27 August 2012

Friedensgespräche mit FARC-EP

Nach fast einem halben Jahrhundert des bewaffneten Konflikts in Kolumbien berichtet der Fernsehsender TeleSUR am Montag, dass die Regierung Kolumbiens und die Aufständischen der FARC-EP in Havanna (Kuba) eine Vereinbarung unterzeichnet haben, die den Weg zu Friedensgesprächen ebnen. Angeblich gebe es sichere Quellen, so der Informationsdirektor von TeleSUR Jorge Enrique Botero. Der Inhalt soll in Kürze vom Präsidenten Juan Manuel Santos vorgestellt werden. Vor einem Jahr, noch unter dem Anführer Alfonso Cano, sprach sich die Guerilla für Friedensgespräche und dem Wunsch nach Frieden aus. Wiederholt wurde das Angebot an die Regierung durch Timochenko.

Der Weg zu den Friedensgesprächen soll im Oktober in der Stadt Oslo (Norwegen) geplant sein. Angeblich wurden die ersten Gespräche schon im vergangenen Mai in Havanna zwischen der Regierung Kolumbiens und Vertretern der Guerilla durchgeführt. Diese seien auf Vermittlung der Regierungen Venezuelas, Kubas und Norwegens zu Stande gekommen. Auf Seiten der FARC-EP soll unter anderem Mauricio Jaramillo alias „El Médico“, Mitglied des Sekretariats der FARC-EP und mit Erfahrungen als Kommandierender in hohen militärischen Strukturen der Guerilla im Norden und Osten des Landes, beteiligt gewesen sein, während für die Regierung unter anderem der aktuelle Sicherheitsberater Sergio Jaramillo und der Umweltminister Frank Pearl teilgenommen haben.

Auch die Bevölkerung Kolumbiens wünscht sich Friedensverhandlungen zwischen Guerilla und Regierung. In einer Umfrage, die am vergangenen Donnerstag veröffentlicht wurde, wünschten sich 74,2% der Kolumbianer einen Dialog mit der FARC-EP. Die Umfrage wurde telefonisch in den Städten Bogotá, Medellín, Cali, Baranquilla und Bucaramanga durchgeführt.

26 August 2012

Julián Conrado - Freiheit und Asyl!


Seit über einem Jahr und fast vier Monaten befindet sich der Sänger und politisch engagierte Julián Conrado rechtswidrig in Haft. 16 lange Monate sind seit seiner Verhaftung in Venezuela vergangen, wurde sein Leben eingeschränkt und er seiner Freiheit beraubt. Wie ist nun seine aktuelle Situation?


Julián Conrado wurde am 31. Mai 2011 in einer Gemeinschaftsaktion von kolumbianischen und venezolanischen Sicherheitskräften auf dem Territorium Venezuelas festgenommen. Die Regierung Kolumbiens verlangte seine Auslieferung, die bisher aber noch nicht durchgeführt worden ist. Bisher gibt es auch noch kein Verfahren gegen ihn, so dass seine Festnahme präventiv erfolgte. Direkt nach seiner Festnahme verging ein Monat, ohne dass Julián Conrado und die Öffentlichkeit wussten, wo er ist und was mit ihm geschieht.

Festgenommen wurde er, um seine Stimme zum Schweigen zu bringen. Julián Conrado war Teil einer lateinamerikanischen Kultur, die durch ihre lauten Stimmen und Lieder mit zeithistorischen und gesellschaftskritischen Themen die Menschen begeistern konnten. Julián Conrado war eine Stimme des Widerstandes gegen den Neoliberalismus und das repressive System in Kolumbien. Er gehört der aufständischen Bewegung FARC-EP an und hat unter anderem aktiv an den Friedensverhandlungen zwischen der Guerilla und der Regierung Pastrana von 1998 bis 2002 teilgenommen. Zuletzt hielt er sich in Venezuela auf, weil er gesundheitlich angeschlagen war und in Kolumbien aufgrund der Verfolgung seine Verhaftung drohte, was im Gefängnis seinen sicheren Tod bedeutet hätte.

Moralisch geht es Julián Conrado momentan soweit gut. In Bezug auf seine gesundheitliche Situation wurden einige Untersuchungen durchgeführt, aber die Resultate kennt er noch nicht. Dies sagt er in einem Interview mit Radio Café Stereo aus Stockholm. Das Leben im Dschungel habe ihn zu schaffen gemacht. Verschiedene Krankheiten wie Dengue-Fieber oder Hepatitis, aber auch der permanente Druck durch die Verfolgung der Armee und deren Bombardierungen haben dem Körper zugesetzt. Trotzdem fühlt er sich den Umständen entsprechend stark, um Lieder zu schreiben und zu singen und um den Kampf der Kolumbianer für Freiheit und soziale Gerechtigkeit zu begleiten.

Nicht nur in Kolumbien, auch in dem Land seiner derzeitigen Haft sowie in Ekuador, Bolivien oder Chile gibt es Gruppen, die sich für Julián Conrado einsetzen und sich mit ihm solidarisieren. Er selbst freut sich über die Unterstützung, zumal es nach seiner Ansicht weniger ein rechtliches, denn ein politisches Problem ist. In Venezuela wird er zwar aktuell festgehalten, doch dort ist er in keinem Punkt angeklagt, der Haftbefehl kommt aus Kolumbien. Bisher erlaubt es Venezuela nicht, ihn auszuliefern, weile s gegen die Bestimmungen wäre, einen politisch Verfolgten an ein Land auszuliefern, wo er um sein Leben fürchten muss. In Venezuela weiß man, dass für Julián Conrado in Kolumbien mit seiner Para-Politik und Repression gegen politisch Andersdenkende Tortur und Tod warten würden. Auch wenn sich Venezuelas Präsident Hugo Chávez regelmäßig informieren lässt, bisher gibt es noch keine Entscheidung in diesem Fall, die Freiheit bleibt also weiterhin ein Traum.

Die andere Seite der Gefangenschaft ist die ständige Angst vor der Ermordung. Er beschreibt dies so: Vor seiner Verhaftung kannte niemand den Aufenthaltsort von ihm. Nun weiß man, wo er festgehalten wird. Julián Conrado geht davon aus, dass der kolumbianische Staat und seine Auftragsmörder versuchen werden, ihn auch in Venezuela zu töten. Deshalb fühle er sich nicht so sicher, wie man es in einem Gefängnis vermuten würde. Bei den Freigängen an der frischen Luft, zum Beispiel, muss er immer aufpassen. Und schafft es der kolumbianische Staat nicht, seine politischen Feinde umzubringen, dann sind die Familien der Revolutionäre das Ziel. So soll die Moral der Feinde geschwächt und ein Klima der Angst geschaffen werden. Ob die Mutter von Julián Conrado, die im Dezember letztes Jahr starb, auch ein Opfer der politischen Gewalt war?

Ein gesunder Menschenverstand, die Ethik eines Staates wie Venezuela und die Genfer Konventionen verbieten eine Auslieferung von Julián Conrado an Kolumbien. Asyl für den politisch Verfolgten und gesundheitlich angeschlagenen Mann ist die einzige vernünftige Entscheidung im Sinne des Menschenrechts.

Freiheit und Asyl für Julián Conrado!

21 August 2012

(Frei-)Handelsabkommen für Kolumbien?

Das Freihandelsabkommen (Tratado de Libre Comercio / TLC) zwischen Kolumbien und den USA wurde im November 2006 auf den Weg gebracht, im Oktober 2011 vom Kongress in den USA ratifiziert und ist nun seit dem 15. Mai offiziell in Kraft getreten. Der Öffentlichkeit wurde das Freihandelsabkommen als ein Vertrag mit vielen Vorteilen für Kolumbien verkauft, die Kritiken, die es von oppositionellen Gruppen und Bewegungen gab, wurden ignoriert.

Dabei ist es offensichtlich, dass für die Mehrheit der Kolumbianer nachteilige Entwicklungen geschehen werden und nur die wirtschaftlichen Interessen der transnationalen Konzerne, der US-amerikanischen Wirtschaft und die der kolumbianischen Oligarchie davon profitieren werden. Die einzige vernünftige Erklärung, warum Kolumbien dieses Abkommen mit den USA eingeht, sind die Interessen einer kleinen Gruppe von Kapitalisten, die mit dem Kapital spekulieren wollen und um den politischen und militärischen Beistand der USA mittels dieses Abkommens zu bezahlen. Es ist die erklärte Strategie der USA und anderer Länder, Hilfe anzubieten, um dann Einfluss auf Politik und Wirtschaft ausüben zu können. Hiermit werden nicht nur neue Abhängigkeiten geschaffen, sondern die Freihandelsverträge dienen den geopolitischen Interessen in einer bestimmten Region. Von einer Unterstützung der einheimischen Wirtschaft und einer nachhaltigen Entwicklung kann gar keine Rede sein.

Vom wirtschaftlichen Standpunkt aus gesehen hat das Freihandelsabkommen eine schädigende Wirkung auf die unabhängige und souveräne Entwicklung der Wirtschaft Kolumbiens. Der Prozess der De-Industrialisierung und Beschneidung der Landwirtschaft setzt sich unter den neoliberalen Maßstäben weiter fort. Die kleinen und mittleren Industriebetriebe, die bisher nicht modernisiert wurden, werden am Ende ruiniert und stattdessen die großen transnationalen Unternehmen gefördert werden. Auch in der Landwirtschaft werden es die kleinen Betriebe gegen die großen agro-industriellen Betriebe sehr schwer haben. Die Mega-Projekte in der Landwirtschaft, hier sei zum Beispiel der Anbau von Biotreibstoffen und der Anbau von Pflanzen zur Gewinnung synthetischer Stoffe erwähnt, wird weiter forciert werden, was zu Nahrungsmittelengpässen in Kolumbien führen könnte.

In den letzten Jahren hat die Einfuhr von Produkten in Kolumbien zugenommen, die vorher für den inländischen Gebrauch vollkommen ausgereicht haben. Teilweise konnten sogar landwirtschaftliche Produkte exportiert werden. Hierzu zählten insbesondere Weizen, Reis, Mais, Fisch, Fleisch und Kaffee. Nun ist es so, dass teilweise landwirtschaftliche Produkte importiert werden müssen, die vor Jahren noch aus dem eigenen Anbau gewonnen wurden. Diese Produkte werden durch die Subventionen (wie zum Beispiel in den USA) preiswerter eingekauft als angebaut. Zudem hat die kolumbianische Volkswirtschaft und Landwirtschaft kaum günstigere Bedingungen und Kapazitäten im Vergleich zur US-amerikanischen, die durch Technik, Subventionen und moderner Infrastruktur wettbewerbsfähiger auf dem internationalen Markt ist.

Die kolumbianische Wirtschaftsstruktur hingegen ist nur schwach ausgeprägt. Die Modernisierung der Betriebe und Unternehmen geht nur langsam voran und wird wohl im Zuge des Konkurrenzkampfes zwischen den transnationalen Konzernen und jenen der kolumbianischen Mittelschicht nicht sonderlich gefördert werden. Die Zölle für bestimmte Waren, die dem Schutz der heimischen Wirtschaft dienten, werden sukzessive abgebaut, während jene für US-Produkte erhalten bleiben. Der Ausbau der Infrastruktur wie Straßen und Häfen kommt vor allen den international tätigen Firmen zugute, die die Märkte besser erschließen oder Bodenschätze leichter ausbeuten können.

Die Internationale Handelskammer der USA beschwört das Freihandelsabkommen damit, dass neue Arbeitsplätze in Kolumbien geschaffen werden. Präsident Santos sagt sogar, dass 500.000 neue Arbeitsplätze entstehen werden. Wie bitte sollen so viele neue Arbeitsplätze entstehen, wenn die kleinen und mittleren Betriebe keine Nutznießer des Freihandelsvertrages sind, sie aber für 63% der Arbeitsplätze und 45% der Produktion im Land verantwortlich sind? Auch das Wirtschaftsvolumen und die Exporte werden in Kolumbien nicht in dem Maße steigen, wie die US-amerikanische Wirtschaft davon profitieren wird. Letztendlich kann die kolumbianische Wirtschaft nicht mit der der USA mithalten, dies gilt sowohl in der Produkt- als auch in der Preispalette.

Arbeitsplätze werden wohl nur geschaffen werden, weil die Arbeitsbedingungen der Arbeitnehmer weiter verschlechtert werden. Die Löhne werden sinken, die Sozialleistungen abgebaut, die Rechte der Gewerkschaften und Arbeitnehmer beschnitten und stattdessen der Zeitarbeitssektor und die Wanderarbeit an Priorität gewinnen. Es ist die gleiche Politik, die der kolumbianische Staat schon seit Jahren verfolgt. Als Helfershelfer agieren hierfür paramilitärische Gruppen, die sowohl gegen die Organisation der Arbeiter in den Gewerkschaften vorgehen, als auch direkt bei der Verteidigung der Interessen der von großen Unternehmen und Megaprojekten zuständig sind. Neben Mord und Repression gehört hierzu besonders im agro-industriellen Bereich die Vertreibung von Bauern, aktuell in den Gebieten Urabá, im Magdalena Medio, in Catatumbo, Cesar und an der Atlantikküste. Das Ergebnis sind Tausende von Ermordeten und Vermissten, fünfeinhalb Millionen Vertriebene und die Enteignung von mehr als sechs Millionen Hektar Land.

Der Kampf gegen das Freihandelsabkommen muss aufgrund der politischen, sozialen und wirtschaftlichen Gründe eine Aufgabe von allen Bevölkerungsschichten sein.

16 August 2012

Pablo Catatumbo über den politischen Charakter der FARC-EP

Pablo Catatumbo, Mitglied des Sekretariats der FARC-EP und Koordinator des Movimiento Bolivariano, nimmt Stellung zu den Vorwürfen gegenüber der Guerilla, die von Medien und selbsternannten Analytikern verbreitet werden.

So beschuldigt man die FARC-EP zweier Dinge. Erstens, man sei der Sand im Getriebe für eine echte Entwicklung und Konsolidierung der Linken in Kolumbien und zweites, dass man Urheber für die allmähliche Verlagerung des politischen Lebens hin zu Formen des Faschismus während des letzten Jahrzehnts sei.

Doch ist die FARC-EP eine undurchdringliche Wand, die das Vordringen von linken Tendenzen in Kolumbien verhindert?

Die Frage stellt sich, aus Sicht Pablo Catatumbos und der FARC-EP aus zweierlei Sicht: Die Unwissenheit über die Geschichte als eine revolutionäre Organisation samt Aktivitäten auf der einen Seite und zweitens, einer offensichtlichen Absicht, die linke Geschichte Kolumbiens losgelöst von der Guerilla zu betrachten. So, als ob de FARC-EP einfach nur eine militärische Entstehung und Entwicklung gehabt hätten.

Die Realität ist jedoch anders zu dem oben geschriebenen. Die Geschichte der FARC-EP ist das Produkt aus der Übereinstimmung der verschiedenen Ausdrucksformen der sozialen Kämpfe des kolumbianischen Volkes. Als Beispiel hierfür stehen die beiden Anführer Manuel Marulanda Vélez und Jacobo Arenas, die dem Kampf aus zwei verschiedenen Hintergründen, einer aus den liberalen Bauernvereinigungen und der andere aus dem kommunistischen Proletariat heraus, beitraten und sich in Marquetalia vereint im Schützengraben wiederfanden. Im Prozess der Entstehung der verschiedenen Fronten der FARC-EP spiegeln sich die verschiedenen politischen und kulturellen Traditionen des kolumbianischen Volkes wieder. Es sind Indigene, Bauern, Studierende, Personen afrikanischer Abstammung, Frauen, Intellektuelle, Künstler oder Arbeiter.

In der Erklärung beschreibt er die Entstehung der FARC-EP anhand wichtiger historischer Ereignisse. Angefangen vom Mord an oppositionellen Politikern in der Jahrhunderte alten politischen Geschichte des Landes bis hin zur Repression gegen Arbeitende und Bauern in den 40er und 50er Jahren des letzten Jahrhunderts. Diese Gewalt gegen Andersdenkende und Oppositionelle beschreibt er als regelrechte Konstante in der Regierungspolitik. Die Verantwortung für die Gründung von Selbstschutzvereinigungen der Bauern und anderer politisch engagierter Personen, aus denen später die Guerilla entstand, liege eindeutig beim kolumbianischen Regime. Ebenso könne die systematische Verfolgung der Unión Patriótica, die stetige (Para-)Militarisierung des Landes und die neoliberale und pseudo- pazifistische Politik ab den 90er Jahren, die in der Verfassung von 1991 festgeschrieben wurde, nicht losgelöst vom bewaffneten Konflikt und der Guerilla betrachtet werden.

 
Nicht die Guerilla sei schuld an der Zersplitterung und Weiterentwicklung der Linken, sondern vielmehr die Politik der kolumbianischen Regierungen, die mittels Friedensprozessen und Demobilisierungen die Revolutionäre in die scheinbar demokratische Politik eingebunden haben und sie somit zu den Statthaltern der Oligarchie gemacht haben. Infiltration, Verrat und die ständige Delegitimierung durch Medien und selbsternannte Akademiker und Wissenschaftler haben die Linke versucht zu schwächen und zu splitten. Die FARC-EP hingegen waren permanenter Bestandteil der Linken und in Bündnissen wie der Unión Patriótica oder der Guerillakoordination Simón Bolívar beteiligt, in denen ein neues Kolumbien entwickelt werden sollte. Auch heute sind sie offen für gemeinsames Handeln und eine gemeinsame Diskussion, nur so können die Ziele von politischer und wirtschaftlicher Veränderung, von Souveränität und Würde für die kolumbianische Nation erreicht werden.

Die FARC-EP können nicht die Alleinschuldigen am Zustand der Linken sein. Sicherlich tragen sie ihren Teil dazu bei, wie alle anderen Parteien und Bewegungen auch, aber hier geht es, wenn überhaupt, um eine Gesamtkrise der kolumbianischen Linken, die ihren Ausdruck auch in der parlamentarischen Vertretung und der Popularität in den Umfragen findet. Doch die Linke besteht eben nicht nur aus einer parlamentarischen Vertretung, sondern auch aus den vielen Gruppen und Bewegungen, die derzeit aus dem Boden sprießen. Und hierin sieht die FARC-EP keinen Gegner, sondern Partner im täglichen Kampf. 

 
In der Erklärung wehrt sich Pablo Catatumbo auch gegen den Vorwurf, die FARC-EP seien Teil der extremen Rechten. Dies sei eine Theorie der liberalen und sozialdemokratischen Führungspersonen zur Delegitimierung der Guerilla. So werde jede militärische Aktion der Guerilla in ein schlechtes Licht gerückt und auf der anderen Seite ein hartes Handeln gefordert. Es werden seitenweise Lügen, Absurditäten, Widersprüche und Verschwörungstheorien aufgelistet, unter anderem, dass man mit Drogenhändlern und Paramilitärs paktiere. An einem Beispiel listet er jedoch auf, wie es die FARC-EP war, die effektiv gegen faschistische Einheiten des „Bloque Calima“ vorgingen, die 1999 in der Region Valle del Cauca eindrangen und die Bevölkerung terrorisierten. Es waren weder die Armee oder die Polizei und auch nicht die politischen Behörden, die gegen dieses faschistische Projekt vorgingen, sondern Einheiten der Guerilla. In den Medien existiert jedoch nur die für die antikommunistische Propaganda typische Sichtweise des Drogenterrorismus und das die FARC-EP den politischen Kontext aus den Augen verloren hätten.

11 August 2012

Situation in Catatumbo

Die Region Catatumbo liegt im Nordosten Kolumbiens und sie besteht aus neun Gemeinden im nördlichen Teil des Bundesstaates Norte de Santander: Convención, El Tarra, Hacarí, Teorama, San Calixto, La Playa, Sardinata, El Carmen und Tibú. Die Region hat ihren Namen von den Gewässern des Flusses Catatumbo, der in den Maracaibo-See auf der Seite Venezuelas mündet. Die Region ist aufgrund der politisierten Bauernbewegungen eine der sozialen Heimstätten der beiden Guerillabewegungen FARC-EP und ELN. Seit Jahren wird die Region durch kolumbianische Sicherheitskräfte aufgerüstet, was zu Konflikten mit Guerilla und Bevölkerung führt.

Catatumbo ist ein Gebiet, das aufgrund der Vielzahl von Klimazonen und sehr guten Böden für die Landwirtschaft bestens geeignet ist. Hier werden verschiedene Arten von Nutzpflanzen wie Kaffee, Kakao, Mais, Bohnen, Reis, Kochbananen und Yucca angebaut. Die tiefer gelegene Region wird vor allem zur Viehzucht verwendet, die Flüsse sind reich an Fischen, Bodenschätze finden sich überall in Catatumbo (vor allem Öl und Kohle) und Forstwirtschaft wird hier ebenfalls betrieben. Mit der Hauptstadt Cúcuta, ihrer Industrie und der nahe gelegenen venezolanischen Grenze ist die  Region von geopolitischer und geoökonomischer Bedeutung.
Der Fluss Catatumbo fließt von Süd-West nach Nord-Ost-durch den Bundesstaat Norte de Santander. Es wird geschätzt, dass 60% des Süßwassers des Maracaibo-Sees von diesem Fluss stammen. In ihm münden die Flüsse Tarra, San Miguel, Río de Oro, Socuavo (Süd) , Socuavo (Nord), Tibú, Sardinata und viele andere. Das Becken in Norte de Santander hat eine Fläche von 16.626 km² und macht 75% des Territoriums aus. Für 33 Gemeinden und eine Bevölkerung von insgesamt 1.184.548 Einwohnern ist es die einzige Wasserquelle.

Hier liegt der nationale Naturpark Catatumbo-Bari, welcher im September 1989 gegründet wurde. Die Fläche umfasst 158.125 Hektar und Höhenlagen von 200 bis 1800 Meter über dem Meeresspiegel. Gefunden wurden hier 541 Arten und Unterarten von Vögeln, hinzukommen seltene Insekten, Amphibien, Reptilien und Säugetieren wie der Brillenbär. Außerdem ist Catatumbo Teil des Waldreservates Serranía de los Motilones, einer von insgesamt sieben nationalen Waldreservaten. Sie dienen der behutsamen Forstwirtschaft, zeitgleich sollen aber die Böden und die Tierwelt geschützt werden.
Catatumbo ist das Zuhause des indigenen Volkes Motilón Bari. Sie haben 23 Gemeinden, die etwa von 3.200 Menschen bewohnt werden. Im Laufe der Jahre erkannte die Regierung zwei indigene Schutzgebiete an, Caricachaboquira mit rund 13.300 Hektar und Motilón Bari mit einer wesentlich größeren Fläche. Zudem genießen offiziell einige Gemeinden den Schutz der indigenen Kultur. Mehr als 200.000 Bauern leben aktuell in der Region von der Landwirtschaft, der Fischerei und der Viehzucht.

Erst 1999 kamen die Paramilitärs in die Region. Es war das Einsatzgebiet des „Block Catatumbo“ angeführt von Salvatore Mancuso und dem „Nord-Block“ unter dem Kommando von Jorge 40.  Der Block Catatumbo demobilisierte am 10. Dezember 2004 und der Nord-Block am 8. und 10. März des Jahres 2006. Insgesamt verließen nach offiziellen Angaben der Regierung Uribe knapp 6200 Paramilitärs ihre beiden Organisationen, mehr als 4700 Waffen wurden übergeben. Zurück blieben10.000 Tote, über 600 vermisste Personen und mehr als 100.000 Vertriebene.
Doch die Demobilisierung war, wie überall im Land, eine Farce. Stattdessen konnten mit den Programmen für Demobilisierte illegal erworbene Ländereien legalisiert und monatliche Unterstützungszahlungen für die „ehemaligen“ Paramilitärs arrangiert werden. Der Dachverband AUC und die beiden Blöcke im Catatumbo verschwanden zwar, doch nun entstanden neue Gruppen wie zum Beispiel die Aguilas Negras (Schwarzen Adler). Dort wo es wirtschaftliche Interessen der Regierung oder transnationaler Konzerne gibt, wird der Nährboden für paramilitärische Gruppen gelegt. Von Politikern, Großgrundbesitzern und den Konzernen selbst bezahlt, sind sie dafür zuständig, Land durch Vertreibung zu akquirieren und gewerkschaftliche Betätigung sowie sozialen Protest zu beseitigen.

Gründe für sozialen Protest gibt es genug. Unter dem Vorwand der Drogenbekämpfung werden in Catatumbo immer noch Tausende Hektar des Naturparks und des Waldreservates zerstört, die jedoch Lebensgrundlage der indigenen und bäuerlichen Bevölkerung sind. Dort, wo tatsächlich Koka angebaut wird, geschieht dies, weil die Indigenen und Bauern sonst keine weiteren Existenzgrundlagen haben. Um Alternativen hat sich die Regierung nie gekümmert, der Zugang zu sozialen Dienstleistungen ist miserabel. Das beim Sprühen der Flächen verwendete Glyphosat kontaminiert die Wasserquellen und die Böden und sorgt für Krankheiten, die zum Tod bei Menschen und Tieren führen. Rund sieben Jahre brauchen die Böden um sich zu regenerieren. Bauern und Indigene werden so gezwungen, ihr Land zu verlassen.

Des Weiteren ist die Region reich an Kohlevorkommen. Schätzungen gehen davon aus, dass in Catatumbo mehr Mengen zu erwarten sind, als derzeit in La Cerrejón, eine der größten Kohleminen der Welt im etwas weiter nördlich gelegenen Bundesstaat La Guajira. Zwei kanadische, ein mexikanisches und fünf kolumbianische Unternehmen sind an der Erkundung und Ausbeutung der Kohlereserven beschäftigt. Derzeit findet der Übertage-Abbau auf einer Fläche von 28.000 Hektar in den Gemeinden Convención, Teorema, Tibú und El Tarra statt. Während früher zwischen 60.000 und 80.000 Tonnen pro Jahr gefördert worden sind (zum Beispiel durch das Unternehmen Geofisin EU) soll die Förderung auf bis zu 750.000 Tonnen gesteigert werden. Eine Tonne Kohle wird aus bis zu sechs Tonnen Abraum gewonnen, das heißt also, dass fünf Tonnen an Boden und primärer Vegetation zerstört wird. Der Abbau erfolgt meist mit Dynamit, das Sprengverfahren benötigt hierbei große Mengen an Wasser, um Staub- und Feuerentwicklung zu vermeiden. Immer mehr Wasser und große ehemalige landwirtschaftliche Anbauflächen werden so verschmutzt und zerstört.

Hinzu kommt eine über Jahre anhaltende Militarisierung der Region. Mit der Sicherheitspolitik der „Demokratischen Sicherheit“ sollte vor allem in den ökonomisch wichtigen Gebieten eine dauerhafte militärische Präsenz aufgebaut werden. Begründet wurde dies nicht nur mit dem Schutz der wirtschaftlichen Interessen, sondern auch mit dem Schutz der Menschenrechte. Paradoxerweise haben die Menschenrechtsverletzungen aber nicht abgenommen, sondern die außergerichtlichen Tötungen von Oppositionsführern, Guerilleros und Bauern liegt weiterhin auf einem hohen Niveau. Oft handeln Armee und Paramilitärs sogar Hand in Hand und tauschen sich gegenseitig Informationen aus. Die Armee versucht in Kämpfen die Guerilla zu vertreiben, anschließend rücken die paramilitärischen Gruppen nach und versuchen mittels Einschüchterung und Terror die Bevölkerung zu unterdrücken.

Im November 2011 stellten Präsident Santos und sein Verteidigungsminister eine neue Militärstrategie vor. Diese bedeutete einen Anstieg der Sicherheitskräfte im Land, die Schaffung neuer gemeinsamer Einheiten von Militär und Polizei in Zonen wie Cauca, Nariño, Norte de Santander und Arauca, die vor allem der Aufstandsbekämpfung dienen, sowie dem Ziel von Töten von Führungspersonen der höheren und mittleren Ebene der Guerilla. Dabei unterscheidet das Militär drei verschiedene Zonen. Zone 1 sind neuralgische Gebiete, die von großer Bedeutung für das Land sind. Hierzu zählen insbesondere der Schutz von Öl- und Bergbaufördergebieten und deren Anlagen, Straßen und Kommunikationswege. In Catatumbo ist es die Kohleförderung und das Verkehrsnetz zu Venezuela. Zone 2 sind Gebiete in denen Angriffe auf Ziele mit hohem Wert stattfinden sollen. Hierunten werden Gebiete gefasst, in denen hohe Anführer der Guerilla vermutet werden. Seit 2008 waren es die Bundesstaaten Tolima und Cauca auf der Suche nach FARC-EP Anführer Alfonso Cano, aktuell ist es Catatumbo auf der Suche nach dem neuen Anführer Timochenko. Zone 3 sind Gebiete, in denen das Militär sie strategische Initiative zurück gewinnen will. Hier gibt es hohe Konfrontationen, quasi einen „richtigen Krieg“. Neben Catatumbo betrifft dies unter anderem den Süden von Meta und Caquetá.

Aufgrund der Repression und der jahrzehntelangen Verbundenheit mit der Bevölkerung sind neben der 33. Kampffront der FARC-EP viele mobile Kolonnen der aufständischen Bewegung aktiv. Allesamt stehen sie unter dem Kommando des militärischen Blockes „Magdalena Medio“ der FARC-EP. Hierzu zählen zum Beispiel die Kolonnen „Resistencia del Barí“, „Resistencia Catatumbo“, „Gabriel Gálviz“  und die Kolonne „Arturo Ruiz“. Über 30 Jahre ist die FARC-EP als politisch-militärische Organisation in der Region verankert, und genau so lange im Widerstand gegen die staatliche Aggression und Ausplünderung. Anfang der 1980er Jahre wurden Kämpfer der 20. Kampffront beauftragt, in der Region Catatumbo eine neue Front aufzubauen. So wurde ein neues Operationsgebiet zwischen der Hauptstadt Cúcuta und der venezolanischen Grenze geschaffen. Und in diesem Umfeld, in dieser Region des unerschöpflichen Widerstandes von Indigenen, Bauern, Arbeitern, Studierenden und den basisdemokratischen Kräften wird weiterhin für Lösungen zum Frieden, für soziale Gerechtigkeit und für die behutsame Entwicklung der Region bei der Bewahrung von Interessen aller gekämpft.

10 August 2012

Ausschluss der KP aus Linksbündnis

Das Linksbündnis Polo Democrático Alternativo (PDA) hat alle Mitglieder der Kommunistischen Partei (KP) aufgrund ihrer doppelten Mitgliedschaft sowohl im Bündnis PDA als auch in der neuen Linksbewegung Marcha Patriótica ausgeschlossen. Die KP ist Teil des Polo, aber auch seit dem Entstehen im Marcha Patriótica engagiert. Die Entscheidung kommt somit einem Ausschluss der Kommunistischen Partei Kolumbiens aus dem Wahlbündnis Polo gleich. Das Wahlbündnis Polo verliert damit nicht nur Mitglieder im Kongress, sondern in der momentanen Krise auch weitere Mitglieder und vor allem Sympathie. Viele soziale und politische Bewegungen sind im Marcha Patriótica organisiert, aber ebenso Teile in anderen Bündnissen, wie eben im Polo. Es bleibt abzuwarten, wie sich sowohl diese Bewegungen als auch die Kommunistische Partei selbst in dieser Situation verorten. Bisher hatte das Bündnis Polo die neue Bewegung Marcha Patriótica geduldet, wenn auch nicht offen unterstützt. Nun wird davon ausgegangen, dass eine klare Trennung zwischen beiden Bündnissen bzw. Parteien gezogen werden soll.

02 August 2012

Interview mit Fabián Ramírez

In einem Interview mit dem unabhängigen Journalisten Karl Penhaul, welches im ländlichen Südwesten Kolumbiens aufgenommen und in den Nachrichten des Senders Caracol ausgestrahlt wurde, sagte der Anführer des militärischen Südblocks der FARC-EP, dass der Krieg beendet werden müsse. Jedoch betont er auch, dass die Möglichkeiten eines Friedens von den politischen und wirtschaftlichen Interessen abhängen. Zum Frieden reiche es nicht nur zu sagen, dass nun die Waffen niedergelegt werden und dass man aufhöre Posten von Militär und Polizei anzugreifen. Vielmehr müssen die Dinge beendet werden, welches die Gründe für den bewaffneten Konflikt sind. Die Regierung, so scheint es, will aber keinen Frieden. 

Fabián Ramírez macht auch darauf aufmerksam, dass die FARC-EP keine Entführungen aus finanziellen Gründen durchführen werden, es muss jedoch zwischen Entführungen und Gefangennahmen im Krieg unterschieden werden. So sei es weiterhin möglich, Soldaten oder Polizisten in Gefechten gefangen zunehmen. Er spricht sich gegen eine Humanisierung des Krieges aus, seiner Meinung nach müsse der Krieg beendet werden: „Humanisieren, wofür? Um ihn weiter fortzuführen?“ sagt er.

In den kolumbianischen Medien hieß es, dass er im November 2010 bei einem Bombenangriff auf ein Camp der Guerilla umgekommen sei. Nun war die Überraschung groß, als das lange Schweigen gebrochen wurde und er nun überraschenderweise vor die Kamera trat. Im November sei er vorgewarnt worden. Es gibt ein großes Netz an Informanten, die alle Bewegungen des Militärs überwachen. Deshalb wusste man Bescheid, dass ein Angriff in jener Nacht stattfinden würde. Abschließend antwortet er auf die Frage nach dem Tod der langjährigen Anführer Manuel Marulanda, Raúl Reyes und Alfonso Cano: „Stirbt einer, verbleibt ein anderer; es stirbt einer und es folgt einer, immer aufeinanderfolgend. Es schmerzt, aber das Leben ist so, wir müssen alle sterben.“

Link zum Interview  

01 August 2012

Der Krieg der Guerilla ist kein Terrorismus

In Kolumbien wird seit jeher versucht, das Völkerrecht sowie das Menschenrecht für die Interessen des Staates und ihrer Oligarchie zu verletzen. Während Staat und Paramilitarismus im Einklang mit den neoliberalen Interessen  den Terror im Land walten und die politische und soziale Opposition verfolgen lassen, werden die revolutionären Gueriller@s mit dem Vorwurf des Terrorismus, der Entführung und der Verschwörung konfrontiert. Der bewaffnete Konflikt soll hierdurch entpolitisiert werden. Tatsächlich sitzen aktuell bis zu 9500 politische Gefangene in den kolumbianischen Gefängnissen, ihr Status ist jedoch ungeklärt, da der Staat den Status von politischen Gefangenen und Kriegsgefangenen nicht anerkennen will. Und doch gibt es eben viele in den Gefängnissen, weil ihre Motivation darin bestand, gegen einen Staat zu rebellieren, der selbst die einfachsten Menschenrechte verletzt und der keinen Raum für eine friedliche Opposition zulässt. Als Beispiel sei hier der systematische Massenmord an der „Unión Patriótica“ mit mehr als 5000 Toten, der Mord an führende Politiker und Präsidentschaftskandidaten wie Jaime Pardo Leal, Carlos Pizarro, Bernardo Jaramillo oder Luis Carlos Galán, sowie die Tausenden von ermordeten Gewerkschaftern, Mitgliedern der sozialen Bewegungen und Guerilla-KämpferInnen. Der Widerstand mit der Waffe gegen ein zutiefst undemokratisches und ungerechtes Regime ist also legitim.

In diesem Zusammenhang ist es wichtig, zwischen einem Guerilla-Krieg und Terrorismus zu unterscheiden. Der Guerilla-Krieg ist ein bewaffneter Konflikt der Bevölkerung bzw. Teilen der Bevölkerung aus politischem und sozialem Kontext heraus, während der Terrorismus mit absichtlichen Angriffen auf die Zivilbevölkerung abzielt. Derr Begriff des Terrorismus unterscheidet sich also von dem der Subversion. In Kolumbien hat der bewaffnete Konflikt seine Wurzeln in der jahrhundertealten Geschichte des Landes, in den verschiedenen Zyklen der Gewalt und spätestens mit den 40er und 50er Jahren als ein Guerillakrieg der unterdrückten Bauern und Landlosen gegen die Gewalt der herrschenden Klasse. Wie ein Faden zieht sich der Widerstand durch die kolumbianische Geschichte, damals gegen die Großgrundbesitzer und deren Konzentration des Landbesitzes in den Händen der zahlenmäßig kleinen Oligarchie, heute gegen die kapitalistische Akkumulation in der Landwirtschaft, gegen Megaprojekte im Bergbau, gegen die Plantagenpflanzungen für Biokraftstoffe und für die universellen Rechte der Bauern und Indígenas.

Damals wurde gegen die Repression der konservativen Kräfte rebelliert, das diktatorische Regime von Rojas Pinilla bekämpft und später für die Demokratisierung während der Nationalen Front gekämpft. In den 80er Jahren wurde die aufständische Bewegung das erste Mal von der Regierung anerkannt, es kam zu Friedensverhandlungen. Auch Ende der 90er Jahre wurde die Guerilla durch Verhandlungen mit der Regierung Pastrana legitimiert. Die beiden Friedensprozesse scheiterten, doch auch heute noch ist es das erklärte Ziel der Guerilla, einen tiefgreifenden demokratischen und politischen Wandel für das Land, reale Garantien für die politische Betätigung und schließlich Frieden zu erreichen. Von einer politischen Lösung ist man heute aber weit entfernt. Täglich wird der Terrorismus- und Drogenvorwurf durch die regierungsnahen Massenmedien „El Tiempo“, „Caracol“ und „RCN“ in die Köpfe der Kolumbianer transportiert, das Militär und die Polizei hochgerüstet und die physische und psychische Vernichtung der Opposition vorangetrieben. Solange es diese Zustände gibt, wird es auch eine bewaffnete Opposition geben. Die Guerilla ist kein Terrorismus, sie ist der Widerstand des Volkes gegen die soziale Ungerechtigkeit und Tyrannei.


In den kolumbianischen Bergen wächst ein neuer Mensch heran

Die kolumbianische Oligarchie, also die Propagandisten des Neoliberalismus und ihre Medien, versuchen die KämpferInnen und Kommandeure der FARC-EP an der Beteiligung des Drogenhandels und anderer krimineller Machenschaften zu beschuldigen.  Dies dient lediglich dem Ziel, die KämpferInnen, Mitglieder und Sympathisanten jener revolutionären Strukturen zu diskreditieren.

Der Zynismus dieser kleinen aber mächtigen Gruppe ist enorm. Diejenigen, die an ein Leben in Luxus und Reichtum gewöhnt sind, geschaffen aus dem Schweiß der kolumbianischen ArbeiterInnen, durch Finanzspekulation und Drogenhandel, wollen eine Organisation für die Misere im Land beschuldigen und ihre KämpferInnen verleumden, die teilweise seit über 45 Jahren gegen diese Zustände, gegen Armut und Ungerechtigkeit kämpfen.

Doch die Zahlen sind eindeutig. Die Hälfte der kolumbianischen Bevölkerung ist arm, ein Viertel lebt sogar in extremer Armut. So sind mehr als 8 Millionen Menschen Armutsverhältnissen ausgesetzt. In den ländlichen Gebieten ist die Situation noch schlimmer, mehr als die Hälfte aller Haushalte lebt unterhalb der Armutsgrenze. Weltweit steht Kolumbien bei den Ländern mit sozialer und wirtschaftlicher Ungleichheit an dritter Stelle.

Damit die Oligarchie ihr komfortables und luxuriöses Leben aufrechterhalten kann, betreibt sie die Aufrüstung des Militärs und verfolgt eine Politik mit Waffen. Unterstützung bei der repressiven Politik und Militarisierung erhält sie aus den USA. Kolumbien ist das Land mit der höchsten US-amerikanischen Militärhilfe in Lateinamerika und weltweit an dritter Stelle. Millionen von Dollar werden investiert, um den Krieg zu finanzieren und die Menschen zu unterdrücken. Das haben sie vor Jahrzehnten mit den aufständischen Bauern so gemacht, später mit dem systematischen Ermorden von Mitgliedern und Sympathisanten der Unión Patriótica und heute mit dem Kampf gegen die FARC-EP.

Wie schon seit geraumer Zeit zu erkennen ist, versuchen die Geschichtsverfälscher der Oligarchie Lügen über die Aufständischen zu verbreiten, um so gegen sie Stimmung zu machen und den Krieg rechtfertigen zu können. Es ist ein psychologischer Krieg, in der die KämpferInnen der FARC-EP als Terroristen bezeichnet werden. Tatsächlich gibt es in Kolumbien viele Menschen, die auf die Lügen und Diskreditierungen der Regierungspropaganda herein fallen. Doch es gibt mittlerweile auch viele Menschen die wissen, dass die Guerilla weiterhin eine starke politisch-militärische Organisation ist, getragen von den Ideen eines Simón Bolívar oder eines Manuel Marulanda, die an der Seite der Unterdrückten und Armen gekämpft haben.

Wer die Gelegenheit hatte, mit den Guerilleras und Guerilleros (im Folgenden einfachheitshalber Gueriller@s) der FARC-EP zu reden, zu leben oder politisch zu arbeiten, der weiß, welchen Charakter und welche Werte die Männer und Frauen haben, die unter teilweise schwierigen Bedingungen in den Bergen, Savannen und Wäldern für ein neues und gerechtes Kolumbien kämpfen. Die hinterlistige und feige Oligarchie wird es nie verstehen und ertragen können, dass die Bedingungen des Guerilla-Lebens, die Opfer und der Verzicht auf viele materielle Dinge für einen Menschen stehen, in denen Liebe und Treue zur revolutionären Sache aus dem tiefsten Herzen kommen.

Laufend entlang von Wegen und Pfaden, gebaut in mitten des Dschungels, teilweise bestehend aus Schlamm und matsch, kleine Flüsse überquerend auf kleinen Holzbrücken, bergauf und bergab umgeben von einer üppigen Vegetation und frischer Luft, ist es eine tolle Erfahrung wenn man weiß, dass man am Ende eines langen Marsches herzlich und solidarisch von den Brüdern und Schwestern in einem Camp der FARC-EP empfangen wird.

Wie weit sind doch die Lügen der Regierung entfernt, wenn man die Revolutionäre auf dem Land sieht, die in den Bergen und im Dschungel ihr Umfeld zum Arbeiten, Leben und Studieren haben. Wie unterschiedlich ist doch die Welt, die der Kapitalismus für junge Menschen parat hat. Es ist eine entfremdete und konsumorientierte Welt, in der nur oberflächliche Dinge etwas zählen, die Freizeit in Einkaufscentern verbracht wird, es ist eine Welt des Egoismus und der Individualisierung, ohne Belange sich für die wirklich humanen Werte wie Freundschaft, Solidarität und Respekt einzusetzen. Doch in dieser kapitalistischen Welt, direkt im Kern jener Gesellschaft wachsen Menschen heran, die ein humanes Weltbild verinnerlicht haben, die jungen Revolutionäre der Guerilla.

Diese jungen Revolutionäre leben im Dschungel und in den Bergen umgeben von den harten Bedingungen der Natur und in Erwartung eines Feindes, der eine hochgerüstete und hochtechnologisierte Armee besitzt. Und doch trotzen sie dem Feind schon seit Jahrzehnten. Und immer wieder finden sich aufgrund der sozialen und politischen Bedingungen Menschen, die sich der Guerilla und dem Leben eines solchen anschließen.
Das Leben in einem Lager der FARC-EP sollte ein Beispiel für die menschliche Gesellschaft sein. Die Frauen und Männer, Guerilleras und Guerilleros, teilen sich die verschiedenen Aufgaben und Pflichten gemeinsam auf. Dies betrifft die Nahrungsmittelbeschaffung (Anbau, Ernte, Kauf), die Zubereitung des Essens für die ganze Gruppe, Säubern und Pflegen des Lagers und der Schlafstellen bzw. Unterkünfte, Reinigung der Kleidung, sie sichern die Umgebung und bereiten kulturelle oder politische Aktivitäten vor.

Zu jederzeit sind die Gueriller@s militärisch auf ihre Aufgaben vorbereitet. Die Gueriller@s selbst, aber auch das militärische Material werden ständig in Schuss gehalten. Die körperliche Fitness und das Wissen über das Material zum Kämpfen sind sehr wichtig. Die Fitness wird nicht nur in bestimmten militärischen Übungen erworben, sondern auch bei der alltäglichen Arbeit eines jeden Gueriller@. Hierzu zählen das Holzhacken, die landwirtschaftliche Arbeit und das generelle Leben ohne große technische Hilfsmittel.
Anders als bei den Streitkräften der Regierung gibt es in der FARC-EP keine Zurschaustellung von militärischen Rängen oder Abzeichen. Es gibt und gelten die gleiche Disziplin und der gleiche Respekt für alle. Die Kommandeure fördern Freundschaft, Solidarität und Kameradschaft untereinander und für das gesamte Kollektiv einer Gruppe. Diese Herzensangelegenheit und Solidarität trifft auch für gefallene KämpferInnen, die politischen Gefangenen und die Familien zu.

Die Gueriller@s sind Menschen wie du und ich. Sie kommen vom Land oder aus der Stadt. Manche haben nur eine geringe Schulbildung, andere haben länger eine Schule besucht. Sie schlagen sich mit Aushilfsjobs und informeller Arbeit über die Runden. Andere haben eine Arbeit auf dem Land gefunden. Oder sie haben studiert und waren anschließend in leitenden Funktionen tätig. Sie kommen aus allen Schichten, allen Teilen des Landes, jeder mit einer anderen Vergangenheit aber doch alle mit einer ungewissen Zukunft. Der Kampf für eine gerechte Welt führt sie zusammen.

In den Reihen der FARC-EP gibt es Dichter wie Jesús Santrich und Iván Márquez, es gibt Musiker wie Cristián Pérez und Julián Conrado und viele Personen, die wunderbar Zeichnen können. Kunst bzw. die kulturelle Bereicherung wird bei der Guerilla sehr geachtet, für diesen Zweck gibt es in den Einheiten auch die kulturelle Stunde. In der kulturellen Stunde wird den KämpferInnen ein Freiraum zur Entfaltung gegeben, denn Lust und Humor dürfen bei keiner Guerilla fehlen.

Die Gueriller@s sind auch wissbegierig. Wie oben schon erwähnt wurde, kommen sie alle aus unterschiedlichen sozialen Verhältnissen. Während die einen studiert haben, haben die anderen vielleicht noch nie eine Schule von innen gesehen. Die Bildung ist ein wesentlicher Bestandteil innerhalb der Guerilla. Hier wird Lesen und Schreiben gelehrt, es findet Fremdsprachenunterricht statt und es wird sich mit politischen, philosophischen oder kulturellen Themen auseinandergesetzt. Die Bildung und Pädagogik sind auf die jeweiligen Gegebenheiten zugeschnitten. In der kulturellen  Stunde oder in speziellen Zirkeln finden der Unterricht und die Beschäftigung mit Themen und Nachrichten ihren Platz.

Häufig gibt es auch spezielle Seminare und Fortbildungen für die Gueriller@s. Für Analphabeten gibt es länger angelegte Kurse, die ein straffes und lehrreiches Programm haben. Doch auch zu Themen im politischen, geschichtlichen, militärischen und wirtschaftlichen Bereich gibt es Seminare, die neben dem alltäglichen Leben eines Gueriller@ einen Vor- oder Nachmittagskurs beinhalten. Für Kommandeure, Stellvertreter oder Anwärter sind jene Kurse, aber auch spezielle Schulungen ein Pflichtprogramm. Es sind phantastische Erfahrungen, wenn am Abend in der Dunkelheit im Schein einer kleinen Taschenlampe Poesie erzählt oder über diverse Themen diskutiert wird.

In der „farianischen“ Musik, der typischen Musik der Guerilla, spürt man die Gefühle und die Lebendigkeit der KämpferInnen. Aber auch andere Musikrichtungen wie Salsa, Vallenato, Cumbia, Rock, Hip Hop oder Jazz erfüllen die Gueriller@s mit positiver Energie und sind ebenso Bestandteile der Guerilla-Musik. Ein Großteil der Texte beschreibt den Alltag der Menschen, erzählt deren Geschichten und beschreibt politische und soziale Themenfelder. Es ist eine andere Musik als die von Shakira oder Alejandro Sanz, die die soziale Realität Kolumbiens ausklammern und die von abstrakter Liebe und trivialen Dingen singen.

Das Bad in einem Fluss ist der Trost für einen harten Tag. Das kühle, kalte Wasser, welches die Natur bietet, belebt und erfrischt Körper und Geist. Danach ist man wie neugeboren. Die Natur wird von den Gueriller@s sehr geschätzt. Mutter Erde wird deshalb respektiert, weil die Guerilla auf sie angewiesen ist. Sie bietet nicht nur Schutz und verpflegt sie, sie sorgt auch für Elektrizität und ist Teil eines jeden Gueriller@. Zwischen Mensch und Natur besteht eine feste Bindung, bei den im Dschungel oder in den Bergen lebenden KämpferInnen ist sie jedoch besonders ausgeprägt. Der Schutz der Umwelt und die Bewahrung vor Zerstörung, intensiver Landwirtschaft oder Ausbeutung hat oberste Priorität.

Das Bad im Fluss zeigt uns auch etwas anderes, und zwar, wie weit die Vorurteile der Konsumgesellschaft und Medienoligarchie entfernt sind. Guerilleras und Guerilleros respektieren und achten einander und baden gemeinsam, ohne dass falsche Blicke auf eine Person gerichtet werden. Man weiß, dass das Schönheitsideal der Medien ein Trugschluss ist und so wird jeder Körper in seiner Natürlichkeit gesehen. Natürlich gibt es auch Gefühle und Liebesbeziehungen zwischen den KämpferInnen. Beziehungen werden geduldet, sie haben aber andere Norm- und Wertvorstellungen wie in der Welt der Bourgeoisie, in der Heirat, Kinder bekommen und patriarchale Vorstellungen weit verbreitet sind. Ein machistisches Weltbild wird in der FARC-EP abgelehnt und Bildung über Sexualität, soziale Strukturen und Zusammenleben werden mehr und mehr diskutiert.

Aber trotzdem, manchmal ist das Leben in einem Lager der FARC-EP nicht leicht. Aber der Unterschied zum anderen Leben, jenseits der revolutionären Strukturen ist, dass es gegenseitige Unterstützung gibt um die schwierigen Bedingungen gemeinsam zu meistern. Hierfür sind Disziplin und Organisation immens wichtig. Alles muss immer gut strukturiert und gestaltet sein. Jede Person hat ihre Aufgabe in diesem komplexen System. Fehler sind menschlich und werden erörtert. Und nach und nach wachsen, ganz im Sinne der revolutionären Ethik und Praxis, die neuen Menschen heran.

Am Ende bleiben positive Gefühle. Jeder Gueriller@ freut sich mit den Hunden und Katzen im Lager zu spielen. Jede und jeder liebt es, nach einem anstrengenden Tag bei einem Buch aus der mobilen Lagerbibliothek zu entspannen, einen Kaffee zu trinken oder „Agua de panela“ zu sich zu nehmen, die in einem Ofen nach vietnamesischem Vorbild zugerichtet wurden. Diese Öfen, mit ihren langen unterirdischen Rauchabzügen haben sich im Guerillaleben bewährt. Diese Momente und das Leben in der Natur, mit sauberer Luft, klarem Wasser, fantastischen Bäumen, Vogelgezwitscher, dem Rauschen des Windes und des Regens, sind Dinge, die einen Gueriller@ erfreuen. Und es ist auch eine Form des Luxus, all jene Dinge zu haben.

Würde, Respekt, Zusammenhalt, Solidarität und Engagement für die gerechte Sache der Ausgebeuteten sind hier nicht nur leere Worthülsen, sondern die Aspekte, die die FARC-EP zu einer großen Organisation machen. Die modernste Technologie der Armee und die tägliche Propaganda der Medien über das scheinbare Ende der Guerilla kann den Optimismus der FARC-EP nicht bremsen. Die FARC-EP sind ein Teil des Volkes und sie kämpfen für soziale Gerechtigkeit und Unabhängigkeit. Sie sind eine Massenorganisation, eine revolutionäre Partei, eng verflochten mit den Ausgebeuteten, den Arbeitern, den Studierenden, den Bauern, den Indígenas und all anderen Schichten und Menschen, und deshalb können sie nicht besiegt werden und deshalb werden sie auch weiter kämpfen, sowohl politisch als auch militärisch.