15 Februar 2014

Rosen und Gewehre

Frauen in der Guerilla ist ein Thema, das in der Öffentlichkeit leider noch zu wenig Beachtung geschenkt wird. Doch wer sind diese Frauen? Was macht aus, dass sie ihr Leben für die Ideale des Sozialismus und der nationalen Befreiung riskieren?

Die meisten der regulären Armeen auf der Erde sind Armeen der Männer, doch in den Guerillaverbänden findet sich ein hoher Prozentsatz von Frauen, so auch bei der kolumbianischen FARC-EP. Frauen haben in den Befreiungskämpfen oftmals eine zentrale Rolle gespielt, ob in der französischen Revolution, oder in den derzeitigen Guerillabewegungen. Wir müssen hierbei im historischen Kontext nur an Olga Benario oder Tamara Bunke denken. Kolumbien ist da keine Ausnahme. In der langen Geschichte der Kämpfe gab es Frauen wie Cacica Gaitana und Policarpa Salavarrieta, die eine entscheidende Rolle bei Aufständen gespielt haben. Und aktuell sind 40 bis 50 Prozent der militärischen Verbände der FARC-EP mit Frauen besetzt und auch bei den Friedensverhandlungen in Kuba auf Seiten der Friedensdelegation der FARC-EP sind Frauen vertreten.

Kolumbien gehört zu den lateinamerikanischen Ländern, die durch eine extreme Ungleichheit gekennzeichnet sind. Diese drückt sich besonders auf dem Land aus. Auch wenn Armut und Ungerechtigkeit vor den Geschlechtern keine Unterschiede machen, so sind die patriarchalen Strukturen in Lateinamerika dafür verantwortlich, dass besonders Frauen die Hauptlast von Armut und dem bewaffneten und sozialen Konflikt zu tragen haben. In vielen sozialen Strukturen haben die Männer immer noch die Macht über finanzielle Ressourcen und Besitzverhältnisse in den Beziehungen und Familien. Erziehung, Ernährung und Versorgung werden von vielen in Frauenhänden gesehen. Bei Trennung bleibt die Frau mit diesen Aufgaben zurück, während Besitz und Geld bei den Männern verbleibt. Im bewaffneten Konflikt ist es so, dass die Mehrzahl der Vertriebenen Frauen sind, die oftmals mit den Kindern durch das Land ziehen. Intrafamiliäre und sexuelle Gewalterfahrungen gehören zum Alltag. Der Weg in die Guerilla sind also Armut, Ungerechtigkeit und politische und soziale Unterdrückung.

Formal haben Frauen und Männer zwar die gleichen Rechte, doch die kolumbianische Wirklichkeit sieht anders aus. In der FARC-EP jedoch werden alle Personen gleichbehandelt. Die Eintrittsgründe sind bei vielen dieselben. Leute vom Land treten wegen den sozialen Lebensbedingungen und der politischen Überzeugung ein, Leute aus der Stadt wegen der Repression und den politischen Idealen. Seit den 1980er Jahren gibt es Frauen in der FARC-EP. Unterschiede bei den Aufgaben und Rechten zwischen den Geschlechtern gibt es nicht. Holz wird von allen geholt, kochen müssen alle genauso wie waschen, die politische Arbeit und Kampfhandlungen werden von Frauen und Männern durchgeführt. Führungsfunktionen werden von Frauen ebenfalls übernommen. Alle haben die gleichen Konditionen. Innerhalb der Guerillabewegung wird diese Gleichheit im Statut festgeschrieben.

Die teilhabenden Frauen in der Friedensdelegation der FARC-EP kommen aus verschiedenen sozialen Ursprüngen. Camila Cienfuegos wurde in einer Familie auf dem Land geboren und sie kennt die extreme Armut ganz genau. Laura Villa studierte Medizin in Bogotá, mit den Privatisierungen im Bildungssystem und Gesundheitswesen wurde sie politisiert und sie entschied sich für den revolutionären Kampf. Alexandra Nariño, geboren als Tanja Nijmeijer in Holland, arbeitete als Englischlehrerin in Kolumbien und lernte dabei die sozialen Verhältnisse in Kolumbien kennen. Die soziale und politische Ungerechtigkeit sowie die Repression gegen die Opposition führten zu ihrer Entscheidung, in die Guerilla einzutreten. Diese drei Frauen stehen in der langen Tradition der Frauen in der aufständischen Bewegung, die mit dem Militärangriff auf die Bauern von Marquetalia im Jahr 1964 begann. Auch damals waren unter den 48 bewaffneten Bauern zwei Frauen, Judith Grisales und Miriam Narváez.

In Havanna in Kuba sind die verschiedenen Mitglieder der Frauendelegation vor allem dafür da, um sich für die Interessen der Frauen einzusetzen. Als Frauen kennen sie die harte Realität in Kolumbien genau und auch wenn der militärische Kampf derzeit weit weg und die Camouflage abgelegt ist, so ist der politische Kampf aktueller denn je. Die Waffe kurz zur Seite gelegt, sind heute Bleistift, Bücher und Computer die Kampfmittel. Auch eine Webseite, die ständigen Angriffen durch Hacker ausgesetzt ist, soll zur Aufklärung über die Aufgaben und Ziele der Frauen in der Guerilla beitragen. So kehrt der, wenn auch mediale Krieg, doch wieder zurück zu den Kämpferinnen. Der Kampf der Frauen, für die Befreiung Kolumbiens und die Befreiung der Frau geht weiter. Wie sagt es Victoria Sandino von der FARC-EP: „Ohne die Beteiligung der Frau im revolutionären Prozess gibt es keine Revolution.“