27 Oktober 2011

Bildungsstreik geht weiter!

Seit zwei Wochen befinden sich der Großteil der öffentlichen Universitäten Kolumbiens in einem unbefristeten Streik. Die Studierenden kämpfen damit gegen das sogenannte "Ley 30" von 1992. Im ganzen Land solidarisieren sich Gewerkschaften, soziale und aufständische Bewegungen, wie das "Movimiento Bolivariano" oder die FARC-EP. 


Seit den 80er Jahren werden die KolumbianerInnen mit den weitreichenden Konsequenzen des neoliberalen Wirtschaftsmodells konfrontiert. Der Kapitalismus bestimmt, wie in den meisten Ländern auch, das Wirtschafts- und Gesellschaftssystems.

Somit fällt die Bildung auch unter die Kontrolle der bestimmten kapitalistischen Reglementierungen, aktuell besonders die Hochschulpolitik. In den letzten verschiedenen Regierungen und mit der Zeit entstand durch die Reformen ein Bildungssystem, welches sich zunehmend als eine Dienstleistung und ein Geschäft entwickelte. Die Autonomie, der öffentliche Charakter und die staatliche Fürsorge werden so bei Schulen und Universitäten abgebaut und stehen nun vor einem Ausverkauf.

Unter diesen Aspekten hatte schon der Ex-Präsident Uribe Vélez den Ausverkauf des Bildungssystems vorbereitet, welcher nun durch die Regierung Santos fortgeführt wird. Im Speziellen geht es um die Reform eines Hochschulgesetzes, dass das Aus für die noch wenigen Universitäten öffentlichen und staatlichen Charakters bedeuten würde und hin zu einer Monopolisierung der Bildung im privaten und nichtstaatlichen Bereich führt. Beschlossen wurde dieser neoliberale Prozess zur Vernichtung des Bildungssystems in einer Abstimmung im Kongress am 20. Juli dieses Jahres.

Bei diesem neuen Gesetz wird der Staat aus der Verantwortung genommen und den privaten Sektoren und der Wirtschaft die Tür geöffnet. Diese sollen zukünftig in die Bildung investieren, was zugleich eine Vereinnahmung jener Institutionen in das Bildungssystem bedeuten würde. In einem Land und in einer Gesellschaft wie der kolumbianischen, in der Armut, soziale Ungerechtigkeit und ein bewaffneter Konflikt das alltägliche Bild prägen, sollte den Armen und sozial Schwachen sowie dem ethischen, politischen und wirtschaftlichen Fortschritt des Landes mehr Gehör geschenkt werden, als dem Profit, der Gewinnmaximierung und der Herausbildung von Arbeitskräften für die multinationalen Konzerne im Land. Was Kolumbien braucht ist Bildung für alle!

In der Wirklichkeit dirigieren die Leute mit Geld, die Oligarchie, die Geschicke des Landes und stehen damit im Gegensatz zu der Wirklichkeit, der Notwendigkeit und den Interessen des lateinamerikanischen Landes. Notwendig ist es, WissenschaftlerInnen, TechnikerInnen, ArbeiterInnen und HumanistInnen zu formen, um Kolumbien ökonomisch, politisch, sozial, kulturell und vor allem unabhängig und kritisch weiter zu entwickeln.
Deshalb ist es wichtig, den Kampf für eine gerechte Bildung und für ein neues Kolumbien weiterzuführen. In einem neuen Kolumbien, ganz so, wie es zum Beispiel vom „Movimiento Bolivariano“ und den FARC-EP, gefordert wird, soll das Bildungssystem öffentlich, muss kostenlos zugängig und kritisch reflektierend auf das Land sein. Es muss sich klar abgrenzen vom derzeitigen beziehungsweise angedachten System der Privatisierung, der sozialen Ungerechtigkeit, der Elitenförderung und des Konsums.

Es kann nicht sein, dass im öffentlichen Haushalt nur rund 0,7 Prozent für Bildung, aber fast 4 Prozent für die Militärausgaben investiert werden. Die Regierung will den Etat für Bildung weiter eingrenzen, private Investoren sollen anschließend den Topf ausfüllen. Die Zahl der Studierenden hat in den letzten 20 Jahren zugenommen, die finanziellen Mittel jedoch sind gleich geblieben. Die Gebühren der Hochschulen sind für viele Menschen nicht finanzierbar, Stipendienmöglichkeiten gibt es kaum noch. Wenn mit etwas Glück der Start in das Berufsleben glückt, haben viele ehemalige Studierende schon Schulden angesammelt. An den Universitäten wird im kulturellen, gesundheitlichen und wissenschaftlichen Bereich gekürzt, der Staat übernimmt nur noch etwa ein Drittel der Kosten.

Der Protest an den öffentlichen Hochschulen dauert nun schon zwei Wochen, bei den Demonstrationen in den verschiedenen Städten Kolumbiens gab es bereits mehrere Verletzte, in Cali sogar einen Toten. Der Staat versucht mit aller Gewalt die Proteste zu kriminalisieren und zu verhindern. Dennoch finden täglich an den Universitäten Vollversammlungen statt. In verschiedenen Runden Tischen werden Probleme und Lösungen diskutiert. Die Gewerkschaften und soziale Bewegungen, darunter auch die aufständischen Organisationen wie FARC-EP und deren politische Organisationen, solidarisieren sich mit den Studierenden und SchülerInnen. Mittlerweile gibt es aufgrund des unbefristeten Streiks Überlegungen, das laufende Semester zu annullieren. Nichts desto trotz, die Stimmung ist gut und kämpferisch.


Solidarität mit den Universitäten im Streik:

Universidad de Cartagena

Universidad de Atlántico

Universidad de Sucre

Universidad de Córdoba

Universidad de Pamplona (in Pamplona und Cúcuta)

Universidad Francisco de Paula Santander

Universidad Nacional (in Bogotá und Medellín)

Universidad Distrital

Universidad Pedagógica Nacional

Universidad Surcolombiana USCO

Universidad del Tolima

Universidad de Nariño

Universidad del Valle

Universidad Tecnológica de Pereira

Universidad de Antioquia


Folgende Universitäten haben keinen unbefristeten Streik ausgerufen, solidarisieren sich aber mit den Universitäten:

Universidad de Caldas

Universidad Industrial de Santander

Universidad Nacional (in Palmira und Manizales)

Universidad del Cauca

Universidad de Magdalena

Universidad del Quindío

Universidad Tecnológica del Chocó UTCH


Universitäten, die zwar noch nicht im Streik sind, aber weiterhin diskutieren und wo der studentischeTurnus gestört ist:

Universidad de Cundinamarca

Universidad Colegio Mayor de Cundinamarca

Universidad Pedagógica y Tecnológica de Colombia (Tunja) UPTC

Universidad de los Llanos

Universidad de la Guajira

Universidad de la Amazonía

Universidad Popular del Cesar


Gegen die Reform des Gesetzes 30 aus dem Jahr 1992!
Für ein neues Kolumbien!

16 Oktober 2011

Die Presse und der Fall der Nora Valentina

Wieder einmal versucht die kolumbianische Regierung, wie in den Jahren zuvor auch, scheinbar unmoralische Gewaltakte den Guerilleros der FARC-EP zuzuschieben, um Propaganda und Stimmung für mehr Aufrüstung zu inszenieren und die Politik eines friedlichen Dialoges zu diskreditieren. Diesmal wurde ein Fall aus der vom bewaffneten Konflikt schwer gezeichneten Region Arauca bekannt. 
 
Wenige Jahre ist es erst her, der Skandal um die „Falsos positivos“, die „falschen Erfolge“. Der kolumbianische Staat brachte tausende von Zivilisten um, die den militärischen Befehlsstrukturen, den Medien und der Öffentlichkeit als Rebellen der Guerilla-Gruppen präsentiert wurden. Damit konnten die Statistiken der Armee positiv verändert werden und Fang-Prämien an die Soldaten ausgezahlt werden.
Viele, besonders junge Menschen, wurden von Militärs und rechten paramilitärischen Gruppen angesprochen, in die Kriegsgebiete gelockt und dort anschließend umgebracht. In den Statistiken wurde dann vermerkt, dass sie im Gefecht gefallen seien. Ihre Gesichter waren entstellt, eine Identifizierung somit unmöglich. Ihnen wurden die FARC-typischen Gummistiefel übergezogen. Der Fall war somit scheinbar eindeutig. Die Hochzeit der „Falsos positivos“ fand in der Ära des Präsidenten Uribe statt. Unter ihm damals im Amt als Verteidigungsminister befand sich der heutige Staatspräsident Santos.
Einige Fälle wurden bekannt, fast 3000 beschuldigte Soldaten und Offiziere soll es geben, mehrere Tausende unschuldige Opfer sind bekannt. Die Dunkelziffer wird wesentlich höher sein. Die Angst spielt mit, sich den Behörden zu offenbaren und Anzeigen gegen Militär und Polizei zu machen. Dann steht man selbst auf der schwarzen Liste.
Doch trotz des Skandals gibt es auch heute noch Fälle, in denen Menschen verschwinden und in dem die Militärmaschinerie samt ihrer Regierungspropaganda alles in die Wege leiten, um die Öffentlichkeit zu terrorisieren und zu beeinflussen. Zurzeit macht eine Entführung eines Kindes in der Region Arauca an der Grenze zu Venezuela für Schlagzeilen. In den Medien wird von einer Entführung der FARC berichtet, die sich nun genötigt sieht, eine Gegendarstellung herauszugeben. Diese soll hiermit veröffentlicht werden.



Communiqué an die Öffentlichkeit

Nach der Entführung des Mädchens Nora Valentina Muñoz, Tochter von Herrn Jorge Enrique Muñoz, Bürgermeister von Fortul, Region Arauca, haben wir aus den Medien verzerrte Darstellungen und Vorwürfe von Militär und Polizei zu hören bekommen, um den FARC-EP diesen Fall unterzuschieben. Dies weisen wir von uns, denn dies hat nichts mit der Wirklichkeit zu tun.

Der Generalstab der 10. Front der FARC-EP will die Öffentlichkeit informieren, dass keine unserer Einheiten an der Entführung beteiligt ist und wir diesen Akt ohne zu zögern verurteilen. Auf der anderen Seite sind wir besorgt über die hinterhältige und manipulierende Art und Weise der wirklichen Täter und appellieren an die Vernunft der Öffentlichkeit.

Kurioserweise sind diejenigen, die uns heute ohne Beweise des Aktes bezichtigen, eben jene, die in der jüngsten Vergangenheit verantwortlich sind für Staatsverbrechen, wie die Fälle des Mädchens Jenny Torres und ihrer kleinen Geschwister Yeison und Álvaro als Opfer von militärischer Barbarei zeigen, die unter dem Begriff „falsos positivos“ bekannt sind. Mit dieser Entwicklung dachte man sich eine Strategie aus, um Desinformation und Manipulation der öffentlichen Meinung zu schüren und um somit die faschistische Sicherheitspolitik der „Seguridad Democrática“ zu unterstützen, die so viel Schmerz und Leid über das kolumbianische Volk gebracht hat.

Die Entführung des Kindes scheint aus den Handbüchern der psychologischen Kriegsführung der kolumbianischen Militär-Geheimdienste zu kommen, um die regionale und nationale öffentliche Meinung zugunsten der Kriegstreiberei der Regierung zu beeinflussen. Damit stellen sie sich in den Gegensatz zum allgemeinen Wunsch nach einem unblutigen und humanen Ausweg aus der Krise, nämlich den Weg des Dialoges, der in verschiedenen sozialen und politischen Sektoren auf dem Vormarsch ist.


Grassteppen von Arauca, Oktober 2011.

Generalstab der Zehnten Front der FARC-EP, Befehlshaber der Kolonne Alfonso Castellanos und der Kompanie Reynel Méndez.

Block Kommandant Jorge Briceño.
FARC-EP. 

06 Oktober 2011

Von Lügen und Rechtfertigungen in Kolumbien

In Kolumbien gibt es seit mehreren Jahrzehnten einen bewaffneten Konflikt. Angebote der Guerilla für Gespräche werden regelmäßig abgeschmettert, statt dessen wird weiter in die militärische Aufrüstung des Landes investiert und dies gegenüber der Bevölkerung mit Lügen gerechtfertigt. 


Seit dem Angriff auf die Bauern-Republik Marquetalia im Mai 1964, gab es von damals bis heute 12 Regierungen und es folgte eine 13. Regierung, die alle mit ihren jeweiligen Ministern für Verteidigung und ihren Kommandeuren der Streitkräfte Krieg führen, um die Guerilla zu vernichten. Doch sie haben es nie geschafft. Ganz einfach deswegen, weil die Guerilla die Interessen und Gefühle des kolumbianischen Volkes verkörpert und sie ein integraler Bestandteil der Gesellschaft ist. Hinzu kommen der historische Hintergrund und die Verankerung auf dem Land, besonders in den 40er und 50er Jahren.

Die Guerilla wird nie politisch oder militärisch besiegt werden, weil ihre Wurzeln tief im Land liegen, weil der Kampf im Volk verankert ist und weil sich die Guerilla auf ihren bisherigen Leistungen stützen kann. Ihre Existenz ist nicht das Produkt von der Idee einiger weniger. Ihr Ursprung ist die Verteidigung des Volkes, des Lebens selbst und der Würde.

Nun zu behaupten, dass die Unmöglichkeit im Besiegen der Guerilla an der Unfähigkeit der Armeeführung und ihrer Generäle ist, ist nur ein Wunschtraum und geht an der Realität vorbei. Zudem ist es reiner Zynismus gegenüber dem kolumbianischen Volk dies zu behaupten. Wie so häufig wird versucht die Realität auszuklammern und diese zu manipulieren.

Die gepriesenen Errungenschaften der „Seguridad Democracia“ (Politik der „demokratischen Sicherheit“), und vor allem das angekündigte Ende der Guerilla, sind gescheitert und nun wird dieses Scheitern mit Lügen versucht zu rechtfertigen. Die Mafiosi des Militarismus zeigt ihre Klauen um weiter im Trüben zu fischen, um den Krieg zu schüren und um für ihre Geschäfte Stellung zu beziehen. So hoffen sie auch weiterhin ihre Millionen Gewinne in der Militärindustrie genießen und ungestraft entkommen zu können.

Der politische, soziale und militärische Konflikt kann nur gelöst werden, wenn die Lösungen in den Ursachen gesucht werden, woraus die Konflikte entstanden sind. Und eine Lösung ist möglich mit dem Sieg der Aufständischen, durch die Einheit der im Kampf verschiedenen Regionen und Formen, oder durch Dialog um eine politische Lösung.

Jetzt rühmen sie sich, das Wasser neu erfunden zu haben und sprechen von einer neuen Taktik der Guerilla und wie sie dieser entgegentreten können. Hierbei stützen sie sich auf die Handbücher der Aufstandsbekämpfung der „Gringos“. Sie vergessen, dass es gerade dieser Wechsel der Vorgehensweise ist, der bereits seit der Siebten Konferenz 1982 der FARC erprobt und durchgeführt wird. Seit der Gründung der FARC-EP ist sie eine Guerilla, die der historischen Entwicklung und den Grundsätzen des Guerillakrieges folgt. Jene werden gekoppelt mit den Erfahrungen des täglichen Lebens.

Es ist wahr, dass, wenn immer es möglich ist, auch große Guerilla-Einheiten zusammengezogen und gebildet werden. Dies bedeutet aber nicht, die Grundsätze des Guerillakampfes aufzugeben. Nie sprach die Guerilla davon, bestimmte Gebiete und Territorien zu verteidigen. Und die Guerilla sprach auch nicht davon, zu einem regulären Krieg überzugehen. Die FARC-EP sind eine Guerilla und demzufolge handeln sie auch so.

Aus diesem Grund erfinden sie scheinbar wichtige Gründe für ihre medial aufbereiteten Lügen und Analysen. Sie schüren die Diskussionen, damit die Profiteure aus Krieg und Elend weiterverdienen und deren Gegner und Kritiker mundtot gemacht werden können. Letztendlich führt ihre Arroganz zu Unwissenheit über die eigentliche Stärke der Guerilla und die Fähigkeit der Aufständischen, die Miesere des Landes zu überwinden. Es ist eine Vogel-Strauß-Politik, um die Realität zu leugnen.

Damit begraben sie die Möglichkeit, nach verschiedenen Lösungen des Krieges zu suchen, wie zum Beispiel direkte Gespräche mit Beteiligung der Bevölkerung. Mit ihrer Kriegspolitik verstummen die Stimmen, die aus den verschiedenen Regionen des Landes aufsteigen um Alternativen und Wege des Friedens zu finden.

Sie fordern mehr Geld und Engagement unter dem Vorwand der Unsicherheit im Land, können aber nicht zwischen dem sozial-militärischen Konflikt und der Gewalt unterscheiden, die von der dekadenten, korrupten und zerfallenden Politik des Landes ausgeht.

Historisch gesehen ist diese Politik gescheitert weil die Kraft der Vernunft der großen Mehrheit der Bevölkerung stärker ist als gedacht und eher früher als später Frieden will. Frieden mit direkter und ehrlicher Demokratie, Wohlstand, sozialer Gleichheit und Souveränität.