismus und Neoliberalismus – zu erkämpfen. Wir sind dazu verpflichtet, auch auf den anderen Kontinenten die Menschen zu überzeugen und zu unterstützen, für ihre gerechte Sache zu kämpfen. Dies bedeutet nicht nur in Kolumbien oder in Lateinamerika, die Ungerechtigkeit zu beseitigen, Freiheit zu fordern und die Demokratie zu stärken, sondern auch die Einheit nicht aus den Augen zu verlieren. Die Geschichte hat uns gelehrt, dass den Worten auch Taten folgen müssen und Simón Bolívar hat uns gezeigt, dass wir die Geschichte schreiben können. Simón Bolívar ist das Symbol unseres Amerikas, seine Stimme und sein Licht der vor uns liegende Weg.

Am 24. Juli 1783 wurde Simón Bolívar geboren, der Vater der Unterdrückten und Ausgebeuteten in Lateinamerika. Heute mehr denn je, in Zeiten des Neoliberalismus mit all den politischen und sozialen Problemen, gilt es, das Erbe des „Libertadors“ zu verteidigen und die Ideen aufleben zu lassen, für die er stand: Einheit, Freiheit und Gerechtigkeit. Diese Ideen sind unser Beispiel, warum es sich lohnt weiter zu kämpfen. In einer Zeit, in der hegemoniale Mächte mit militärischen, politischen und wirtschaftlichen Mitteln versuchen große Teile der Welt zu unterdrücken, haben die Begriffe von Einheit, Freiheit und Gerechtigkeit eine besondere Bedeutung. Der Kampf unserer Völker für einen sozialen, wirtschaftlichen, politischen und kulturellen Wandel beruft auf eine seiner wichtigsten Ursprünge: Das Vermächtnis eines der größten Befreiungskämpfer und Ideengeber unseres Amerikas. Und nicht nur wegen dem Kampf in Kolumbien, sondern auch wegen der Kämpfe in anderen Ländern Lateinamerikas und der Welt können wir sicher sein, dass der bolivarische Gedanke lebendiger ist als je zuvor.

23 Juli 2014

Joaco in Freiheit!

Nach drei Jahren und drei Monaten wurde letzte Woche der linke und kritische Journalist Joaquín Pérez, Direktor vom Nachrichtenportal ANNCOL, aus der Haft entlassen.
Am 12. April 2011 wurde Joaquín auf dem internationalen Flughafen in Venezuela festgenommen und vier Tage später an Kolumbien ausgeliefert. Im Oktober verurteilte ihn ein Sondergericht zu acht Jahren Haft verurteilt. Anwälte und Journalisten kritisierten das Verfahren und das Urteil als konstruiert und ungerecht. Joaquín wurde vorgeworfen, international für die FARC-EP zu agieren. Schlüssige Beweise konnten nie vorgelegt werden und mehrmals mussten Beweise wegen Mängel und Fälschung zurückgezogen werden. Sein Anwalt Rodolfo Ríos konnte nun seine sofortige Freilassung erwirken. Derzeit befindet sich Joaquín in seinem Heimatland Schweden.

22 Juli 2014

Brief an den kolumbianischen Kongress

Mit einem Brief haben sich die beiden Oberkommandierenden der Guerillagruppen Timoleón Jiménez (FARC-EP) und Nicolás Rodríguez B. (ELN) an die Kongressabgeordneten gewandt. In dem Brief wenden sie sich an den Kongress, der seine legislative Periode am 20. Juli begonnen hat und stellen die historische Verantwortung der Abgeordneten in den Vordergrund, um sich für den Frieden als Recht der Kolumbianer und nicht nur für die Interessen einer privilegierten Minderheit einzusetzen.

Die beiden Oberkommandierenden machten dabei deutlich, über die Auswirkungen der neoliberalen Gesetzgebung nachzudenken, die fatale Folgen für die Armen hätte, die die Mehrheit des Landes darstellen. Viele Personen sind von der politischen Beteiligung ausgeschlossen, die Militarisierung, Klientelismus und Korruption müsse beendet werden und stattdessen solle mehr die Gesundheits-, Bildungs-, Kultur-, Wohnungs- und Sozialpolitik sowie eine würdevolle Bezahlung der Arbeit im Vordergrund stehen.

„Die Wirtschaft produziert mehr Tote als der Krieg“, so Timoleón Jiménez und Nicolás Rodríguez B. „Die Opfer der Wirtschaftspolitik, über die man nie redet, fordern auch Wahrheit, Gerechtigkeit, Entschädigung und ein nie wieder.“ Wenn man über die Opfer spricht, darf man nicht vergessen, dass es systematische Gründe gibt, wenn ein privilegiertes Regime einer Minderheit seinen Status Quo beibehalten will. Es müsse eine alternative Politik von unten geschaffen werden. „Lassen sie uns sagen, dass der Frieden nicht von einer einzelnen Person, einer Partei, nicht von einer Regierung, sondern von der Gesellschaft als Ganzes abhängt.“



21 Juli 2014

250 Beiträge für Kolumbien

Seit mehr als drei Jahren arbeitet das Solidaritätskollektiv Kolumbieninfo und veröffentlichte in diesem Zeitraum 250 Beiträge über die politische und soziale Situation in Kolumbien sowie über die aufständische Bewegung FARC-EP.
Wir verstehen uns als politische und solidarische Menschen, die sich in kritischer, aber doch parteiischer Art und Weise, solidarisch mit dem Kampf der aufständischen Bewegung für Frieden, soziale Gerechtigkeit und ein neues Kolumbien zeigen.

Durante más de tres año esta trabajando el red de solidaridad Kolumbieninfo y publicó en este período 250 artículos sobre la situación política y social en Colombia, así como el movimiento insurgente de las FARC-EP.
Nos consideramos como personas políticas y solidarias en forma crítica pero partidista para mostrar nuesta solidaridad con la lucha del movimiento insurgente, la paz, la justicia social y una Nueva Colombia.

Die Wurzeln des bewaffneten Konfliktes in Kolumbien liegen in der Mitte des 19. Jahrhunderts, als sich die Oligarchien des Landes in zwei konkurrierenden Parteien, der liberalen und der konservativen konzentrierten und sie die Parteien als Schaltzentralen für ihre politischen und wirtschaftlichen Interessen nutzten. Divergenzen in den Interessen wurden von der Oligarchie auf kriegerischem Wege und auf dem Rücken der Bevölkerung ausgetragen. In den 1930er Jahren des 20. Jahrhunderts entstanden neue politische Bewegungen, die die monopolistische Rolle der Oligarchie in Frage stellten: Es entstanden die ersten Gewerkschaften und auf dem Land begannen die Kleinbauern und Landarbeiter mit Protesten gegen die ungerechte Landverteilung und ihre Arbeits- und Lebensbedingungen. Ab 1948 wütete in Kolumbien die Violencia, eine Phase der Gewalt, die ihre Hauptursachen in den Elitenkämpfe innerhalb der Oligarchie um Politik und Wirtschaft sowie in der ungeklärten sozialen Frage zu liegen hatte.

Die Bauern suchten in den entlegenen Gebieten, in den zentralen und östlichen Kordilleren, Schutz und bildeten ein Netz von Selbstverwaltung und Selbstverteidigung. Dabei wurden sie von der Kommunistischen Partei Kolumbiens unterstützt. Um ihr Herrschaftsmonopol wiederherzustellen, versuchte der Diktator Rojas Pinilla und später die beiden traditionellen Parteien der Oligarchie, nun zusammengeschlossen in der Frente Nacional (Nationale Front), die Selbstverwaltungsgebiete der Bauern militärisch zu zerstören. Die Bauern, seit Jahrzehnten unter Repression und Verfolgung lebend, bildeten nun aus den losen Selbstverteidigungsverbänden eine schlagkräftige Guerilla mit dem Ziel, für Frieden, soziale Gerechtigkeit und ein neues Kolumbien zu kämpfen. Die FARC-EP war entstanden und mit ihr eine über 50 Jahre alte Tradition des Widerstandes gegen die Oligarchie und ihre Repression.

Mit den Jahren entstand auch in Europa eine Solidaritätsbewegung der FARC-EP die ihre Arbeit im Kontext des Entstehens der Internationalen Kommission der FARC-EP in den 1990er Jahren begann. Höhepunkte der Solidaritätsarbeit waren der Friedensprozess zwischen der Regierung und der aufständischen Bewegung 1999-2002. In jenem Zeitraum wurde die Resistencia International, die Zeitschrift des Sekretariats der Guerilla, auch in deutscher Sprache publiziert. Mit der Ächtung und Verfolgung der Guerilla als terroristische Organisation erhielt die Solidaritätsarbeit und die Arbeit der Internationalen Kommission der FARC-EP einen schweren Schlag. Die Streichung der Guerilla aus der sogenannten „schwarzen Liste“ stellte ein Hauptanliegen dar.

Doch der Kriminalisierung und Delegitimierung zum Trotz, ließ sich die Solidaritätsbewegung nicht einschüchtern. Immer wieder fanden Infoveranstaltungen im Zuge der militärischen Aufrüstung des sogenannten „Plan Colombia“ statt, wurde die politische Gewalt und Unterdrückung der Linken thematisiert sowie über den politisch-militärischen Kampf in Kolumbien diskutiert. Ende der 2000er Jahre baute die Guerilla ihre politischen und militärischen Fähigkeiten aus und konzentrierte viele Kräfte in die politische Arbeit mit den sozialen und politischen Bewegungen. Heute ist die Guerilla, nach einer Schwäche im Zuge der weitreichenden (Para-)Militarisierung, wieder mitten in der Gesellschaft angekommen. Davon zeugen die zahlreichen sozialen Proteste, aber auch der Friedensprozess in Kuba.

Das Kollektiv Kolumbieninfo griff diese neue Phase auf und versuchte, nach einer etwas ruhigen Zeit der Solidaritätsarbeit, mittels Nachrichten über die soziale und politische Situation sowohl in Kolumbien, als auch generell der FARC-EP, zu informieren. In der europäischen Linken ist der bewaffnete und soziale Konflikt in Kolumbien wieder präsent. Vorurteile, geschürt durch die Massenmedien und gezielte Propaganda der kapitalistischen Regierungen, konnten abgebaut werden. Und darin liegt auch eine der Hauptaufgaben: Eine Gegeninformation zu dem rechten Mainstream darzustellen, der versucht, der Guerilla die politische Legitimation abzusprechen und jeglichen sozialen Protest gegen die neoliberale Politik zu kriminalisieren. Das Kolumbieninfo mit der Gegeninformation richtig liegt, zeigt sich in den zahlreichen Meldungen die das Kollektiv bekommt. Natürlich ist jegliche Unterstützung willkommen, damit auch noch weitere 250 Beiträge entstehen…

Venceremos – Wir werden siegen!

Raus aus der schwarzen Liste!

Für ein neues Kolumbien!

17 Juli 2014

Partizipation der Opfer an Gesprächen

In einem gemeinsamen Kommuniqué (Gemeinsames Kommuniqué Nummer 39) der Friedensdelegation der FARC-EP und der Regierung Kolumbiens vom heutigen Tag erklären sich beide Parteien dazu bereit, die direkte Beteiligung der Opfer an den Friedensgesprächen zu fördern. Die Stimme der Opfer wird ein wichtiger Punkt in der Diskussion sein.

In dem Kommuniqué vom 17. Juli erklären beide Seiten die direkte Teilnahme von Delegierten aus den Opferverbänden und die dazugehörigen Mechanismen an den Verhandlungen. Ab dem 16. August soll die erste Teilnahme einer Delegation am Thema der Wiedergutmachung stattfinden, nachdem am 12. August der nächste Zyklus der Friedensgespräche beginnt. Insgesamt soll eine Delegation pro Zyklus teilnehmen, mindestens fünf Zyklen sind geplant. Dabei besteht jede Delegation aus 12 Personen. Noch ist nicht klar, welche Organisationen an den Gesprächen teilnehmen werden. Unter anderem wurden die Vereinten Nationen und die Nationaluniversität mit der Auswahl der Personen beauftragt. Beide Institutionen führen derzeit auch die Foren zu den Opfern im Konflikt durch und erarbeiteten bereits Hunderte von Vorschlägen für den Friedensprozess in den bereits abgeschlossenen Themen wie Landwirtschaft, politische Partizipation und illegale Drogen.

„Die Delegationen der nationalen Regierung und der FARC-EP informieren die Öffentlichkeit, dass wir übereingekommen sind über die Mechanismen der direkten Beteiligung der Opfer des internen Konflikts am Tisch der Friedensgespräche in Havanna und dass ihre Stimme ein bedeutender Input in den Diskussion in diesem Aspekt sein wird“, so das Kommuniqué.
Und weiter zu den technischen Fragen: „Die wichtigsten Kriterien für die Auswahl der Delegationen sind Gleichheit, Pluralismus und ein gutes Urteilsvermögen“, die sich in allen Delegationen widerspiegeln müssen, heißt es. „Insbesondere sollten die Delegationen das gesamte Spektrum der Menschenrechtsverletzungen und Verstöße gegen das humanitäre Völkerrecht, die während des internen Konflikts passiert sind, unter Berücksichtigung der verschiedenen sozialen Sektoren, Bevölkerungsgruppen und den regionalen Ansatz, abbilden. Die Delegationsmitglieder sollten als direkte Opfer des Konflikts und in dieser Eigenschaft und nicht im Namen anderer teilnehmen. Das Vorangegangene bedeutet nicht den Fall der kollektiven Gewalterfahrung auszuschließen.“


15 Juli 2014

Die Frente Amplio in Kolumbien wächst

In Kolumbien konsolidiert sich derzeit eine neue politische Bewegung, die den Frieden und eine neue gesetzliche Legitimierung vorsieht. Ihr Name ist die die breite Front (Frente Amplio).

Die Frente Amplio, was übersetzt für die breite Front steht, ist eine neue politische Bewegung, die in den letzten Wochen im Zuge der Diskussion um den Friedensprozess zwischen der kolumbianischen Regierung und der FARC-EP, den Präsidentschaftswahlen und der politischen Polarisierung zwischen den politischen Kräften sowie aufgrund der steigenden Unzufriedenheit der Bevölkerung mit der Politik der etablierten Parteien entstanden ist. Prioritäres Ziel der Frente Amplio ist die Vereinigung der linken, progressiven und demokratischen Kräfte für ein neues Kolumbien. Mit dem Bündnis von den beiden progressiven Parteien, Alternativer Pol (POLO) und Patriotische Union (Unión Patriótica) wurde bei den vergangenen Wahlen bereits ein Anfang bestritten. In der zurückliegenden Zeit gab es trotz sich eines langsam verbessernden Klimas der politischen Beteiligung und kritischen Meinungsäußerung Bedrohungen und Einschränkungen in der politischen Arbeit für Parteien und Personen aus linken Bewegungen und Parteien. Auch wenn es populärer geworden ist, über den Frieden zu reden, so sind Bedrohungen und Gewalt alltäglich in der kolumbianischen Politik und Gesellschaft.

Ausgelöst wurde der Aufbau der Frente Amplio vom Patriotischen Marsch (Marcha Patriótica) und der Patriotischen Union (Unión Patriótica), zwei linke und progressive Kräfte, die sich für einen dauerhaften Frieden einsetzen und gegen den Faschismus aussprechen. Dabei sieht sich die Frente Amplio als Sprachrohr der sozialen und politischen Bewegungen im Land, Einzelpersonen und Kollektive, der ethnischen Minderheiten und unterdrückten Bevölkerungsschichten, die sich für eine politische Lösung des bewaffneten Konfliktes identifizieren. Dazu gehören zum Beispiel Organisationen wie Colombianas y Colombianos por la Paz, Conpaz, Presentes por el Socialismo, ONIC, Congreso de los Pueblos, Anafro, Gewerkschaften wie die USO und Fecode oder Parteien wie Sektoren aus Alianza Verde, Polo und schließlich die Partido Comunista Colombiano, Unión Patriótica und Marcha Patriótica. Die Frente Amplio ist ein demokratischer, partizipativer und pluralistischer Prozess, der die Einheit der verschiedenen Kräfte aus Politik, Gesellschaft und Kultur vorantreibt und ein Land mit sozialer Gerechtigkeit, Frieden und einer Stärkung der Demokratie fordert. Auch wenn sich die Frente Amplio mit dem Frieden, den Präsident Santos derzeit mit der FARC-EP verhandelt, einverstanden zeigt, so steht sie doch in Opposition zu der Politik der Oligarchie.

In den letzten Jahren gab es häufige Versuche zur Einheit der Linken in Kolumbien. Nun, mit dem fortschreitenden Friedensprozess und einer möglichen Legalisierung einer aufständischen Bewegung, wird dieses Projekt vorangetrieben. Dabei waren die Vorzeichen nicht immer so gut wie derzeit. Auch heute noch wird eine starke Linke als eine Gefahr wahrgenommen. Von daher sind Stigmatisierung und Kriminalisierung bis hin zu politischer Gewalt und Mord an der Tagesordnung. Doch die Wahlen haben gezeigt, dass ein Großteil der Bevölkerung in Kolumbien den Frieden will und die Ergebnisse von POLO und Unión Patriótica machten deutlich, dass auch eine Linke in diesem Land existiert. Dabei will sich die Frente Amplio als eine politische und soziale Kraft im Land etablieren. Ein Ziel ist die Schaffung einer neuen Nationalversammlung mit weitreichenden Garantien für eine politische Opposition und das Thematisieren der Privatisierung von Bildungs-, Energie- und Gesundheitssystem, sowie der schwierige Zugang zu Land und Wohnung sind Bereiche, die im Entstehungsprozess die politischen Themen dominieren.

Der Entstehungsprozess findet in mehreren Departements statt und soll möglichst eine jeweils regionale Plattform für die verschiedenen politischen und sozialen Bewegungen sein. Noch ist nicht abzusehen, ob die Frente Amplio im Fall eines Friedensabschlusses und einer Legalisierung der aufständischen Bewegung FARC-EP dessen politischer Arm wird. Klar ist jedoch, der Frieden beziehungsweise der Friedensprozess sind der einende Moment. Und in diesem Zusammenhang ist die Forderung von weitreichenden politischen Rechten der Opposition, ein bilateraler Waffenstillstand und eine umfassende Agrarreform zu sehen. Die Bildung von regionalen Plattformen in den Departements ist vor allem auf die bevorstehenden Regionalwahlen im Jahr 2015 zurückzuführen. Mit einer neuen breiten Front soll außerdem der Uribismus, der starke extrem rechte Sektor, zurückgedrängt werden, der bei den Präsidentschaftswahlen immerhin über sieben Millionen Stimmen gewann. Abhängig von den Regionalwahlen der Departementes und Gemeinden im kommenden Jahr wird die Beteiligung an den Präsidentschaftswahlen im Jahr 2018 sein. Es bleibt abzuwarten, wie sich der Prozess der Konsolidierung der Frente Amplio als eine neue politische Kraft für den Frieden und für Demokratie entwickelt.

11 Juli 2014

Ich bin eine Kommunistin

„Ich bin eine Kommunistin, ich bin es immer gewesen und als solche bin ich auch Internationalistin, ich erkenne weder den bürgerlichen Begriff von Nation-Staat an, noch die künstlich gezogenen Grenzen, die meine Identität beschränken sollen. Ich bin ein Teil des Volkes, eine Bürgerin der Welt, die beschlossen hat, in einem globalen Krieg teilzunehmen, den vor langer Zeit die großen Kapitalisten den Rest der Menschheit erklärt hat.“

Diese Anfangssätze sind Teil eines Artikels, geschrieben von Natalie Mistral, seit 12 Jahren in der FARC-EP, unter dem Titel „Wir sind Internationalisten... Na und!“ in der sie ihren Status als internationalistische Kämpferin erklärt. In dem Interview spricht sie über ihre Gefühle, Solidarität, die Rolle der Frauen und über die internationale Politik, in der sie vor allem die Aufmerksamkeit der Welt für Kolumbien fordert und sich für die lateinamerikanische Integration ausspricht.

„Wir definieren den Feminismus als ein kritisches Denken und eine politischen Praxis, die die ungerechte Behandlung der Frauen und die Herrschaft des einen Geschlechts über das andere ablehnt. Vor allem aber bin ich eine Kommunistin. Ich glaube, dass der Klassenkampf von Natur aus antirassistisch, antihomophob und antipatriarchal ist und vor allem internationalistisch. Das ist nicht nur eine nette Grundsatzerklärung, es ist eine Notwendigkeit, weil das gleiche kapitalistische System in Völker, Geschlechter und sozialen Klassen unterscheidet und trennt. Deshalb ist es nicht möglich den Kapitalismus zu zerstören ohne diese Vorurteile und Konzeptionen überwunden zu haben. Die Gleichheit aller in jenen Punkten ist mein Bestreben für die Gesellschaft“ sagt sie zum Schluss.


10 Juli 2014

Die Last des Krieges

Die Provinzen Caquetá, Tolima und Huila stehen seit Jahren im Fokus von Militäroperationen. Die Last des Krieges und der Militäroperationen trägt die Bevölkerung.

Statistiken von Nichtregierungsorganisationen und mit der Regierung zusammen arbeitenden Institutionen gehen in Tolima von insgesamt 228.000 Vertriebenen, 7700 Bedrohungen und 16.500 Toten, sowie in Huila von 96.000 Vertrieben, 4200 Bedrohungen und knapp 13.000 Toten im Zusammenhang mit dem Konflikt aus. Die beiden Provinzen sind nicht groß, doch ihre Lage zwischen den Kordilleren und strategischen Einzugsgebieten der seit Jahrzehnten in der Bevölkerung verankerten Guerilla machten die beiden Provinzen neben Cauca im Westen und Caquetá im Osten zu einem Hauptaktionsgebiet der staatlichen Sicherheitskräfte.

Die Provinzen sind geprägt durch Berge, Hochplateaus und grüne Täler. Im Süden von Tolima und im Norden von Huila entstanden in der Mitte des letzten Jahrhunderts von Bauern organisierte und vom Staat unabhängige Regionen, in der eine Selbstorganisation, aber auch aufgrund der staatlichen Repression, eine Selbstverteidigung stattfand. Heute finden sich in den zerklüfteten Gegenden Fincas der Bauern, die je nach Lage und Höhe Kaffee, Bananen, Gemüse, Mais und Yucca anbauen. Was man aber auch sieht, sind verlassene Höfe und Häuser, die von Zerstörung gekennzeichnet sind. Besonders in den Jahren 2008 und 2009 stiegen die Kämpfe zwischen FARC-EP und der Armee an und sorgten für Vertreibung und Zerstörung.

Dabei trat die Armee in Zusammenarbeit mit der Polizei wie eine Besatzungsmacht auf. Die Interessen der lokalen Bevölkerung wurden nicht respektiert und die politisch-sozialen Gegebenheiten, die Arbeits- und Lebensbedingungen der Bauern als Grundlage für Repression und Einschüchterungen genommen. Die lange Tradition der Selbstorganisation und des Widerstandes gegen die imperiale Politik der korrupten Regierungen galt als Vorwand, alle Bauern als Terroristen zu behandeln und eine Region zu militarisieren, was zu erheblichen Einschränkungen für die Bevölkerung führte.

Somit sind die Berge und Täler von Tolima und Huila repräsentativ für den bewaffneten Konflikt in Kolumbien. Von einer ruhigen Bastion der Guerilla, zuerst den liberalen und kommunistischen Selbstverteidigungsverbänden in den 40er und 50er Jahren, bis zur sozialen Basis der FARC-EP ab den 70er Jahren, entwickelte sich beide Provinzen zu Kriegsgebieten. Die undurchdringlichen Berge und Wälder mit ihren kleinen und kaum zu passierbaren Wegen bilden ein hervorragendes natürliches Rückzugsgebiet der Guerilla FARC-EP. So war es nur selbstverständlich, dass sich nach den gescheiterten Friedensverhandlungen von Caguán im Jahr 2002 Alfonso Cano, einer der politisch-militärischen Denker der Guerilla, hierher zurückzog und schließlich im Jahr 2011 ermordet wurde.

Die Guerilla hatte hier so viel Kontrolle, dass die Region nie unter den Einflussbereich von Paramilitärs gelangte. Die Bauern lebten mit und in der Guerilla, die sich in den Bergen und Tälern zwischen ihren Einflussgebieten bewegte. Doch dann kam im Jahr 2005 das Militär und mit ihm die Komplikationen. Sie wollten die Guerilla bekämpfen und sahen jeden, der sich auf dem Land bewegte als Guerillero, als Terroristen, an. Man begann ein Wasserkraftwerk am Fluss Amoyá zu bauen. Die Soldaten sagten, sie kämen um die die Bevölkerung zu schützen. Doch in Wahrheit schützten sie das Wasserkraftwerk, das Geld der Geschäftsleute und die reichen Hacienderos.

Das Militär errichtete Basen und ein Netz von Informanten. Die Basen wurden auch inmitten der Ortschaften errichtet, ein Verstoß gegen die internationalen Menschenrechte. Die Spionage erreichte man durch das Verführen von Personen mittels Geld und Vergünstigungen. Mit dem Militär kamen Umweltverschmutzungen, permanente Hubschrauberflüge und wahlweise Beschießungen, sowie eine immense Kontrolle und Einschränkung des öffentlichen Lebens, wie zum Beispiel durch Checkpoints. Es war nunmehr unmöglich, sich frei bewegen zu können.

Anführer von bäuerlichen und indigenen Organisationen wurden ermordet und als Guerilleros präsentiert. So geschehen im Jahr 2006 in den Gemeinden El Limón und La Marina. Personen, die mit Medikamenten, technischen Geräten, Benzin oder Drogerieartikeln unterwegs waren, bezichtigte man als Guerilleros oder deren Unterstützer. Es kam zu Festnahmen, Einschüchterungen und Gerichtsverfahren gegen unschuldige Bauern. Dies betraf unter anderem 2008 und 2009 Personen, die in sozialen Bewegungen organisiert waren. Das Leben entwickelte sich unter den staatlichen Sicherheitskräften zu einem Alptraum, die wie eine Besatzungsarmee auftraten.

Eine andere Strategie war die totale Überwachung der Bevölkerung. Die Bauern mussten Listen von Familienmitgliedern, Beschreibungen von ihren Fincas, ihren Arbeitern und Anbauprodukten bei der Armee präsentieren. Wollten Bauern einen Kontrollpunkt auf einer Landstraße passieren, mussten sie sich den Soldaten erklären und alle Informationen vorlegen. Oftmals verweigerte man auch mit den Informationen die Weiterfahrt. Diese Punkte führten bis heute zu einem wachsenden Widerstand gegen die staatlichen Sicherheitskräfte und ihr Auftreten. Tolima und Huila stellen bis heute eine typische Situation für viele kolumbianische Bauern und die Landbevölkerung im Allgemeinen dar.

Auch aus Caquetá erreichen uns dieser Tage Nachrichten von Bauern, die durch Einheiten der Armee schikaniert oder auch bombardiert werden. Besonders betroffen sind die Bauern im mittleren und nördlichen El Pato, einer Region, in der der Staat nur durch die Armee präsent ist, soziale Investitionen aber seit Jahrzehnten ausbleiben. Kein Wunder also, dass Bauern und Guerilleros der FARC-EP hier die Selbstverwaltung übernommen haben. Die Reaktionen des Militärs sind wie oben beschrieben. Die Bevölkerung wird unter Generalverdacht gestellt, weil sie sich selbst organisiert und gegen die diskriminierende Behandlung wehrt.

04 Juli 2014

Gruß der Guerilleras aus der FARC-EP an das ELN zum 50. Bestehen

Grußbotschaft von Guerillakämpferinnen der FARC-EP an ihre Genossinnen des ELN zum 50. Jahrestag ihres Bestehens. Folgend die übersetzte Grußbotschaft:

Die farianischen Guerilleras umarmen unsere Kampfesbrüder und -Schwestern des ELN zu ihrem 50. Geburtstag.

Der Widerstand der beiden aufständischen Kräfte ist ein Beispiel für die Würde und den Mut der Männer und Frauen, in dem wir der gewaltsamen Ausplünderung widerstanden und zu den Waffen griffen, um uns gegen die Angreifer zu verteidigen. Wir gestalteten diesen Krieg, der uns von der Oligarchie auferlegt wurde, in einen revolutionären Kampf und versuchten Änderungen zu erzeugen, die aus Kolumbien eine gerechte und souveräne Nation machen. Unser Kampf ist schon immer für den Sozialismus gewesen.

In diesem asymmetrischen Krieg sind unsere größten Waffen der Mut, die moralische Überzeugung und das Erbe unserer legendären Mentoren: Manuel Pérez, Manuel Marulanda, Camilo Torres, Jacobo Arenas, Manuel Vásquez, Alfonso Cano und Milton Hernández, außerdem die Liebe und Unterstützung unseres Volkes, ohne die es nicht möglich ist, weder den Widerstand noch die Machteroberung als unserer Ziele zu erreichen.

Unser Gruß ist speziell an unsere Genossinnen des ELN gerichtet, Frauen, die wie wir das gesamte Land mit all ihren Hoffnungen einnehmen, unter der Sonne und dem Regen, in mondhellen Nächten und ohne ihn, Schulter an Schulter kämpfend aufrecht mit Würde und Mut an der Seite ihrer männlichen Kollegen.

Wir würdigen dieses Jubiläum den Genossinnen Marta Helena Barón, Mariana Páez, Claudia Isabel Escobar Jerez, Lucero Palmera und all die Tausenden von Frauen, die ihr Leben gegeben haben, um das Land der Rebellion und Widerstandes gegen die Unterdrücker fruchtbar zu machen.

Lasst uns gemeinsam die Botschaft der Rebellion in den Ohren der populären Massen verbreiten und mit ihnen unser Neues Kolumbien erkämpfen und erbauen.  

Der Weg des Friedens mit sozialer Gerechtigkeit ist entworfen, die Zukunft gehört uns.

Gegen den Imperialismus, für das Vaterland!

Gegen die Oligarchie, für das Volk!