24 Februar 2014

Antidemokratie und Gewalt in Kolumbien vor Wahlen


Vor den Wahlen zur Legislative am 9. März und den Präsidentschaftswahlen am 25. Mai dieses Jahr wird Kolumbien von antidemokratischen Ereignissen und einer Welle der Gewalt und gegen oppositionelle Gruppen und Parteien überschattet. Neuester Vorfall ist der Attentatsversuch gegen die linke Präsidentschaftskandidatin der Unión Patriótica Aída Avella in Arauca. Ihr Wahlkampfteam wurde mit Maschinengewehren angegriffen. Erst 2013 kehrte Avella nach Kolumbien zurück. Sie lebte 17 Jahre im Exil außerhalb des Landes, nachdem sie bereits schon einmal ein Attentatsversuch überlebte. Seit ihrer Rückkehr wurde sie mehrmals von paramilitärischen Gruppen wie den „Los Rastrojos“ bedroht.

Doch dieser Attentatsversuch ist kein Einzelfall. Immer wieder werden Bauern, Gewerkschafter und Anführer von sozialen und politischen Bewegungen bedroht oder ermordet. Auch die ehemalige linke Politikerin Piedad Córdoba, die sich stets für einen Dialog und Verhandlungen mit der FARC-EP aussprach, wurde wiederholt bedroht und ihre Familie angegriffen. Dabei wurde ein Familienmitglied der Rechtsanwältin, Politikerin und Menschenrechtskämpferin durch rechte Paramilitärs im Nordwesten Kolumbiens getötet. Piedad Córdoba war bis 2010 Senatorin, musste dann aber alle ihre politischen Ämter nach einem Prozess wegen Vermittlungsbemühungen zwischen der kolumbianischen Regierung und der FARC aufgeben. 

Wegen einem anderen Vorfall bereitet sie derzeit eine Anzeige bei der Staatsanwaltschaft und bei der Menschenrechtskommission vor. So hat das kolumbianische Militär elektronische Daten der Regierung und der FARC während der aktuell laufenden Friedensverhandlungen ausspioniert. Die Spionagetätigkeiten des Militärs wurden bei Recherchen der Zeitschrift Semana entdeckt und veröffentlicht. Die Regierung verneinte einen Zusammenhang mit den Ereignissen und leitete Untersuchungen ein. Mehrere hohe Armeefunktionäre, darunter der Geheimdienstchef der Armee, mussten bereits ihre Ämter aufgeben. In einer Zentrale im Hauptstadtviertel Galerías spionierte eine Gruppe von Militärangehörigen unter anderem Emails, elektronische Daten und Telefongespräche aus. Noch wird untersucht, wer die Auftraggeber sind. Die FARC jedenfalls bezichtigen Ex-Präsidenten Álvaro Uribe, der ein erklärter Gegner des Friedensprozesses ist. Außerdem wird das Militär derzeit von einem Korruptionsskandal überschattet.

Die anhaltende Gewalt und die antidemokratischen Ereignisse, hier nur einige Beispiele aufgeführt, zeigen deutlich, dass das politische Klima alles andere als friedfertig und partizipativ ist. Wie soll man den Menschen erklären, dass eine Guerilla wie die FARC-EP die Waffen niederlegen soll, wenn im ganzen Land Oppositionelle bedroht und ermordet werden? Wie soll eine politische Beteiligung der Menschen geschehen, wenn sie in permanenter Angst leben müssen? Solange die Bedingungen für eine politische Beteiligung nicht gegeben sind, braucht man sich auch nicht zu wundern, wenn die Guerilla alle Friedensabsichten der Regierung mit Vorsicht betrachtet und viele ihrer Guerilleros die Waffen als Schutz vorerst nicht ablegen werden. Die Beteiligung des Volkes ist die einzige Garantie, so die Friedensdelegation der FARC-EP nach der 20. Gesprächsrunde mit der Regierung.