19 Oktober 2014

Die Krise in den kolumbianischen Gefängnissen

Die Krise in den kolumbianischen Gefängnissen ist ein Jahrzehnte anhaltender Verstoß gegen die Menschenrechte. Am morgigen 20.Oktober soll wieder ein Streik der Gefangenen stattfinden. Ein kurzer Überblick:


Folter, Überbelegung, mangelnde medizinische Versorgung, die Verletzung der Rechte der Gefangenen und mangelnde rechtstaatliche Prozesse sind charakteristisch für das kolumbianische Gefängnissystem, das in Korruption, Misswirtschaft und Grausamkeiten versinkt. Es handelt sich um eine systematische Verletzung der grundlegenden Menschenrechte gegenüber den rund 11.000 politischen und sozialen Gefangenen sowie den Kriegsgefangenen der Guerilla, wie der FARC-EP.

Die Krise fängt schon in einem repressiven politischen System an, welches die legale (Gewerkschaften, linke Parteien, populäre Bewegungen) und illegalisierte Opposition (zum Beispiel die aufständische Bewegung FARC-EP) kriminalisiert, einschüchtert und verfolgt. So kommt es zu Bedrohungen, Verhaftungen und auch Morden. Dabei beruht unter anderem die Strafverfolgung und Verurteilung der Gefangenen auf Lügen, falsche Zeugen und konstruierte politische Prozesse.

Derzeit gibt es ein Gefängnissystem, welches für 75.726 Haftplätze ausgelegt ist. Die realen Zahlen der Gefangenen betragen jedoch mehr als 125.000 und die Zahl der Gefangenen wächst stetig pro Jahr. Dies verdeutlicht unter anderem, warum es einen Grund für die Verschlechterung der Situation der Männer und Frauen in den Gefängnissen gibt. So ist das Gefängnis La Modelo in Bogotá für 2000 Plätze erbaut worden, beherbergt aber gerade rund 7000 Gefangene. Und in Bucamaranga sind es 1350 Plätze für 2900 Gefangene.

Doch nicht nur die Überbelegung und das Fehlen von angemessenen Lebensraum und Privatsphäre, auch die fehlende Versorgung mit Trinkwasser, Nahrungsmitteln und medizinischer Versorgung sind große Probleme. Oftmals entscheidet das Gefängnispersonal über das Verfügen dieser elementaren Dinge und nutzt ihre Macht aus, um die Gefangenen zu schikanieren oder zu erpressen. Besonders politische Gefangene und Kriegsgefangene sind den Repressalien des Personals ausgesetzt.

Aber es ist nicht nur die schlecht oder gar nicht vorhandene Versorgung der Gefangenen und die Überbelegung, sondern auch die Erniedrigung und Folter, die zur unmenschlichen Situation der Häftlinge beiträgt. Die Erniedrigung und Folter erfolgt auf psychischen und physischen Wegen. Gewaltvolle Übergriffe und physische Folter sind keine Seltenheit. Auch die Inhaftierung der Gefangenen weit weg von ihren Wohnorten und ihren sozialem Umfeld, sowie die Reduktion von Freigängen, Geld, Besuchen und eine schlechte Behandlung führen zu psychischen Auffälligkeiten bei den Gefangenen.  

Nicht umsonst kommt es in den Gefängnissen Kolumbiens zu regelmäßigen Protesten und Hungerstreiks. Mittlerweile ist die Krise des Gefängnissystems auch in der Gesellschaft angekommen, was vor wenigen Jahren noch ein weitgehendes Feld der Unkenntnis war. Eine Reform des Justizsystems, menschenwürdige Haftbedingungen, eine Chance zu Arbeit und Studium und eine bessere Kommunikation sind nur die wichtigsten Ziele der Gefangenen und Bestandteil der politisch-gesellschaftlichen Diskussion.

Bereits am morgigen 20. Oktober sollen ein weiterer Streik und Protestaktionen in den Hochsicherheitsgefängnissen und Gefängnissen der mittleren Sicherheitsstufe beginnen. Die organisierten Gefangenen fordern unter anderem einen Gesprächstisch mit der Zivilgesellschaft und der Regierung, eine Lösung für die Krise im Gefängnissystem, mehr Besuchsrechte und einen Stopp der Auslieferungen von Gefangenen in das Ausland. Des Weiteren solidarisieren sie sich mit dem Friedensprozess zwischen der aufständischen Bewegung der FARC-EP und der Regierung.

Unter den 11.000 politischen und sozialen Gefangenen in Kolumbien befinden sich auch mehrere Tausend aus den Reihen der FARC-EP. Auch wenn die Kriegsgefangenen der FARC-EP innerhalb der Gefängnisse gut organisiert sind, so sind sie aufgrund ihrer politisch-militärischen Zugehörigkeit zur Guerilla besonders von Repression und Folter betroffen. Immer wieder kommt es zu Übergriffen, aber auch zu Berichten und solidarischen Aktionen aus den Gefängnistrakten, wo sie inhaftiert sind.