05 Oktober 2013

Wie weiter in Catatumbo?


Die Dialoge zwischen den Sprechern der Bauern in Catatumbo und der Regierung begannen langsam einzufrieren, bis sie vor einigen Tagen erst einmal auf Eis gelegt wurden, beendet ist der Dialog damit jedoch nicht. Seitens der Bauern werden Klagen laut, dass Vereinbarungen nicht eingehalten werden. Außerdem verschwinden immer wieder Personen und Protestierende durch Polizei- und Militäraktionen.  

Vor rund 100 Jahren wurde in der Region Catatumbo, dem Siedlungsgebiet der indigenen Gemeinschaft Barí, das schwarze Gold entdeckt. Mit der Entdeckung des schwarzen Goldes dauerte es auch nicht lang, dass die ersten Siedler auftauchten und sich in dem Gebiet an der Grenze von Kolumbien zu Venezuela niederließen. Doch mit der Ausbeutung des Erdöls und anderer natürlicher Ressourcen begann auch die Tragödie der lokal angestammten Gemeinschaften. Einzige Nutznießer des Erdöls wurde die kolumbianische Oligarchie und die transnationalen Konzerne, während die lokale Bevölkerung, im Widerstand dazu stehend, bedroht, vertrieben und vernichtet wurde.

Die Jahre vergingen und nun wiederholt sich die Geschichte, auch in ihren Hauptdarstellern.  Während die Bevölkerung Widerstand und Rebellion gegen ihr Schicksal leistet, setzt der Staat alles daran, um mit Repression und Unterdrückung den Widerstand zu brechen und die Interessen der Wirtschaft durchzusetzen. Zur Seite stehen ihr dabei nicht nur die staatlichen Sicherheitsbehörden, sondern auch die Medien. Mit den Medien werden falsche Bilder transportiert, Unwahrheiten berichtet und der soziale Protest delegitimiert.

Doch nicht nur Erdöl gibt es in Catatumbo. Es werden auch Kohle Coltan und Eisenerze abgebaut sowie weitere wichtige Mineralien wie Platin gefunden. Kein Wunder also, dass die geostrategisch wichtige Region das Interesse der Regierung und der transnationalen Konzerne weckt. Für die Bevölkerung führt das Interesse zu tiefgreifenden Veränderungen und Problemen. Der Fluss Catatumbo ist eine der Hauptzuflüsse für den Maracaibo-See und für das Grundwasser der Region enorm wichtig. Doch mit der Wassernutzung für den Bergbau sinken Jahr für Jahr die Wasserstände und nehmen die Verschmutzungen und Vergiftungen, wie durch Glyphosate, stark zu.

Für die einen gibt es Reichtum, für die anderen Armut und Elend. Während die Regierung und die Konzerne Millionen einnehmen, werden in der Region die Bauern vom ihren Land vertrieben und nicht ein Peso in die soziale Infrastruktur investiert. Schulen werden geschlossen, keine Straßen gebaut, Hospitäler haben keine Ärzte und Medikamente und es wird kein Geld für Bildung und Gesundheit ausgegeben. Dies sind die Auswirkungen eines neoliberalen Modells, schnell und viel Geld auf dem Rücken der Bevölkerung und Armen zu machen. Investiert wird nur in Infrastruktur zur Ausbeutung der natürlichen Ressourcen, was in den Medien anders verkauft wird, und die Erhöhung der staatlichen Sicherheitskräfte, die nur dem Zweck dienen, die Ausbeutung abzusichern.

Am 28. Mai 1999 begann in einer konzentrierten Aktion von der kolumbianischen Armee, der Polizei, dem Geheimdienst und paramilitärischen Verbänden die Eroberung Catatumbos. Was folgte waren seit dem rund 5000 Tote, 3000 Verschwundene und 20.000 Vertriebene. Mit der logistischen Unterstützung der staatlichen Sicherheitskräfte übernehmen die Paramilitärs die heimliche Macht und Ausplünderung der Region. Mit Blut und Feuer bemächtigten sie sich des Eigentums der Bevölkerung und raubten was sie nur konnten.

Koka ersetzte Mais, Kakao, Bananen, Kaffee, Reis und Bohnen. Die Zahl der in der Viehzucht tätigen Bauern ging schlagartig zurück. Auch Holz verschwand immer mehr aus den Bergen und Tälern. Der funktionstüchtige Staat zog sich vollkommen zurück. Der Protest und Widerstand gegen diese Lebensbedingungen und die Armut wurde mit Terror und Repression beantwortet. Die Antwort des Staates gegen den Protest der Landbevölkerung war immer die gleiche: Keine Schulen, keine Ärzte und kein sozialer Fortschritt, sondern mehr Militärbasen, Polizeistationen und Bomben. Die Drecksarbeit verrichteten die paramilitärischen Einheiten.

Die kolumbianische Regierung zeigt heute, wie gestern, keinen politischen Willen, um die Forderungen der Bevölkerung anzuhören und zu erfüllen. Auch wenn die Gefahr einer weiteren militärischen Zuspitzung droht, so sind die Bauern und die gesamte Bevölkerung nicht bereit, kampflos ihr Leben und das ihrer Region hinzugeben. Wer erinnert sich nicht an den Verlauf der Geschichte und dem Massaker der in der Bananenindustrie arbeitenden Menschen im Jahr 1928, nur um die Interessen der großen Konzerne zu befriedigen?